Die Urkunden über Schenkungen Heinrichs II.
im Nordgau 1008 bzw. 1009
im Nordgau 1008 bzw. 1009
Von Anton Reger
Das
Bistum Würzburg erstreckte sich einst über das ganze Maingebiet bis hin
zum Fichtelgebirge. Auf Betreiben Königs Heinrich II. (973-1024) wurde
der Ostteil dieses weiten Bistumsbezirkes abgetrennt und im Jahre 1007
das Bistum Bamberg gegründet.
Der Bischof war nicht bloß Kirchenfürst, sondern auch weltlicher Fürst. König Heinrich dotierte "sein" Bistum beziehungsweise Hochstift zur Erstausstattung mit Zahlreichen Besitztümern.
Bereits im Gründungsjahr 1007 schenkte er den Ort Abbach, in dem er am 5. Mai 973 als Sohn des Herzogs Heinrich des Zänkers geboren war, dem neuen Bistum. Die Urkunde wurde am 1. November 1007 in Frankfurt ausgefertigt. Am gleichen Tag schenkte er Nittenau auf dem Nordgau in der Grafschaft Roudperts sowie die Orte Beilngries, Schambach und Fürth auf dem Nordgau in der Grafschaft Berengars. Die Urkunden dieser Schenkungen haben ebenfalls Frankfurt als Ausstellungsort. (Die Schenkung des Königsgutes Fürth verdeutlicht die nordwestliche Grenze des Nordgaues.)
Am 1. Juni 1008 (nach der Datumsangabe in der Urkunde - siehe spätere Ausführungen über ihre Richtigkeit!) schenkt König Heinrich die "Alte Kapelle" zu Regensburg der "ecclesiae Babenbergensi", die Urkunde wurde in Merseburg ausgefertigt,
Am 6. Juli 1008 (wieder Urkundedatum!) dotiert er sein Bistum, dem zu dieser Zeit Bischof Eberhard vorstand, mit den drei "loca" Velda, Runbach und Keminata sowie mit dem "locum" Machindorf auf dem Nordgau in der Grafschaft Heinrichs. Die für die erstgenannten drei Orte gemeinsame Urkunde wurde in Frankfurt ausgefertigt. Die Urkunde über Machindorf, das ehemals im heutigen Truppenübungsplatz Hohenfels lag, wurde in Mainz ausgefertigt, es existiert aber eine zweite Urkunde, die ebenfalls Frankfurt zum Ausstellungsort hat und den gleichen Wortlaut wie jene in der Schenkungsurkunde der erstgenannten drei Orte aufweist.
Den Urkunden ist ein "Chrismon" vorangestellt, das man häufig in mittelalterlichen Diplomen antrifft. Darunter ist ein wie ein großes "C" geformtes Zeichen zu verstehen, das ein Symbol für die Anrufung Gottes darstellt.Heinrich schenkt auf Intervention der Königin Kunigunde dem Bistum Bamberg den Ort Machendorf im Nordgau in der Grafschaft des Grafen Heinrich mit allem Zubehör zu freiem Verfügungsrecht zum Nutzen des Bistums (quia nos ... nostrae quendam proprietatis locum Machindorf dictum in pago Nordgouui et in comitatu Heinrici comitis situm ad ... episcopalem sedem ... donamus). – Guntherius canc. vice Uuilligisi archicap.; mit Ausnahme des Ortsnamens eine wörtliche Wiederholung von DH. II. 203 (Reg. 1714), geschrieben von Ba. I; M.; SI. 3; „Saluberrimus igitur sacri.”
Der
Text der Urkunden beginnt sodann mit den Worten "Im Namen der heiligen
und unteilbaren Dreifaltigkeit". In der folgenden Passage wird das
Verständnis Heinrichs als eines Königs Kraft der Güte Gottes bekundet.
Die Schenkungsurkunde von Velda, Runbach und Kemminata gliedert sich ebenso wie die Schenkungsurkunde von Machindorf (zweite Fassung) in folgende, nach sachlichen Gesichtspunkten zusammengefaßte Teile:
Die Einleitung der Urkunde erinnert an die heilbringenden Anordnungen des göttlichen Wortes, auf zeitliche Güter zu verzichten und irdische Interessen hintanzustellen, um dann nach Besitztümern von Ewigkeitsdauer zu trachten. Dieser Grundhaltung der gehorsamen Befolgung der göttlichen Lehren entsprechend entschloß sich König Heinrich, wie die folgende Passage deutlich macht, das väterliche Erbe "Babenberg" (Bamberg) zum Sitz eines Bischofs zu erheben.
Es liegt nahe, wenn dann im folgenden Satz der Synode vom 1. November 1007 in Mainz gedacht wird, auf der die Gründung des Bistums Bamberg erfolgte. Dies geschieht mit dem Hinweis auf die päpstliche Bevollmächtigung, die Zustimmung des ehrwürdigen Würzburger Bischofs Heinrich, zu dessen Bistum das obere Maingebiet gehörte, sowie auf die einheitliche und einträchtige Beratung und Beschlußfassung der Getreuen des Königs (der Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte sowie der Herzöge und Grafen), den neuen Bischofssitz der hl. Gottesmutter Maria, den hl. Aposteln Petrus und Paulus sowie den Märtyrern Kilian und Georg zu weihen.
Der Dom an neugegründeten Bischofssitz Bamberg sollte, wie der Abschluß der Einleitung besagt, ein Denkmal des Königs, seiner Eltern und seines Vorgängers, des Kaisers Otto III., sein, der Bamberger Dom sollte aber auch für alle Rechtgläubigen eine Stätte der Verherrlichung der "salutaris hostia" sein.
Dieser feierlichen, religiös motivierten Dokumentation der Bedeutung, die der Gründung des Bistums Bamberg zukommen sollte, folgt nunmehr der nicht minder hochgemutete Wortlaut der Schenkung. Dem gegenwärtigen Geschlecht aller Getreuen wird ebenso wie den ihm folgenden Generationen zu wissen getan, daß auf Bitte und mit Zustimmung der geliebtesten Gemahlin Königin Kunigunde die in Eigenbesitz befindlichen Orte ... (Namen) ... auf dem Nordgau in der Grafschaft Heinrichs dem Bistum Bamberg geschenkt und übereignet werden.
Der Zusatz 'cum omnibus eorum pertinentiis sive adheratis' (mit all ihren Besitzungen oder Zugehörungen) macht deutlich, daß die genannten Orte nur 'Inbegriffe' von größeren Bezirken darstellen. Verdeutlicht man diese Feststellung am Beispiel der Schenkung von Keminata, so ist die Meinung wohl vertretbar, daß das Schenkungs-"Gebiet" vom Fichtelgebirge bis zum Pressather Forst und vom Fichtelnaabtal am Steinwald bis zum Rauhen Kulm in der Heidenaabsenke reichte.
Die Aufzählung von all dem, was zu diesen Orten gehörte, findet sich "formelhaft" in zahlreichen anderen Schenkungsurkunden. Man darf daher vermuten, daß in der Bamberger Kanzlei vorbereitete Diplomtexte vorlagen, die dann im Schenkungsfall benützt wurden. Zu den genannten Orten gehören (zusammengefasst wiedergegeben):
Dörfer Eigenleute (Knechte und Grundstücke
Landgüter Mägde, auch aus anderen bebaute und
Kirchen rechtlich untertanen Orten unbebaute Flächen
Wege, Ödungen Wälder Gewässer
bekannte und Forste Fischwasser
zu erkundende Weideplätze Mühlen
Aus- Rückwege Jagden Mahlwerke
bewegliche und alles, was üblicherweise beschrieben und aufgezählt
unbewegliche wird, bzw. sonstigen Zwecken dient.
Güter
Zur Bekräftigung der Schenkung wird hinzugefügt, daß ihre Empfänger, nämlich der in Christus geliebteste Bischof "Heberhardus" (Eberhard) und seine Nachfolger die freie Verfügungsgewalt über diese Orte mit allem, was zu ihnen gehört, besitzen, sie in ihrem Zustand erhalten oder nach eigenen Gutdünken darüber befinden können.
Diese "Zusicherung" soll wiederum am Beispiel der Schenkung von Keminata verdeutlicht werden: Das Schenkungsgebiet war zunächst vom Bistum Bamberg den Edlen von Lengenfeld-Pettendorf-Hopfenohe zu Lehen gegeben worden. Durch die Allodifizierung, also durch die Umwandlung in freies Eigentum, entwickelte sich dann im Laufe des 11. Jahrhunderts das Herrschaftsgebiet des Amtes Waldeck, das 1119 nach dem Tode des letzten Dynasten, Friedrich III., an dessen Schwiegersohn Gebhard von Leuchtenberg überging.
In einer abschließenden drastischen Passage wird die Würde und Unantastbarkeit der Schenkung hervorgehoben: Sollte sich jemand unterfangen, die Großzügigkeit der Schenkung zu zerstören oder zu verletzen, so sollte er am Tage des Gerichtes vor dem Angesicht Gottes mit einer unauslöslichen Strafe ewig dafür büßen.
Der Text der Urkunde ist mit dem Unterschrifts-Monogramm des "Herrn Heinrich, des unüberwindlichen Königs" versehen. (Der König trug in das Handmal nur einen 'Vollziehungsstrich' ein.) Darunter vermerkte der Kanzler Guntharius, daß er in Stellvertretung des Erzkaplans Willigis von der Unterschrift des Königs Kenntnis genommen habe.
Die Urkunde schließt mit der Angabe des Datums und des entsprechenden Regierungsjahres sowie mit dem Vermerk des Ausfertigungsortes. Der Textlautet: Gegeben am 6. juli, 7., im Jahre 1008 nach der Geburt des Herrn,im 7. Jahr der Regierung des Herrn Heinrich II., geschehen zu "Francofurt" (Frankfurt); "feliciter amen".
Das "Problem" der Datierung
Der Straßburger Urkundentheoretiker Harry Bresslau unterzog 1897 die Diplome Heinrichs II. einer kritischen Untersuchung hinsichtlich der Richtigkeit ihrer Datierung. Er wies unter Verwendung anderer urkundentheoretischer Abhandlungen nach, "wie geringen Werth die Bamberger Schreiber auf correcte Eintragung der alten legten, wenn sie überhaupt im Stande waren, solche zu berechnen".
Als ein Beleg dafür wird von ihm die Datierung der Schenkung der "Alten Kapelle" zu Regensburg an das Bistum Bamberg angeführt, Als Ausfertigungsdatum ist in der Urkunde der 1. Juni 1008 enthalten. Die Schenkung kann jedoch erst "nach der im Frühjahr 1009 erfolgten Vertreibung Heinrichs von Baiern durch seinen königlichen Schwager" vorgenommen worden sein.
H. Bresslau gelangt aufgrund seiner vergleichenden Ermittlung zu dem Schluß, daß in Anbetracht der "nachgewiesenen chronologischen Unzuverläßigkeit der Bamberger" die Schenkungsurkunden, die das Jahr1008 als "Incarnationsjahr" tragen und in Frankfurt ausgestellt wurden, in das Jahr 1009 datiert werden müßten. Darunter fallen somit auch die Urkunden über die Schenkungen von Velda, Runbach, und Keminata sowie die Urkunde über die Schenkung von Machendorf. Die Ausfertigung dieser Urkunden wäre also auf den 6. Juli 1009 anzusetzen, an dem sich der am 7. Juni 1002 gekrönte König Heinrich schon im 8. Regierungsjahr befand.
Trotz der subtilen, mitunter polemisch anmutenden Argumentation H. Bresslaus bereitet es keine geringen Schwierigkeiten zu verstehen, daß sich die Bamberger Schreiber nicht darüber im klaren sein konnten, welches "Jahr der christlichen Aera" (Kalenderjahr) zu datieren war. So darf es auch begreiflich erscheinen, wenn man in der Geschichtsliteratur von heute das Jahr 1008, beispielsweise für die Schenkung von Keminata, wie in der Urkunde lesbar, vorfindet, so in den "Kunstdenkmälern Bayerns" und im "Historischen Atlas von Kemnath". Man bezweifelt offensichtlich, ob der Datierung H. Bresslaus absolute Sicherheit zugesprochen werden kann.
Wenn es berechtigt wäre anzunehmen daß die Daten erst zu einem späteren Zeitpunkt nachträglich in die vorgefertigte Urkunde eingefügt wurden, so könnte die von H. Bresslau angeprangerte "Rechenkunst der Bamberger Notare" wohl ein milderes Urteil finden.
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