Freitag, 14. August 2015

Der Kölner Spruch des Jahres 1505

Der Kölner Spruch des Jahres 1505
Seine Vorgeschichte - seine Folgen für die Oberpfalz.

Von Dr. August Scherl, Archivrat, Amberg

Durch den Schiedsspruch des Kaisers wurde am 30. Juli 1505 die Junge Pfalz oder Pfalz Neuburg, wie sie nach ihrer Hauptstadt hieß, gebildet. Neuburg a. d. Donau gedachte dieses für sie so denkwürdigen Tages besonders am 16. und 17. Juli 1955.

"Item so sprechen Wir, daß zwischen Dato dieses Spruches und Sankt Michaelstag nächstkünftig dem genannten Herzog Friedrichen als Vormunder erblich, wie obsteht, diese nachgeschriebenen Stücke abgetreten, eingeantwortet werden und bleiben sollen, nämlich: Schloß und Stadt Neuburg, Schloß Reichertshofen, Schloß und Stadt Lauingen, Stadt Höchstädt, Schloß und Stadt Gundelfingen, Schloß und Stadt Heideck, Stadt Sulzbach, Schloß und Markt Lengenfeld, Schloß und Stadt Veldorf, Schloß und Stadt Hemau, Schloß und Markt Kallmünz und die Stadt Weiden mit der Mannschaft und aller andrer Obrigkeit, Herrlichkeit, Gerechtigkeit, Nutzung, Zu- und Eingehörung ...". So lautete die Entscheidende Stelle in dem königlichen Spruch, der am 30. Juli 1505 auf dem Reichstag zu Köln erging und der das Fürstentum Pfalz-Neuburg schuf.

Wie war es dazu gekommen?

Herzog Albrecht IV. von Bayern-München hatte 1485 mit seinem Vetter Georg dem Reichen von Landshut zur Bekräftigung der schon in der Teilungsurkunde von 1392 enthaltenen Abreden einen Familienvertrag mit gegenseitiger Beerbung abgeschlossen. Da Albrecht damals noch ledig war, mochte sich Georg der Reiche der Hoffnung hingegeben haben, beim Tode seines Vetters dessen oberbayerischen Lande zu erwerben; doch die Vermählung Albrechts mit der Kaisertochter Kunigunde und die Geburt des Erbprinzen Wilhelm zerstörten seinen Traum. Er war nun seinerseits bedacht, den umgekehrten Fall, daß Albrecht seinen niederbayerischen Besitz erbe, auszuschließen, und setzte deshalb in seinem Testament 1496 die ältere seiner Töchter, Elisabeth, - er hatte damals keinen Sohn mehr - zur Alleinerbin ein. Elisabeth heiratete 1499 ihren Vetter Rupprecht, den dritten Sohn des Kurfürsten Phillip von der Pfalz. So kam es, daß die kurpfälzische Linie der Wittelsbacher auf die Seite des niederbayerischen Herzogs gezogen wurde. Da trotz Geheimhaltung doch etwas vom Inhalt des Testaments durchsickerte, rüstete sich auch Herzog Albrecht im Stillen für den Eintritt des Erbfalles und suchte Unterstützung bei anderen Fürsten.

Georg der Reiche, der im Herbst 1503 ernstlich erkrankte, starb am 1.12.1503 in Ingolstadt, als er zur Kur nach Wildbad unterwegs war. Die Nachricht von seinem Tod wurde einige Tage zurückgehalten, um Pfalzgraf Rupprecht dem Schwiegersohn, Gelegenheit zu geben, sich der festen Schlösser in Landshut und Burghausen und des großen Schatzes zu bemächtigen. Im Dezember 1503 begannen noch die Beratungen der niederbayerischen Landstände, die zunächst aus ihrer Mitte 16 "Regenten" als neue Regierung wählten. Die Verhandlungen der Stände mit Herzog Albrecht, dem Pfalzgrafen und auch mit dem König Maximilian zogen sich hin; während die Städte und Prälaten dem Herzog zuneigten, waren die Adeligen in der Mehrzahl für Pfalzgraf Rupprecht. Man war noch zu keiner friedlichen Beilegung des Streites gekommen - der König forderte als Preis für seine Vermittlung die Abtretung kleiner Gebietsteile - da ließ die Pfalzgräfin Elisabeth am 17.4.1504 die von der Landschaft eingesetzten Regenten aus der Stadt Landshut vertreiben und sich im dortigen Rathause huldigen; am gleichen Tag wurde die Stadt Burghausen für Rupprecht in Besitz genommen, andere niederbayerische Orte folgten.

Daraufhin wurde am 23. April dieses Jahres in Augsburg auf einem Rechtstag des Königs entschieden: Herzog Albrecht und sein Bruder Wolfgang erhalten die Belehnung über die Länder, die Georg vom Reich zu Lehen getragen hatte. Und im Anschluß an den Rechtstag wurde über Rupprecht und seine Anhänger die Reichsacht ausgesprochen. Bei dieser Lage der Dinge blieb nur mehr, da von Rupprecht ein Einlenken nicht zu erwarten war, die kriegerische Auseinandersetzung übrig. Beide Parteien hatten sich bereits um Bundesgenossen umgesehen: Herzog Albrecht hatte seinen Schwager, den König, den schwäbischen Bund, die Reichsstadt Nürnberg, den Herzog von Württemberg, den Markgrafen von Bayreuth - als die bedeutendsten für sich gewonnen; der Pfalzgraf wurde in der Hauptsache von seinem Vater, Kurfürst Phillipp, dann vom Landgrafen von Leuchtenberg und vielen Adeligen unterstützt, dazu hatte er in Böhmen Truppen angeworben.

Die nun beginnenden Kriegshandlungen erstreckten sich fast über ganz Süddeutschland, soweit eben die Territorien der Beteiligten reichten. Besonders schwer wurde dabei die Oberpfalz heimgesucht, wo auf engem Raum, kurpfälzische, Ober- und Niederbayerische Gebiete aneinanderstießen. Wie anderswo gab es auch hier keine großangelegten Operationen. Der Vitztum von Amberg, Ludwig von Eyb, der hier die Sache Rupprechts verfocht, verlegte sich darauf, in einzelnen kurzen Streifzügen in die Besitzungen Albrechts einzufallen und das Land zu verwüsten; auf der Gegenseite, der Schwerpunkt ja südlich der Donau in den altbayerischen Kerngebieten lag, verfuhr man nicht anders. Den Auftakt gab Vitztum von Eyb mit der Plünderung und Niederbrennung von 7 Ortschaften bei Velburg am 18.5.1504; Ende Juni nahm er Schmidmühlen, am 9. August vereinigte er sich bei Schwandorf mit den aus Böhmen eingetroffenen Truppen und schloß die Stadt ein; nach dreitägiger Beschießung ergab sich Schwandorf am 12. August und wurde trotz Zahlung der geforderten Brandschatzung von 3000 fl. bis auf vier Häuser in Asche gelegt. Burglengenfeld und Kallmünz wurden anschließend erstürmt, Sulzbach für einige Tage belagert. Die gegnerischen Bundesgenossen, Truppen des Markgrafen, hatten inzwischen Ende Mai im Stiftland gewütet - das Kloster Waldsassen war ihnen dort zum Opfer gefallen - und am 7. Juni Kemnath eingeäschert. Die Nürnberger waren in Neumarkt eingefallen und betrieben die Belagerung der Stadt. Auf oberpfälzischen Boden trafen - in der einzigen eigentlichen Schlacht des ganzen Krieges - am 12. September die verbündeten Truppen mit dem König an der Spitze, nördlich von Regensburg bei Wenzenbach auf böhmische Söldlinge der Pfalz und brachten ihnen eine schwere Niederlage bei.

Kurz zuvor war am 20. August in Landshut Pfalzgraf Rupprecht an der Ruhr gestorben, am 15. September war seine Gemahlin ebenfalls ein Opfer dieser Krankheit geworden. Der Kampf wurde nun von Kurpfalz für die verwaisten Prinzen Ottheinrich und Phillipp fortgeführt. Die Feindseligkeiten gingen den Winter über noch weiter, bis zum Waffenstillstand am 9. Februar 1505. Auf Anraten seiner Landstände erklärte sich schließlich auch Herzog Albrecht Ende April mit einem Schiedsspruch des Königs einverstanden, der auf dem nächsten Reichstag Mitte des Jahres erfolgen sollte. Am 30. Juli 1505 entschied Maximilian in Köln, daß den beiden Prinzen Schloß und Stadt Neuburg zustehen solle und alles, was Herzog Georg am Oberland, nördlich der Donau, Ingolstadt ausgenommen, hinterlassen habe und zwar bis zu einem Gesamtertrag von 20.000 fl.; würde diese Summe aus dem Landstrich nicht erreicht, dann sollten Ottheinrich und Phillipp Teile des Niederlands ihres Großvaters nördlich der Donau und dazu Oberbayrischen Besitz aus dem Nordgau und vor dem Walde erhalten. Alles übrige Land aus der Erbschaft Georgs des Reichen verblieb Herzog Albrecht und seinem Bruder. Die vorweg zur Bildung eines neuen Fürstentums abzutretenden Orte, wurden wie bereits erwähnt, einzeln aufgeführt.

Die Vollziehung des Kölner Spruchs stieß wegen der Unbestimmtheit der Angaben auf große Schwierigkeiten. Es bedurfte zur Auslegung neuer königlicher Abschiede. Die endgültige Bereinigung der strittigen Punkte brachte erst der Ingolstädter Vertrag vom 13. August 1509. Die territoriale Abgrenzung, die Festlegung, welche Orte und Ämter schließlich zur Jungen Pfalz, wie das neue Fürstentum genannt wurde, gehören sollten, wurde schon vorher im Abschied von Enns am 18. Januar 1506 getroffen, durch den als Bestandteile von Pfalz-Neuburg im Bereich der heutigen Oberpfalz bestimmt wurden. "die Stadt Weiden mitsamt den vier Märkten in demselben Gericht gelegen, nämlich Vohenstrauß, Kohlberg, Erbendorf und Kaltenbrunn, .. Schloß und Landgericht Parkstein, Schloß, Markt und Landgericht Floß, Schloß, Markt und Gericht Laaber, Schloß und Stadt Sulzbach mitsamt dem Landgericht, Schloß und Stadt Velburg, Schloß und Stadt (!) Kallmünz, Schloß und Markt Lengenfeld, mitsamt dem Landgericht, Stadt Hemau, Stadt und Gericht Schwandorf, Markt Schmidmühlen, Schloß, Markt und Gericht Regenstauf".

Somit enthielt das pfalz-neuburgische Gebiet in der Oberpfalz neben den bisher niederbayerischen Gerichten Parkstein, Floß (bei beiden nur der Hälfteanteil, der andere Halbteil stand der Kurpfalz zu) und Vohenstrauß das ehemalige oberbayrische Rentmeisteramt Burglengenfeld mit Sulzbach.

Der Kölner Spruch bedeutete für Altbayern die Vereinigung des seit 1392 geteilten Landes, die Überwindung der Vorausgegangenen Spaltung - für die Oberpfalz beginnt mit ihm ein Abschnitt neuer Zersplitterung; denn gerade das neuerrichtete Fürstentum der jungen Pfalz war in der Folgezeit Gegenstand weiterer Teilungen. 1556 nach dem Tode des Pfalzgrafen Wolfgang, erhielten aus dem Gesamtbestand Otto-Heinrich (II.) Hilpoltstein-Sulzbach, Friedrich Parkstein-Floß-Vohenstrauß als Teilfürstentümer zugewiesen, die jedoch unter der Oberherrschaft von Neuburg standen und mit ihren Inhabern (1604 bzw. 1597) endigten. Das gleiche Schicksal hatte das 1614 für Johann Friedrich gebildete zweite Fürstentum Hilpoltstein. Dagegen erlangte Pfalz-Sulzbach 1615 unter Zusammenfassung von Parkstein, Floß und Vohenstrauß für Pfalzgraf August, dem zweiten Sohn Phillipp Ludwigs, geschaffen, große Bedeutung. Um den Preis der Einführung des Simultaneums, der Gleichstellung der beiden Konfessionen, wurde ihm 1656 die Selbstständigkeit und volle Unabhängigkeit vom Stammgebiet Neuburg gewährt, sein Fürstenhaus beerbte die älteren wittelsbachischen Linien: 1742 die pfalz-neuburgische Stammlinie (die seit 1685 auch im Besitz der Kurpfalz war und 1777 die kurbayrische.

Damit war in territorialer Hinsicht 1777 der Kölner Spruch aufgehoben; in der internen Verwaltungseinteilung wirkte er noch bis zur Gestaltung des bayerischen Staates zu Beginn des 19. Jahrhunderts, bis durch die Kreiseinteilung vom Jahre 1808 die Bindung der nordgauischen Ämter in der Oberpfalz an die Regierungsstellen in Neuburg gelöst wurde.

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"Die Oberpfalz" 1955

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