Die Krönungsreise Friedrichs
V. nach Prag
Von Dr. Rudolf Regler
Im November (2015) werden es
396 Jahre, daß Friedrich V. von der Pfalz mit seiner Gemahlin Elisabeth, einer Prinzessin
aus dem englischen Hause Stuart, in Prag zum König gekrönt wurde. Beide waren Ende Oktober von Amberg aus in
die Böhmische Hauptstadt aufgebrochen. Diese Fahrt stellt nicht nur in der Geschichte
der ehemals kurfürstlichen Hauptstadt Amberg, sondern auch für die gesamte Oberpfalz einen folgenschweren
Wendepunkt dar, da es ein Zug ins Abenteuer werden sollte. Die Herrschaft Friedrichs
V. als böhmischer König dauerte nur rund ein Jahr, und die Geschichtschreibung hat
ihm – nicht ganz ohne Ironie - den Beinamen eines Winterkönigs gegeben.
Über diese Fahrt, den Einzug
in Prag und die Krönung selbst wurden offenbar sehr bald nach den Ereignissen gedruckte
Berichte herausgegeben. Diese sind für Amberg auch deshalb von Bedeutung, weil sie
in unserer Stadt gedruckt wurden. Von diesen beiden Drucken waren bislang im Stadtarchiv
leider keine Exemplare vorhanden. Durch einen glücklichen Zufall gelangte das Stadtarchiv
vor einiger Zeit in den Besitz wenigstens von Fragmenten des einen Originals, nämlich
der Reisebeschreibung nach Prag. Bei der Auflösung eines abgefallenen Einband-Deckels
kamen 2 Bogen des Druckes über den Einzug in Prag zutage, die - nach der ausdrücklichen
Erwähnung am Schluß des Berichts - aus der Druckerei von Michael Forster (1592-1622)
stammten. Die inhaltliche Lücke der fehlenden Seiten konnte durch eine Kopie der Staatsbibliothek in München geschlossen werden.
Bei dieser Gelegenheit ergab
es sich außerdem, daß aus einer anderen Druckerei in Amberg, die von Johann Schönfeld
(1602- ca. 1622?) betrieben wurde, ein Druck über das Krönungszerimoniell in Prag herausgegeben worden war.
Hiervon befindet sich leider kein Original-Exemplar in Händen des Stadtarchivs.
Es liegt die Vermutung nahe, daß die Drucklegung in Amberg auf amtliche Initiative
hin erfolgte und man beiden Druckereien gleichwertige Aufträge aus paritätischen
Gründen erteilen wollte. Eine kleine Bemerkung am Ende des Reiseberichts läßt darauf
schließen, daß die Idee zu diesen Publikationen wohl schon vor Antritt der Reise
nach Prag in Amberg geboren war. Damit stellt sich der Bericht über den Einzug in
Prag wie auch die Krönung daselbst als ein historisches Beispiel für die heutige
Presse-Berichterstattung über politische Ereignisse dar. Der Verfasser der beiden
Berichte wird in den beiden Druckwerken weder ausdrücklich benannt, noch ist er
aus den Umständen zu entnehmen. Einesteils muß er sich unter dem Gefolge des Kurfürsten
befunden haben, da er die Ansprachen sehr genau kennt; andererseits aber scheint
er nicht immer bei der Reisegesellschaft gewesen zu sein. Denn von Falkenau bis
zur Ankunft im königlichen Lustgarten "Zum Stern" bei Prag schweigt der
Reisebericht. Über den Einzug in Prag und die Krönungsfeierlichkeiten hinwiederum
erhalten wir ziemlich genaue Angaben mitgeteilt. War Vielleicht der Berichterstatter
im Gefolge Friedrichs auf der Zwischenstrecke der Federkiel "zu schwer"
geworden oder die Tinte "eingetrocknet"? Ersteres könnte bei dem damaligen
Reise-Komfort durchaus verständlich sein; bei letzterem freilich könnte der Vorwurf
der Ausrede nicht erspart bleiben.
Bevor auf den Reisebericht
näher eingegangen wird, soll ein kurzer geschichtlicher Überblick über die politischen
Ereignisse im Sommer und Herbst 1619 die Situation darlegen.
Friedrich V. war am 26.8.1596
auf dem oberpfälzischen Jagdschloß Deinschwang geboren worden und unter der Vormundschaft
des Pfalzgrafen Johann II. von Zweibrücken ab 9.9.1610 zur Regierung gelangt. Er
hatte sich am 24.2.1613 mit der englischen Prinzessin Elisabeth Stuart, die nur
drei Tage jünger als er und Tochter des Königs Jakob II. von England war, unter
großen Festlichkeiten in London verheiratet. Aus der Ehe,
die als durchaus glücklich bezeichnet werden darf, gingen insgesamt 8 Kinder hervor.
Einen wesentlichen Einfluß auf die politischen Regierungsgeschäfte übte damals der
Statthalter in der Oberpfalz, Fürst Christian von Anhalt, aus, der seit 1596 in
Amberg residierte und zu den profiliertesten Persönlichkeiten der evangelisch-calvinischen
Union zählte. Anhalt war es auch, der im Zuge seiner Unionspolitik mit den böhmischen
Ständen Kontakt aufgenommen und damit, gewollt oder ungewollt, den Weg zur böhmischen
Königskrone freigemacht hatte. Obgleich Ferdinand II. von Österreich bereits 1617
zum König von Böhmen von den böhmischen Ständen erwählt worden war, und ungeachtet
aller guten Warnungen hatte Friedrich 1619 die ihm von den unzufriedenen böhmischen
Ständen angebotene böhmische Königskrone angenommen.
Er zog sich damit die Feindschaft
des kurz darauf zum deutschen Kaiser gewählten Ferdinand II. zu. Am 19.8.1619 hatten
die böhmischen Stände Ferdinand als böhmischen König abgesetzt, am 26.8.1619 - also
an Friedrichs Geburtstag - hatten sie diesen einstimmig zum neuen König erwählt
und die Wahl am 27.8.1619 feierlich proklamiert. Am 27.8 erklärten sich auch die
Landstände von Mähren, Schlesien, Ober- und Unterlausitz damit einverstanden. Das
Ergebnis der Wahl langte am 28.8.1619 in Heidelberg ein, worauf sich Friedrich zur
Annahme bereit erklärte. Am gleichen Tag wurde Ferdinand II. in Frankfurt zum Kaiser
gewählt.
Vermutlich am 12.10.1619 ritt
Friedrich von Heidelberg nach Amberg. Bei dem sagenhaften Ritt ohne Zwischenrast
soll sein Pferd am Amberger Schloßtor tot zusammengebrochen sein. Nach glaubhaften
Berichten befand sich das ausgestopfte Pferd noch 1799 im kurfürstlichen Zeughaus
in Amberg, in dem heute das Finanzamt untergebracht ist. Die Kurfürstin reiste mit
Gefolge nach und kam am 14.10.1619 in Amberg an.
Die Abreise nach Prag wurde
ursprünglich für den 18.10 vorgesehen, fand aber in Wirklichkeit erst am 21.10.1619
statt. Als Nachtquartiere dienten am 1. Reisetag Weiden, am 2. Tag Tirschenreuth
und am 23/24. Waldsassen.
Hier nun setzt der Bericht
aus der Druckerei Forster ein. Von Seiten der vereinigten Landstände Böhmens, Mährens,
Schlesiens und der Lausitz war dem gekürten König von Böhmen eine stattliche Abordnung
von 300 Pferden entgegengesandt worden, die am 19.10.1619 in Eger eintraf und hier
die Ankunft Friedrichs abwarteten. Als Vertreter der böhmischen Landstände waren
abgeordnet: Gottlieb Berka, Wenzel Wilhelm von Rupa, die beiden Grafen Joachim Andreas
und Johann Schlick, Prokop Dwoschetzky, Heinrich Otto, Friedrich von Bielau, Pete
Müller, Martin Grühwein, Johann Orsinoffsky, Wenzel Priletzky und Herr Rosin. Als
Vertreter der mährischen Stände werden genannt Berthold Bohubad von Leipa, Hans
Tscherka von Olbramowitz. Die schlesische Delegation bestand aus Hans Ulrich Schaffgott,
Albrecht von Rehe, Johann Wirth. Die Ober- und Unterlausitz waren vertreten durch
Hans Fabian von Ponickau und Dr. Ambrosius Hadermer.
Nach der Ankunft Friedrichs
in Waldsassen begaben sich die Gesandten unter Zurücklassung ihres Gefolges am 24.
Oktober mit 20 Kutschen dorthin und wurden bereits am frühen Morgen zur Audienz
zugelassen. Graf Schlick Joachim legte als Sprecher der Delegation in einer halbstündigen
Ansprache die mißlichen Verhältnisse in Böhmen während der letzten Jahre dar, sowie
die Gründe, durch die die böhmischen Landstände bewogen worden seien, Friedrich
zum neuen König von Böhmen, Markgrafen von Mähren, Herzog von Schleswig und Markgrafen
der Ober- und Niederlausitz zu wählen. Er bat Friedrich die Wahl anzunehmen und
mit ihnen nach Prag zur Krönung zu ziehen.
Friedrich bedankte sich gegenüber
den Ständen in "wohlbedachten" Worten für das angetragenen Vertrauen,
wobei nach dem Chronisten manchem Anwesenden vor Freude die Augen "Übergegangen"
seien. Er erklärte sich Angesichts der traurigen Zustände in Böhmen bereit, das
schwere Amt als "eine Fügung und Vorsehung Gottes" auf sich zu nehmen,
und bat sie alle, ihm die "schuldige Assistenz zu leisten und in ihrem Fleiße
es allseits nicht fehlen zu lassen."
Anschließend begab sich die
Gesandtschaft zur Königin und ließ sie durch ihren Sprecher Wenzel Wilhelm von Rupa
in französischer Sprache willkommen heißen und ihr Glückwünsche entbieten. Die Königin
bedankte sich ebenfalls in französischer Sprache. Hierauf ging man in die Kirche,
in er vom kurfürstlichen, pfälzischen Hofprediger Dr. Abraham Scultetus eine Predigt
aus dem 20. Psalm über das Amt eines Königs und die Pflichten der Untertanen gehalten
und allen Anwesenden Glücks- und Segenswünsche ausgesprochen wurden. Hernach ließ
man sich gern zur fröhlichen Tafel laden. Die Gesandten reisten am Abend wieder
nach Eger zurück.
Am nächsten Morgen zog die
Gesandtschaft mit Begleitung auf eine Meile von Eger entfernt in Richtung Waldsassen
dem neuen Landesherrn entgegen, um alsdann gemeinsam am gleichen Tage noch bis Falkenau
an der Eger zu gelangen. Hier bricht der Reisebericht ab und erwähnt lediglich,
daß die Reise ihren Fortgang genommen habe. Aus Merians Feder läßt sich indes der
weitere Weg rekonstruieren. Als Quartiere werden uns genannt am 26.10 Maschau, am
27.10. Santen, am 28.10. Laun, am 29.10. Schlan; her wurde von der Reisegesellschaft
ein Feldgottesdienst des Feldpredigers Friedrich Salmuth besucht. Am 30.10.1619
übernachtete man in Bussirat und am 31.10. erreichte der Zug den königlichen Lustgarten
zum Stern bei Prag, wo das Mittagessen vorbereitet war. Hier wurde er von den entgegengeeilten
böhmischen Ständen mit 50 Kutschen und einer ansehnlichen Reiterschar bereits erwartet
und feierlich in die Stadt Prag eingeholt.
Am Strohoffer Tor hatte man das böhmische Wappen mit dem weißen Löwen auf rotem Grunde und das pfälzische Wappen mit dem Reichsapfel angebracht. Böhmen in alten Rüstungen, mit Stachelbewehrten Drischeln, großen Holzschilden und anderen alten Waffen, Trommeln und Schalmeien hielten hier Wache und entboten durch ihren Hauptmann dem neuen Landesherrn den Willkomm. Sie erinnerten an die Kämpfer unter Ziska, baten Friedrich um seinen Schutz und versprachen mit Leib und Leben für ihn einzustehen.
Vom Strohoff bis zum königlichen
Schloß, wo Friedrich vom Pferde stieg, hatte die Bürgerschaft aus den 3 Prager Städten,
zu Fuß mit ihren Rüstungen, in der Stärke von 6 Fähnlein, Aufstellung genommen,
um Friedrich zu begrüßen. Beim Einzug zogen berittene Bürger aus den 3 Prager Städten
voraus: Die Prager Kleinseite mit ihrer Standarte in blauweiß, 4 Trompeten und 1
Heerespauke, hernach die Altstädter mit ihrer Standarte rot/weiß, 6 Trompeten und
1 Pauke, endlich die Neustädter ebenfalls mit 1 Standarte und zwei Parallelstücken
in weiß/blau und 6 Trompeten und 1 Pauke. Die Fahne an den Trommeln waren weiß gestickt.
Nach der Reiterei folgten Leibpferde in Rot, Blau und Weiß.
Ihnen schlossen sich Berittene
der Stände ohne Standarte an. Alsdann kam unter ihrem Hauptmann Wonßheim die königliche
Leibgarde zu Fuß, von deren adeligen Angehörigen einige zu Pferde saßen. Nach ihnen
ritt die Kompagnie des Rittmeisters Liechtenstein, an die sich die Gespanne des
Fürsten Christian von Anhalt mit 3 Trompeten mit gold-schwarzen Damast-Tüchern anschlossen.
Sechs fürstliche Edelknaben bildeten den Voraus des kgl. Oberhofmeisters Ritter
Pleikart von Helmstätt, Vizedom zu Neustadt in der Pfalz. Neben ihm zog der anhaltische
Hofmeister Burkhart von Erlach ein. Ihm schlossen sich der übrige Adel sowie die
königliche Leibwache zu Pferde unter ihrem Rittmeister Pülardt von Spalendorf an.
Mittlerweile hatten liechtensteinische Reiter, Arkebusierer und Kürassiere neben
der königlichen Leibwache zu Fuß vor dem Schloß Aufstellung genommen. Auf 8 Trompeter
und 1 Heerespauke in den Farben blau-weiß folgten 6 andere Trompeter und 1 Pauke
in gelb-blauer Farbe. Die böhmische Ritterschaft war mit 24 Reihen zu je 12 Pferden
am Einzug beteiligt. Nach ihr folgten königliche Trompeter und Heerespauken in den
Farben blau und Silber.
Als nächster ritt der königliche
Großhofmeister Johann Albrecht Graf zu Solms, dem einige Herren vom böhmischen Landesdirektorium
folgten. Anschließend Markgraf Friedrich von Württemberg, ferner ein schlesischer
Herzog sowie Fürst Christian von Anhalt der Jüngere. Mit einem prächtigen Roß, dessen
Mähne bis zur Erde reichte, erregte der Bruder des Königs. Herzog Ludwig Philipp,
großes Aufsehen. Neben ihm befand sich Fürst Christian von Anhalt der Ältere, Statthalter
der Oberpfalz.
Schließlich kam, ohne besondere
Begleitung, der neue König Friedrich selbst, hoch zu Roß, von seinen Trabanten und
Dienern umgeben, mit ihren abgenommenen Hüten in der Hand. Ebenfalls allein folgte
die Königin in ihrem Wagen. Dessen Vorhänge sowie das Geschirr der Pferde waren
mit Gold und Silber geschmückt, die Kutscher in braunem Samt gekleidet, der reichlich
goldene und silberne Stickereien zeigte. Ein weiterer Wagen, mit rotem Samt und
goldenen Einfass-Schnüren dekoriert, die Diener in der gleichen Tracht wie eben
gekleidet, war mit dem Prinzen Friedrich Heinrich und einigen Hofdamen besetzt.
Eine Kompagnie Reiter mit weißer Standarte und einem blauen Kranz in der Mitte des Feldes beendete die Gruppe, der noch weitere Troßfahrzeuge mit ihren Kutschen folgten.
Als Hauptfarben traten allgemein
Blau und Weiß beim Federschmuck wie auch bei den Tuchen besonders hervor. Nach den
glaubwürdigen Berichten hatte man damals alle Mühe, in Prag Tuche und Federn der
beiden bevorzugten Farben in diesen festlichen Tagen zu bekommen.
Als besondere Attraktion hatte
auf dem Knauf der Schloßkirche ein Mann in weißblauer Kleidung und einer ebensolchen
Fahne seinen luftigen Sitz eingenommen, während unter ihm auf einer Leiter ein Pauker
in den gleichen Farben fleißig die Trommel rührte. Der Chronist weiß auch von den
vielen Fenstern auf dem Hradschin zu berichten, die von neugierigen "Frauenzimmern
außer der massen vol gewest", daß man keinen Platz mehr hätte finden können.
auf Wunsch des neuen Landesherrn durfte bei diesem Einzug kein Salutschuß gelöst
werden, um Unfälle zu vermeiden.
Nach dem Bericht, herrschte
über die Ankunft Friedrichs von der Pfalz in seiner neuen böhmischen Residenz auf
dem ganzen Weg von Waldsassen herauf bis hierher helle Freude. Die Bauern und Untertanen
hätten es sich nicht nehmen lassen und an den Straßenrändern gestanden, um den neuen
Herrn zu begrüßen. Man habe in Prag viele Menschen gesehen, die unter dem überwältigendem
Eindruck die Hände öffentlich dankend zum Himmel erhoben. Es sei ferner im ganzen
Land vom Direktorium verkündet worden, wer Friedrich nicht anerkenne, der soll verhaftet
und mit dem Leben gestraft werden.
Der Einzug in Prag glich demnach
einem großartigen Triumph-Zug und man hatte offenbar an nichts gespart, dieses Ereignis
auch nach außen würdig zu begehen.
Über die Krönung am 4.11.1619
enthält ein anderer Druck aus der Werkstätte Schönfelds interessante Aufschlüsse.
Es würde hier aber zu weit führen auf alle Einzelheiten einzugehen. Indes soll ein
kurzer Überblick ein überschaubares Bild von dem Vorgang der Krönung vermitteln.
Der König wurde von den böhmischen
Ständen in die Schloßkirche begleitet, in deren Sakristei in die beiden höchsten
Würdenträger der Kirche erwarteten. Alsdann legte er in der Wenzelkapelle den königlichen
Ornat an, um anschließend feierlich zum Altar geführt zu werden. Voraus zogen die
Würdenträger der Kirche, dann die weltlichen Großen; letztere in einer ganz bestimmten
Reihenfolge. An ihrer Spitze schritt der Truchseß mit einem vergoldeten und einem
versilberten Brot; hernach der Mundschenk mit je einem Weingeschirr in Gold und
Silber, ihnen folgten die höchsten Offiziere des böhmischen Reiches mit den königlichen
Insignien. Das waren Szepter, Reichsapfel, Krone, rote Haube und Schwert. Den Schluß
bildeten der König und die beiden geistlichen Offizianten.
Nach einem Gebet vor dem Altar
wurden die Königs-Insignien unter Musik auf dem Altar niedergelegt, worauf man den
König zu seinem Thron geleitete. Musikalische Einlagen lockerten das strenge Zeremoniell
der Krönung. Es folgte eine Predigt, in böhmischer Sprache, anschließend eine Litanei
mit Gebet, worauf der König mit Begleitung zum Altar schritt, um den Krönungseid
in der Landessprache abzulegen.
Anschließend wurde er vom Administrator gesalbt und mit den Insignien der königlichen Würde einzeln ausgestattet, zuerst mit dem Schwert, dann dem Ring, dann dem Apfel. Endlich setzten ihm die beiden höchsten Offiziere des böhmischen Reiches, zusammen mit dem geistlichen Offiziator, die Krone auf das Haupt und führten ihn zum Thron zurück. Nun verlangte der oberste Burggraf den Ständen Böhmens in böhmischer Sprache den Treu-Eid auf den König ab, der unter Berührung der Krone durch den zunächst Stehenden gemeinsam abgelegt wurde. Ein Gebet des Offiziators beendete die feierliche Zeremonie, worauf die Stände den neugekrönten Herrn zur königlichen Tafel geleiteten.
Am 7.11. wurde Elisabeth mit
gleichem Zeremoniell unter großer Beteiligung des Volkes zur Königin Böhmens gekrönt.
Eine kleine Abweichung ließ man insofern eintreten, als die Predigt in deutscher
Sprache gehalten wurde. Das Krönungsmahl fand wiederum in der Landstube statt, wobei
König und Königin allein an einem Tische saßen, während das Gefolge diesmal eigene
Tische hatte. Der Chronist hebt die vielen "wohlgebutzten" böhmischen
Frauen und Fräulein besonders hervor, sowie das weibliche Gefolge der neuen Königin.
Der Teppich auf dem das Königspaar
von der Kirche bis zur Landstube gegangen war, sowie Wein und Brot wurden verteilt.
Diesmal wurden Salutschüsse von der Bürgerschaft zum Klang sämtlicher Glocken Prags
abgefeuert. Auch eine neue Münze hatte man für diesen Tag schlagen lassen, die unter
das Volk geworfen wurde. Auf der einen Seite stand zu lesen "Gott und die Länder
haben mir die Cron gegeben"; auf der anderen Seite waren 6 Hände abgebildet
die die Krone hielten.
Am Schlusse vermerkt der Chronist
, daß am Tage des Einzugs in Prag (3.11.1619) ein Bienenschwarm den Einziehenden
entgegen geschwärmt sei, den man in einem Hut gefangen und mit nach Prag gebracht
habe. Ferner sei an diesen festlichen Tagen in allen drei Prager Städten niemand
verstorben und auch niemand begraben worden, was man als günstiges Omen wertete.
Hier freilich sollte der Chronist
irren. Denn die gehegten Hoffnungen erfüllten sich nicht. Die Regierungszeit Friedrichs
als König von Böhmen währte nur ein knappes Jahr. Die Niederlage vom weißen Berge
bei Prag am 8.11.1629 besiegelte nicht nur den Traum von einem pfälzisch-böhmischen
Territorium, sondern brachte auch den Verlust der angestammten Erblande in der Pfalz
und in der Oberpfalz mit sich. DieOberpfalz wurde zunächst als
Kriegspfand für entstandene Auslagen dem bayerischen Herzog Maximilian überlassen,
was schon 1619 zwischen ihm und Ferdinand abgesprochen war, und 1628 endgültig an
Bayern übertragen, zusammen mit der Kurwürde.
Friedrich V. selbst wurde
in Reichsacht erklärt und mußte den Rest seines Lebens außer Landes verbringen.
Sein Ziel als Landesherr, wenigstens wieder im angestammten Erbesland eingesetzt
zu werden, erreichte er jedoch nicht mehr. Er verstarb am 29.11.1632 in Mainz und
ist zunächst in Frankenthal beigesetzt worden. Seine Gebeine wurden später an andere
Stellen verbracht und sind heute verschollen.
Die Kurfürstin Elisabeth verstarb
am 23.2.1662 in London und ruht in der Westminster Cathedrale. Von den insgesamt 8 Kindern
aus dieser Ehe kamen vier im holländischen Exil zur Welt. Der älteste Prinz, Heinrich
Friedrich, noch in Heidelberg geboren und oben bereits als Teilnehmer beim Einzug
in Prag erwähnt, wurde am 19.4.1620 von den böhmischen Ständen als Thronfolger ausgerufen.
Er kam am 17.1.1629 in der Nähe von Harlem bei einem Schiffsunfall ums Leben. Der
zweitälteste Sohn, Karl Ludwig I. ebenfalls in Heidelberg, am 1.1.1618, geboren
wurde als 8. Kurfürst am 24.10.1648 wieder in seine Erblande eingesetzt. Die Oberpfalz
jedoch blieb ihm verloren. Ruprecht, mit dem Beinamen "der Cavalier" war
der Einzige männliche Nachkomme, der in Prag am 27.12.1619 geboren ist. Er wurde
später Herzog von Cumberland, englischer Oberbefehlshaber der Armee und Admiral
der Flotte. Außerdem erwarb er sich als Mann der Wissenschaft einen großen Ruf und
war Mitglied der kgl. englischen Gesellschaft. Er verstarb am 29.11.1682 in London
und liegt ebenfalls in der Westminster-Cathedrale, wie seine Mutter begraben.
Ein Schicksals-Bogen nahm
in England seinen Lauf und vollendete sich zum Teil wieder auf Traditionsreicher
englischer Erde.
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Quellen: Merian, Beschreibung
Böhmens und Mährens
Jos.Dollacker, Das Ende
der kurpf. Herrschaft.
Doeberl, Bayer. Geschichte.
Häutle, Genealogie der
Wittelsbacher.
Amberger Stadtarchiv.
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