Freitag, 7. August 2015

Die Herrschaft Hohenfels und die französischen Gräfinnen

Die Herrschaft Hohenfels und die französischen Gräfinnen
von Hohenfels
Von Dr. Heinrich Huber

In früherer Zeit hatten bekanntlich die Einkünfte aus Ämtern und Herrschaften des Landes häufig zur Versorgung des hohen Adels und besonders der nachgeborenen oder illegitimen Sprößlinge desselben zu dienen, die ohne jede persönliche oder sachliche Beziehung zu ihren Pfründen lediglich deren Erträgnisse genossen. Ein interessanter, bisher kaum bekannt gewordener Fall dieser Art betrifft die im heutigen Landkreis Neumarkt i.d. Opf. gelegene oberpfälzische Herrschaft Hohenfels. Hierzu konnte folgendes festgestellt werden:

Der bayerische Kurfürst und seit 1742 deutsche Kaiser Karl Albrecht (geb. 1697 gest. 1745) hatte aus einem illegitimen Verhältnis mit dem Hoffräulein Sophie Karoline von Ingenheim außer einem Sohn, dem späteren Stammvater der Grafen von Holnstein aus Bayern, auch noch eine Tochter Marie Josephe; ihr Geburtsdatum ist nicht zu ermitteln. Karl Albrecht, der auch den Titel eines Landgrafen von Leuchtenberg und Grafen von Hohenfels führte, gelangte am 26. Februar 1726 zur Regierung und schon einen Monat später, am 28. März 1726 wurde seine Tochter Marie Josephe als Comtesse Josephe d'Hochenfels de Baviere legitimiert und erhielt am gleichen Tag durch förmliche, zu München in französischer Sprache ausgestellte und von Karl Albrecht eigenhändig Unterzeichnete Donationsurkunde für sich und ihre Nachkommen die durch das Aussterben der deutschen Linie der Grafen von Tilly wieder an Bayern zurückgefallene Herrschaft Hohenfels verliehen „mit allen ihren Dörfern, Ämtern, Tafernen, Gütern, Zöllen, Mühlen, Herrschaften und deren Kapitalien, Fischerei- und Jagdrechten“, wie es in der Urkunde heißt.
Karl Albrecht
Karl Albrecht
Nun hatte aber schon Karl Albrechts Vater, der Kurfürst Max Emanuel von Bayern (geb. 1662, gest. 1726), aus einer illegitimen Verbindung mit der Gräfin Anna Franziska von Arco einen Sohn, der, Comte Emanuel de Baviere genannt, 1736 die Gräfin Josephe von Hohenfels, also seine natürliche Nichte, heiratete und als französischer General in einer der letzten Schlachten des österreichischen Erbfolgekriegs 1747 bei Laeffelt (Niederlande) fiel. Seine Gattin überlebte ihn noch um 50 Jahre; sie starb erst 1797 und hinterließ eine Tochter Amalie, auf die kraft der erwähnten Donationsurkunde vom 28. März 1726 der Anspruch der Mutter auf die Einkünfte aus der Herrschaft Hohenfels überging.
Hohenfels
Hohenfels
Hier sei einschaltungsweise bemerkt, daß die Namengebung für die Gräfinnen Josephe und Amalie wohl nicht ganz von ungefähr erfolgt war; offenbar sollten dadurch deren verwandtschaftliche Beziehungen zum bayerischen Kurfürstenhaus wenigstens diskret angedeutet werden, da Karl Albrecht seit 1722 mit Amalie Maria Josepha, der Tochter des Kaisers Joseph I., vermählt war. Die Gräfin Amalie verzichtete im Jahre 1797 gegen eine Abfindung von jährlich 6000 Gulden auf die Hohenfelser Revenuen, welche noch im gleichen Jahr von dem inzwischen zur Herrschaft gelangten Kurfürsten Karl Theodor von Bayern an seinen illegitimen Sohn, den Fürsten Karl August von Bretzenheim, verliehen wurden. Die Gräfin Amalie hatte geheiratet; sie richtete 1814 als Witwe des Grafen von Hautefort, „geborene Comtesse Amelie de Baviere“, unter Vorlage einer Abschrift des Donationsbriefes von 1726 von Paris aus an das bayerische Finanzministerium das Gesuch, die jährlichen 6000 Gulden, die sie als Entschädigung für die ihr angefallene, aber an die Krone Bayern abgetretene Herrschaft Hohenfels zu beziehen hatte, weiterhin im Ausland, nämlich in Paris, verzehren zu dürfen, wozu nach den damaligen Vorschriften eine besondere Genehmigung erforderlich war. Der bayerische Gesandte am Pariser Hof, Freiherr von Cetto, befürwortete das Gesuch der Gräfin, deren Vermögen während der französischen Revolution größtenteils verloren gegangen war, mit der ausdrücklichen Begründung, „es würde wegen ihrer persönlichen Abstammung, die in Paris allgemein bekannt ist, einen widrigen Eindruck machen, wenn sie von Bayern aus dem Mangel preisgegeben würde“. Das Gesuch wurde mit Rücksicht auf die von Cetto nur diskret angedeuteten, aber offenbar als bekannt vorausgesetzten Abstammungsverhältnisse ohne weiteres bewilligt.
Carl August von Bretzeheim
Carl August von Bretzenheim
Gräfin Amalie starb im Jahre 1820 in Paris. Durch ihren Tod fiel ihre Pension an Bayern heim, jedoch erhielten noch die bei ihr seit 25 Jahren als Kammerjungfern angestellten Schwestern Lata und Marie Scheffler jährliche Unterstützungen von je 100 Gulden.

In diesem Zusammenhang sei hier noch erwähnt, daß zu jener Zeit in Paris auch noch ein wittelsbachischer Vetter der Gräfinnen von Hohenfels in ähnlichen Verhältnissen wie diese lebte, nämlich der königlich französische Oberst Albert Graf von Grosberg, dessen Abstammung ebenfalls sehr merkwürdig war. Ein Bruder des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern, Joseph Clemens (geb. 1671, gest. 1723), der schon im Alter von 17 Jahren Erzbischof und Kurfürst von Köln geworden war, hinterließ eine nicht näher feststellbare illegitime Nachkommenschaft, aus welcher der genannte Albert von Grosberg gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den bayerischen Akten ganz ohne Umschweife als Enkel des Kurfürsten Joseph Clemens bezeichnet wird. Noch im Jahre 1850 waren mehrere Hundert Briefe von Joseph Clemens an seinen Kanzler Freiherrn von Karg aus der Zeit von 1702 bis 1719 erhalten, die nach der Angabe des damaligen Verwahrers dieser Briefe sehr privater Natur waren, Angaben über die Damen und Mätressen des Kurfürsten enthielten und wohl auch nähere Aufschlüsse über seine Nachkommenschaft gegeben hätten. Albert von Grosberg, Oberst des französischen Regiments Royal Baviere. und Ritter des pfälzischen Löwenordens, flüchtete, nachdem er ebenso wie die Gräfinnen von Hohenfels durch die französische Revolution alle seine Güter verloren hatte, mit seiner Gattin und seinen drei Kindern als Emigrant nach Bayern und empfing hier seit 1789 auf sein ständiges Andringen außer größeren und kleineren Unterstützungen auch eine beträchtliche fortlaufende Jahrespension. Nachdem er am 14. Februar 1799 gestorben war, erhielten auch seine Witwe, die sich Comtesse de Baviere-Grosberg nannte, und seine drei Kinder fortlaufende jährliche Unterstützungen.

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(Quelle: Hauptstaatsarchiv München MF 38 909, 39 037; M Inn 43 157).

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