Samstag, 15. August 2015

Der bayerische Erbfolgekrieg in den kurpfälzischen Staaten der Oberpfalz


Der Bayerische Erbfolgekrieg in den kurpfälzischen Staaten der Oberpfalz
Von Konstantin Trammer Jun.

Etwas über 500 Jahre sind jetzt verflossen, seit jener Krieg wütete, der weite Gebiete der Oberpfalz und Mittelfrankens in Mitleidenschaft zog und der gar manche Ruine, die heute noch steht, in diesen Gegenden geschaffen.

Der Anlaß der war, wie der zu den meisten des Mittelalters, der Kampf um eine Erbschaft. Der Herzog Georg der Reiche von der Landshuter Linie der Wittelsbacher war gestorben, ohne Söhne als Erben zu hinterlassen. Zwar hatte er für seine Lande den Erben schon bestimmt, sie sollten an seinen Schwiegersohn, den Kurfürsten Rupprecht von der Pfalz, fallen. Aber er hatte schon früher einen gegenseitigen Erbvertrag mit der Münchner Linie der Wittelsbacher geschlossen und der damalige Vertreter dieses Geschlechts, Herzog Albrecht, erkannte natürlich das Testament nicht an, wurde auch darin von König Maximilian bestärkt, der sich ganz auf seine Seite stellte. Pfalzgraf Rupprecht dagegen hatte seinen Pfälzer Besitz hinter sich, dazu auch die sogenannte Oberpfalz, von der damals einige Pflegeämter wie Altdorf und Lauf bis unmittelbar an Nürnberg heranreichten.

Nachdem gütliche Verhandlungen nicht von Erfolg gekrönt waren, mußte die Entscheidung der Waffen angerufen werden. Selbstverständlich suchten beide nach Bundesgenossen. Da war es nun für Albrecht von großer Bedeutung, vor allem gegen die oberpfälzischen Gebiete Rupprechts die von dessen Stammlanden abgeschnitten waren und daher wehrlos schienen, Gegner zu finden. Er knüpfte Verhandlungen an mit der Reichsstadt Nürnberg und versprach ihr einen Teil der Eroberung zu überlassen, die sie ja in den benachbarten Gebieten der Oberpfalz leicht machen könne. Unter solchen Bedingungen fand sich die Stadt Nürnberg bereit, in den Kampf einzutreten. Nichts als Selbstsucht trieb also die Stadt zu dem Entschluß, der für so weite Gebiete verhängnisvoll werden sollte.

Am 2. Februar 1504 wurde der Vertrag zwischen der Stadt Nürnberg und Herzog Albrecht abgeschlossen. Nach Müllners Annalen ging er dahin, daß beide Teile sich verpflichteten sich gegenseitig in Gefahr mit 150 Reisigen und 450 Mann zu Fuß beizustehen. Binnen 24 Stunden sollte Nürnberg gegen die Oberpfalz zu Felde ziehen. Was sie an kurpfälzischen Gebieten erwerbe, sollte ihr gehören, auch die Stadt Lauf, wenn es möglich sei, diese zu gewinnen. Wenn sie die Pflegämter Hersbruck, Hilpoltstein und Heideck, die mit zu dem umstrittenen Erbe von Georg gehörten, eroberten, dürfe sie eines davon behalten. Was sie sonst erobere, müsse sie an Albrecht abtreten, doch erhalte sie dafür eine Kriegskostenentschädigung bis zu 30 000 Gulden.

So war es denn sehr im Interesse der Stadt, möglichst tatkräftig in den Krieg einzugreifen. Zunächst traf man freilich Vorsichtsmaßnahmen, um nicht etwa selbst von der Oberpfalz angegriffen werden zu können. Dann aber warb die Stadt eine große Anzahl Söldner an, im ganzen 3000 Mann, für damalige Verhältnisse eine ganz schöne Macht. Unter diesen Söldnern waren auch Böhmen unter dem Hauptmann Janny Stieber, wilde, unbotmäßige Gesellen, die sich aber, wie der spätere Verlauf zeigte, nicht besonders gut schlugen. Vor allem aber gab es dauernd Streitigkeiten zwischen den Deutschen und den Böhmen, "nit allein irer sprach, sunder auch irer were, manir und sitten halber" wie ein zeitgenössischer Chronist berichtet. Man verlegte daher die Böhmen außerhalb der Stadt in den Ort Wöhrd und ermahnte sie "nit zu stelen und die wirt zu bezalen".

Erst am Fronleichnamstag 1504 erfolgte die Absage der Stadt an Rupprecht von der Pfalz. Der Grund war bald gefunden. Die Stadt hatte schon mehrmals Streitigkeiten mit kurpfälzischen Beamten in der Oberpfalz gehabt, das wurde jetzt vorgebracht.

Noch am nämlichen Tage zog das Nürnberger Heer neben den 3000 Fußknechten noch etwa 500 Reiter, unter den Feldhauptleuten Andreas Tucher und Schürstab, sowie Harsdörfer gegen die Stadt Lauf. An Geschützen führten sie drei große Kartaunen, 14 langrohrige Feldschlangen und etwa 30 Hackenbüchsen mit.

Der Marsch erlitt aber bald eine Verzögerung, weil eine Kartaune über einen Abhang hinunterfiel, dabei ein paar Mann erschlug und nur mit sehr großer Mühe wieder emporgebracht werden konnte.

An einem Sonntagmorgen, es war der 8. Juni 1504, langte das Heer vor Lauf an.

Schauen wir uns nun einmal dieses Nürnberger Heer das vor Lauf lag, an. Zunächst waren da einmal etwa 1500 Soldatenknechte, die in Franken geworben worden waren. Die großen bärtigen Gesellen, mit ihren geschlitzten mehrfarbigen Hosen, ihren weiten Schlapphüten mit wallenden Federn, ihren langen Spiesen und schweren Schwertern machten einen recht kriegerischen Eindruck. Zu ihnen kamen etwa 800 Seeknechte, d. h. Söldlinge, die am Bodensee, wo das "Reislaufen", d. h. das Anwerben lassen sehr gebräuchlich war, angeworben worden waren. An Böhmen befanden sich im Heer etwa 500, die eine ganz eigentümliche Bewaffnung aufwiesen. Sie führten sogenannte "Pafesen", das waren hohe Schilder, die nach unten schmäler wurden und in eine starke eiserne Spitze ausliefen. Mit dieser konnten sie in die Erde gestoßen werden und bildeten dann, da sie an den Seiten mit Haken zusammengeschlossen werden konnten, eine fast undurchdringliche Linie, die sich sehr gut für die Verteidigung, weniger freilich für den Angriff eignete. Als Trutzwaffe hatten sie Ahlspitze (wie sie jetzt noch im germanischen Museum zu sehen sind), die außer der Spitze auch mit einem starken Haken versehen waren, mit dem man Reiter vom Pferd reißen konnte. Außerdem führten die Böhmen auch Hackenbüchsen.

Die Reiterei endlich, war meist geharnischt oder trug das Lederkoller. Sie sollte im Kampfe den Ausschlag geben.

An die Stadt Lauf wurde noch am nämlichen Tag die Aufforderung geschickt, sich zu ergeben. Aber der Pfleger von Lauf, Christof von Leutersheim, ließ den Unterhändler überhaupt nicht vor.

So begannen denn die Nürnberger mit ihren Kartaunen und Feldschlangen die Stadt zu beschießen. Die ganze Nacht hindurch währte das Feuer, wurde auch von der Stadt, in der freilich verschiedene Brände ausbrachen, tapfer erwidert.

Am 9. Juni gegen Mittag bereiteten sich die Nürnberger zum Sturm vor. Nun aber erschien der Pfleger von Lauf selbst im Lager seiner Gegner und bat um Waffenstillstand, der ihm auch auf zwei Stunden gewährt wurde. Doch benützte der Pfleger diese Frist nur dazu, um heimlich die Stadt zu verlassen und sich nach Hersbruck zu retten.

Die Ratsherren von Lauf wußten sich nun nicht mehr zu helfen, sie wagten es nicht, es auf einen Kampf ankommen zu lassen, sondern übergaben ohne Schwertstreich die Stadt. Dafür wurde ihnen von Tucher Schonung ihres Leibes und Gutes zugesichert.

Das war aber den Söldlingen ganz und gar nicht recht. Obwohl der Kriegsbrauch nur für eine gestürmte Stadt Plünderung vorsah, verlangten sie eine solche drohend. Trotzdem wurde ihnen ihr Begehren abgeschlagen, da ja nun Lauf nach dem Vertrag Nürnberg gehörte und diese Stadt sich doch nicht ihren eigenen Besitz zerstören lassen wollte.

So gab es gleich am Anfang eine Revolte im Nürnberger Lager, die nur durch Gewährung eines hohen Sturmgeldes, das Lauf zahlen mußte, beigelegt werden konnte.

Die Bürgerschaft Laufs mußte dem Nürnberger Rat den Untertaneneid leisten.

Nach diesem ersten, freilich recht leichten Sieg zogen die Nürnberger weiter, berannten und erstürmten die Schlösser Henfenfeld, Reichenschwand und Happurg. Die Burg Reicheneck, welche sich tapfer wehrte, wurde völlig niedergebrannt, die Besatzung bis auf den letzten Mann niedergemacht.

Am 12. Juni erschienen die Nürnberger vor dem nur wenig geschützten Hersbruck, um auch diese Stadt in ihren Besitz zu bringen. Inzwischen war jedoch auch Pfalzgraf Rupprecht nicht untätig gewesen. Obwohl auf allen Seiten von Feinden bedroht, verlor er nicht den Mut, fand sogar noch Zeit, auf seine Gegner ein Trutzliedchen zu dichten:

 Bund hab stark und brich nit
 Römischer König, du hast es nit
 Albrecht hats in der Taschen nit
 Württemberg fleucht vor mir nit
 Nürnberg übergibt uns nit.

Von der Donau her war er mit seinem Heer von 600 Fußsoldaten und 400 Reitern vor Amberg gezogen, um zunächst diese wichtige Stadt, die ihm sowieso gut gesinnt war, in Besitz zu nehmen. Auf diesem Zuge begleitete ihn seine Gemahlin Elisabeth. Im vollen Waffenschmuck, einen zierlichen Streitkolben in der Hand, ritt sie neben ihrem Mann an der Spitze des Heeres.

Ohne Widerstand öffnete Amberg seine Tore, Rupprecht ließ sich den Treueid leisten und zog nach Neunburg vorm Wald, das sich ihm ebenfalls ergab. Die mittlere Oberpfalz war nun in seinem Besitz, nur Schmidmühlen, Burglengenfeld, Schwandorf und vor allem Sulzbach hielten noch zu Albrecht.

Gegen diese Orte sollten nun die Amberger selbst vorgehen, Rupprecht begab sich nach Böhmen, um von dort Hilfe zu holen.

Inzwischen waren die Nürnberger auch vor Hersbruck vom Glück begünstigt worden. Die Stadt fühlte sich zum Widerstand zu schwach und ergab sich wieder gegen die Zusicherung, daß die Stadt nicht geplündert werde.

Das war nun den Böhmen zu viel, sie verweigerten den Gehorsam und gingen auf die Stadt los. Die Nürnberger Hauptleute suchten nun mit ihnen zu verhandeln, den Sprecher machte Hans Harsdörfer, der etwas böhmisch konnte, als das nichts fruchtete, wurden die deutschen Soldknechte gegen die Böhmen aufgeboten, die sich nun hinter ihren "Pafesen" verschanzten und aus ihren Hackenbüchsen das Feuer eröffneten.

Da wurden die Deutschen grimmig, sie gingen gegen die Böhmen los, zersprengten einen Teil von ihnen. Die übrigen verblieben zwar beim Heere, mußten aber nochmals feierlich Gehorsam schwören und waren auch weiterhin bei den Soldatenknechten scheel angesehen.

Von Hersbruck aus, wo das Heer etwa 14 Tage blieb, wandte es sich nach Altdorf. Dort ging die Sache freilich nicht so glatt vor sich, die Stadt wehrte sich aufs tapferste. So war es denn nötig, daß die Nürnberger ihre großen Geschütze spielen ließen. Man baute die drei Kartaunen, die Fischerin, die Eule und den Falken ein und beschoß die Stadt. Auch ein Sturmversuch wurde unternommen, der jedoch mißlang. Schließlich kam es zu Unterhandlungen, die Besatzung von Altdorf durfte abziehen, die Stadt mußte den Nürnbergern huldigen.

Damit waren die größeren Unternehmungen zunächst beendet, während die Stadt Nürnberg zu einem großen Schlag rüstete, wurde das Heer in vier Haufen geteilt, von denen jeder auf eigene Faust losziehen sollte.

Raubend und mordend, sengend, plündernd und schändend wälzten sich die Nürnberger Haufen durch die ganze fränkische und Hersbrucker Schweiz. Sie überfielen hier ein Schloß, plünderten dort ein Dorf, zündeten einzelne Gehöfte an, obwohl dies eigentlich vom Nürnberger Rat verboten war, gingen bei dem allen aber größeren gegnerischen Plätzen aus dem Wege. Schloß und Markt Betzenstein wurden eingenommen. Schloß Stierberg fiel, der Markt Königstein, der sich tapfer wehrte, wobei der Böhmenhauptmann Janny Stieber erschlagen ward, wurde vollständig ausgeplündert und niedergebrannt.

Dann vereinigten sich zwei Haufen unter der Führung der Hauptleute von Haugwitz und Peßler zu einem Unternehmen gegen Velden im Pegnitztal, das ihnen auch in die Hände fiel. Sie ließen eine kleine Besatzung dort zurück und zogen dann weiter "ins Gebirge" hinein.

Die erfuhr der kurpfälzische Pfleger zu Auerbach, Balthasar von Seckendorf, und rückte nun gegen Velden heran. Aber die nämlichen Bürger, welche die Stadt soeben kampflos den Nürnbergern übergeben, wehrten sich jetzt auf das tapferste, obwohl die nürnbergische Besatzung in Velden schon auf die Kunde vom Anrücken des Gegners hin das Weite gesucht hatte.

Dreimal liefen die Auerbacher vergebens Sturm. Seckendorf kochte vor Wut. Da bediente er sich der List. Er knüpfte zum Schein Unterhandlungen mit Velden an; während die Bürger sich schon gerettet glaubten und die nötige Sorgfalt unterließen, unterhöhlten die Pfälzer von der Pegnitz her die Mauer, drangen in die Stadt ein und öffneten die Tore.

Schrecklich hausten die Pfälzer in dem Städtchen. Eine große Zahl der vornehmsten Bürger, auch der Bürgermeister, fielen unter dem Schwert, ein anderer Teil wurde gefangen fortgeführt, der Ort selbst vollständig eingeäschert.

Durch einen anderen Haufen wurde der Markt Lauterhofen eingenommen und geplündert.

Inzwischen hatte der Rat von Nürnberg seine Rüstungen beendet, rief seine Haufen zurück und setzte sein ganzes Heer von über 3000 Mann und 250 Panzerreitern in Marsch gegen die Stadt Neumarkt. Führer war der schon früher erwähnte Andreas Tucher und Jakob Muffel. Die schweren Geschütze, welche schon vor Altdorf gedonnert, waren wieder dabei; das Hauptstück aber war die "Sebaldin", welche Steinkugeln von einem halben Meter Durchmesser und 2½ Zentnern Gewicht schleuderte.

Bei dem Dorf Pölling im Nordwesten von Neumarkt schlug das Heer sein Lager auf; an eine Umzingelung der Stadt jedoch war nicht zu denken, dazu reichte die Nürnberger Mannschaft nicht aus. Das war nun freilich ein großer Vorteil für die Neumarkter; eine Aushungerung hatten sie nicht zu befürchten, auch Hilfe konnte ihnen ohne weiteres zugeführt werden. So kamen neben anderen Verstärkungen, namentlich auch von Ansbach einmal 300 Reisige mit zahlreichem Geschütz.

Auch fehlte es den Neumarktern nicht an Mut und Unternehmungslust. Sie belästigten fortwährend die Nürnberger beim Aufstellen ihres Geschützes, ja sie unternahmen sogar einen kühnen Handstreich gegen das Nürnberger Lager, der freilich mißlang.

Aber auch sonst hatten die Nürnberger das Pech auf ihrer Seite: so hatten sie schon verschiedene male Pech beim Aufstellen der Kartaunen und als diese endlich in Stellung gebracht waren, konnten sie nicht viel damit ausrichten. Zwar legten sie eine Bresche von etwa 50 Meter in die Stadtmauer, aber diese wurde sofort mit Faschinen verstopft.Zum Sturm fehlte es aber an Leuten.

Da nun inzwischen aus Amberg neue Verstärkungen abgegangen waren, wurde die Lage unhaltbar: am 29. Juli 1504, nach einer Belagerung von nicht ganz drei Wochen, zogen die Nürnberger Truppen unverrichteter Dinge wieder heim, von den Neumarktern mit Hohn und Spott verfolgt.

Aber nicht nur diese eine Sache lief für die Pfälzer günstig aus, es schien ihnen in der ganzen Oberpfalz das Glück zu lächeln. Amberg war der Mittelpunkt, von dem aus die ganze Oberpfalz, soweit sie noch zu Albrecht hing, heimsuchten. Ein Dorn im Auge war ihnen vor allem Sulzbach, das sich unter Pfleger Albrecht Stüber sehr gut hielt.

Eine große Anzahl von Ortschaften gingen in diesen wechselvollen Kämpfen in Flammen auf, so Arzfeld, Breitenbrunn, Rosenberg und Schöpfendorf, zunächst konnten jedoch die Amberger nicht viel ausrichten, da in Sulzbach eine starke Besatzung lag, welche auch verschiedene Ausfälle in die Amberger Umgebung unternahm.

Mehr Glück hatten dagegen die Pfälzer bei ihren kleinen Unternehmungen, die sie von Amberg aus ins Werk setzten. Am 29. Juni überfielen sie den Markt Schmidmühlen am Einfluß der Lauterach in die Vils, plünderten den Ort aus und führten die Beute auf einem Schiff nach Amberg. Auch Schwandorf mußte sich ergeben und wurde völlig niedergebrannt. Ähnlich erging es Burglengenfeld, wo nur die starke Burg einigen Widerstand leistete. Damit war der ganze Nordgau in die Hand Rupprechts gekommen, nur noch Sulzbach hielt zu Albrecht und gegen diesen plante man einen großen Schlag. Zu diesem Zweck wurde aus Böhmen, das sich mit Rupprecht verbündete, ein gewaltiges Heer herbeigerufen. Mit diesem verband sich der Vizthum von Amberg und so sah Sulzbach Mitte Juli ein Heer von fast 15 000 Mann mit zahlreichem Geschütz vor seinen Mauern. Dem hätte Stüber, der Verteidiger der Stadt nur etwa 600 Mann entgegenzustellen, aber auch die Bürger Sulzbachs beteiligten sich aus Sorge um Leib und Gut mit Mut und Eifer an der Verteidigung.

Stüber ließ die Stadt reichlich mit Proviant versorgen, soweit dies in der Kürze der Zeit noch möglich war, dann brannte er, um freies Schußfeld zu haben und dem Gegner auch ein Festsetzen unmittelbar bei der Stadt zu verwehren, selbst alle Gebäude außerhalb der Mauern nieder, ja er ließ sogar die Obstbäume niederlegen.

Das pfälzische Heer ließ bei seiner Ankunft vor Sulzbach zunächst eine Aufforderung  zur Übergabe ergehen, die aber von Stüber zurückgewiesen wurde. Nun begann die Beschießung, namentlich vom Annaberg und vom Galgenberg. Dagegen versäumte es der Angreifer, die Stadt vollkommen zu umzingeln und einzuschließen und so war es möglich, daß eine stärkere Truppe von Nürnberg her den Belagerten zu Hilfe eilen konnte, was nun den Mut der nun recht beträchtlichen Besatzung wesentlich erhöhte. Das Feuer der Amberger wurde kräftig erwidert, schon nach kurzer Zeit war fast die Hälfte der Amberger Geschütze unbrauchbar geworden.

Noch einmal versuchten die Pfälzer und Böhmen durch Verhandlungen zu ihrem Ziel zu gelangen, aber Stüber wies wiederum jeden Gedanken an Übergabe weit von sich, obwohl die Lebensmittel in Sulzbach schon knapp wurden.

Nun probierten die Amberger durch unterirdische Gänge die Mauern zu unterhöhlen um so einzudringen, aber das scheiterte an der Härte des Bodens ‑ Sulzbach steht ja zum Teil auf Fels ‑ und an der Umsicht der Belagerten.

Plötzlich verbreitete sich die Nachricht, Herzog Albrecht nahe mit 20 000 Mann um Sulzbach zu entsetzen. Darüber erschraken die Belagerer, namentlich die Amberger, welche nun um ihre Stadt derart bangten, daß sie die Belagerung aufhoben und abzogen.

Damit waren die Kämpfe in der Oberpfalz wieder für kurze Zeit zum Stillstand gekommen, dafür begannen überall Seuchen, hauptsächlich die Ruhr zu wüten. An dieser Krankheit starb am 20. August auch Pfalzgraf Rupprecht, nur 24 Jahre alt.

Auf den Fortgang des Krieges hatte dies aber keinen Einfluß, die Gattin und ihre Verbündeten setzten den Krieg fort, doch zogen sich die Hauptkämpfe weiter nach Süden in die Nähe von Regensburg*), wo die Böhmen, obwohl sie, wie eine Chronik sagt, "Schilde so groß wie ein Stadttor" hatten, bei Schönberg völlig geschlagen wurden.

Ganz ruhte jedoch auch in den westlichen Gebieten der Pfalz der Kampf nicht. Vor allem konnten die Neumarkter den nürnbergischen Angriff nicht vergessen und gedachten nun Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wenngleich sie natürlich nicht an eine Eroberung der Stadt Nürnberg denken konnten. Aber wenigstens wollten sie auch im Nürnberger Gebiet ihren Teil an Beute holen. Mitte September machten also die Pfälzer mit 2000 Mann von Neumarkt aus einen verheerenden Einfall in das Nürnberger Land.

Zunächst kamen sie nach Feucht, nachdem sie an Altdorf vorbeigezogen waren. Die Bürger von Feucht waren auf einen Überfall nicht gefaßt, da sie zwar von dem drohenden Einfall Kenntnis erhalten hatten, aber sich so nahe vor Nürnberg in Sicherheit fühlten. Mitten in der Nacht fielen nun die Pfälzer über den unglücklichen Ort her, plünderten ihn aus und brannten ihn bis auf das letzte Haus nieder. Nur die Kirche bleib stehen, alles Wertvolle jedoch wurde aus ihr mitgenommen.

Dann drangen die Pfälzer weiter vor und brannten Schwarzenbruck und Glaishammer nieder, ja sogar den Eisenhammer beim Dutzendteich. Mächtig lohten überall die Flammen auf; aus Nürnberg strömte eine Menge von Neugierigen herbei, um aus einiger Entfernung dem Brennen und Plündern der Feinde zuzuschauen.

Der Krieg löste sich immer mehr in kleine Unternehmungen auf, da auf beiden Seiten die Mittel zu größeren Aktionen fehlten. Über die ganzen Gebiete zwischen Nürnberg und Amberg freilich brach dadurch eine Leidenszeit herein, wie sie schlimmer nicht gedacht werden konnte. Ein Raubzug von der einen Seite wurde durch einen Plünderungsversuch der anderen Seite vergolten. Hunderte von Dörfern wurden niedergebrannt, das Vieh weggetrieben, die Leute niedergestoßen oder fortgeschleppt, im besten Falle konnten sie nach Anzug der Kriegshaufen zu ihren niedergebrannten Höfen zurückkehren. Bei diesen Zügen stützten sich die Nürnberger auf die neugewonnenen Plätze Hersbruck, Lauf, Altdorf, während die Pfälzer von Amberg, Neumarkt und Auerbach auszogen.

Doch machte sich in Nürnberg mehr und mehr der Geldmangel bemerkbar, so daß sich die Stadt gezwungen sah, den größten Teil seiner Truppen abzudanken. Das machten sich sofort die Pfälzer zunutze und unternahmen einen großen Einfall ins Schwarzachtal, wobei allein 50 Dörfer niedergebrannt wurden, darunter auch die Besitzungen der Muffel in Eschenau und Eckenheid. Auch Betzenstein wurde den Nürnbergern entrissen.

Allmählich wurde aber doch die Kriegsmüdigkeit auf beiden Seiten immer stärker, es kam zu Verhandlungen, die schließlich zu einem Waffenstillstand führten, der am 9. Februar 1505 begann und zu einer Art Vorfrieden am 13. April erweitert wurde.

Die Pfälzer jedoch wollten sich nicht daran halten, übermütig geworden durch das Fehlen eines Gegners; denn Nürnberg verfügte kaum mehr über Truppen und Albrecht kämpfte in Südbayern, fuhren sie fort, Nürnberger Gebiet zu verwüsten.

Endlich, am 30. Juli 1505 kam der Friede, der auch der so schwer heimgesuchten Oberpfalz Ruhe brachte. Aus den norbayerischen Gebieten der Wittelsbacher, die nur zum kleinen Teil an Albrecht fielen, wurde für die Söhne Rupprechts ein neues Herzogtum mit Sulzbach und Neuburg an der Donau herausgeschnitten, während der Hauptteil mit Amberg bei der Kurpfalz blieb. Für die Reichsstadt Nürnberg hatte der Krieg eine große Zunahme an Gebiet gebracht, so die Städte Lauf, Hersbruck, Altdorf und Velden, dann die Schlösser Betzenstein, Stierberg, Deinschwang, Hohenstein, Grünsberg und Henfenfeld, endlich die Vogtei über die Klöster Engelthal, Weißenohe und Gnadenberg. Als Entschädigung für seine Aufwendungen erhielt Nürnberg außerdem 20 000 Gulden; doch damit waren die Kosten bei weitem noch nicht gedeckt.

Noch einmal schien im Jahre 1506 der Kampf beginnen zu wollen, da die Pfälzischen Nürnberg diese Besitzungen nicht lassen wollten, namentlich Velden, das inzwischen notdürftig wieder aufgebaut worden war. Aber Kaiser Maximilian machte durch sein Eingreifen dem Streit ein Ende. Durch Tausch und Vergleich wurde jedoch von Nürnberg manches in den folgenden Jahren zurückgegeben.

*) Bei diesen Kämpfen belagerten die Böhmen auch die Burg Kallmünz, welche von der tapferen Bürgerschaft drei Tage lang gehalten wurde, bis sie der feindlichen Übermacht erlag. Dieses Ereignis bildet den geschichtlichen Hintergrund für das Heimatspiel "Bürgertreue", dessen Dichtung von Heinz Schauwecker stammt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen