Der Bayerische Erbfolgekrieg in den kurpfälzischen Staaten der Oberpfalz
Von Konstantin Trammer Jun.
Etwas über 500 Jahre sind jetzt verflossen, seit jener Krieg wütete, der weite Gebiete der Oberpfalz und Mittelfrankens in Mitleidenschaft zog und der gar manche Ruine, die heute noch steht, in diesen Gegenden geschaffen.
Der
Anlaß der war, wie der zu den meisten des Mittelalters, der Kampf um eine
Erbschaft. Der Herzog Georg der Reiche von der Landshuter Linie der
Wittelsbacher war gestorben, ohne Söhne als Erben zu hinterlassen. Zwar hatte
er für seine Lande den Erben schon bestimmt, sie sollten an seinen
Schwiegersohn, den Kurfürsten Rupprecht von der Pfalz, fallen. Aber er hatte
schon früher einen gegenseitigen Erbvertrag mit der Münchner Linie der Wittelsbacher
geschlossen und der damalige Vertreter dieses Geschlechts, Herzog Albrecht,
erkannte natürlich das Testament nicht an, wurde auch darin von König
Maximilian bestärkt, der sich ganz auf seine Seite stellte. Pfalzgraf Rupprecht
dagegen hatte seinen Pfälzer Besitz hinter sich, dazu auch die sogenannte
Oberpfalz, von der damals einige Pflegeämter wie Altdorf und Lauf bis
unmittelbar an Nürnberg heranreichten.
Nachdem
gütliche Verhandlungen nicht von Erfolg gekrönt waren, mußte die Entscheidung
der Waffen angerufen werden. Selbstverständlich suchten beide nach
Bundesgenossen. Da war es nun für Albrecht von großer Bedeutung, vor allem
gegen die oberpfälzischen Gebiete Rupprechts die von dessen Stammlanden
abgeschnitten waren und daher wehrlos schienen, Gegner zu finden. Er knüpfte
Verhandlungen an mit der Reichsstadt Nürnberg und versprach ihr einen Teil der
Eroberung zu überlassen, die sie ja in den benachbarten Gebieten der Oberpfalz
leicht machen könne. Unter solchen Bedingungen fand sich die Stadt Nürnberg
bereit, in den Kampf einzutreten. Nichts als Selbstsucht trieb also die Stadt
zu dem Entschluß, der für so weite Gebiete verhängnisvoll werden sollte.
Am 2.
Februar 1504 wurde der Vertrag zwischen der Stadt Nürnberg und Herzog Albrecht
abgeschlossen. Nach Müllners Annalen ging er dahin, daß beide Teile sich
verpflichteten sich gegenseitig in Gefahr mit 150 Reisigen und 450 Mann zu Fuß
beizustehen. Binnen 24 Stunden sollte Nürnberg gegen die Oberpfalz zu Felde
ziehen. Was sie an kurpfälzischen Gebieten erwerbe, sollte ihr gehören, auch
die Stadt Lauf, wenn es möglich sei, diese zu gewinnen. Wenn sie die Pflegämter
Hersbruck, Hilpoltstein und Heideck, die mit zu dem umstrittenen Erbe von Georg
gehörten, eroberten, dürfe sie eines davon behalten. Was sie sonst erobere,
müsse sie an Albrecht abtreten, doch erhalte sie dafür eine
Kriegskostenentschädigung bis zu 30 000 Gulden.
So
war es denn sehr im Interesse der Stadt, möglichst tatkräftig in den Krieg
einzugreifen. Zunächst traf man freilich Vorsichtsmaßnahmen, um nicht etwa
selbst von der Oberpfalz angegriffen werden zu können. Dann aber warb die Stadt
eine große Anzahl Söldner an, im ganzen 3000 Mann, für damalige Verhältnisse
eine ganz schöne Macht. Unter diesen Söldnern waren auch Böhmen unter dem Hauptmann
Janny Stieber, wilde, unbotmäßige Gesellen, die sich aber, wie der spätere
Verlauf zeigte, nicht besonders gut schlugen. Vor allem aber gab es dauernd
Streitigkeiten zwischen den Deutschen und den Böhmen, "nit allein irer
sprach, sunder auch irer were, manir und sitten halber" wie ein
zeitgenössischer Chronist berichtet. Man verlegte daher die Böhmen außerhalb
der Stadt in den Ort Wöhrd und ermahnte sie "nit zu stelen und die wirt zu
bezalen".
Erst
am Fronleichnamstag 1504 erfolgte die Absage der Stadt an Rupprecht von der
Pfalz. Der Grund war bald gefunden. Die Stadt hatte schon mehrmals
Streitigkeiten mit kurpfälzischen Beamten in der Oberpfalz gehabt, das wurde
jetzt vorgebracht.
Noch
am nämlichen Tage zog das Nürnberger Heer neben den 3000 Fußknechten noch etwa
500 Reiter, unter den Feldhauptleuten Andreas Tucher und Schürstab, sowie
Harsdörfer gegen die Stadt Lauf. An Geschützen führten sie drei große
Kartaunen, 14 langrohrige Feldschlangen und etwa 30 Hackenbüchsen mit.
Der
Marsch erlitt aber bald eine Verzögerung, weil eine Kartaune über einen Abhang
hinunterfiel, dabei ein paar Mann erschlug und nur mit sehr großer Mühe wieder
emporgebracht werden konnte.
An
einem Sonntagmorgen, es war der 8. Juni 1504, langte das Heer vor Lauf an.
Schauen
wir uns nun einmal dieses Nürnberger Heer das vor Lauf lag, an. Zunächst waren
da einmal etwa 1500 Soldatenknechte, die in Franken geworben worden waren. Die
großen bärtigen Gesellen, mit ihren geschlitzten mehrfarbigen Hosen, ihren
weiten Schlapphüten mit wallenden Federn, ihren langen Spiesen und schweren
Schwertern machten einen recht kriegerischen Eindruck. Zu ihnen kamen etwa 800
Seeknechte, d. h. Söldlinge, die am Bodensee, wo das "Reislaufen", d.
h. das Anwerben lassen sehr gebräuchlich war, angeworben worden waren. An
Böhmen befanden sich im Heer etwa 500, die eine ganz eigentümliche Bewaffnung
aufwiesen. Sie führten sogenannte "Pafesen", das waren hohe Schilder,
die nach unten schmäler wurden und in eine starke eiserne Spitze ausliefen. Mit
dieser konnten sie in die Erde gestoßen werden und bildeten dann, da sie an den
Seiten mit Haken zusammengeschlossen werden konnten, eine fast
undurchdringliche Linie, die sich sehr gut für die Verteidigung, weniger
freilich für den Angriff eignete. Als Trutzwaffe hatten sie Ahlspitze (wie sie
jetzt noch im germanischen Museum zu sehen sind), die außer der Spitze auch mit
einem starken Haken versehen waren, mit dem man Reiter vom Pferd reißen konnte.
Außerdem führten die Böhmen auch Hackenbüchsen.
Die
Reiterei endlich, war meist geharnischt oder trug das Lederkoller. Sie sollte
im Kampfe den Ausschlag geben.
An
die Stadt Lauf wurde noch am nämlichen Tag die Aufforderung geschickt, sich zu
ergeben. Aber der Pfleger von Lauf, Christof von Leutersheim, ließ den Unterhändler
überhaupt nicht vor.
So
begannen denn die Nürnberger mit ihren Kartaunen und Feldschlangen die Stadt zu
beschießen. Die ganze Nacht hindurch währte das Feuer, wurde auch von der
Stadt, in der freilich verschiedene Brände ausbrachen, tapfer erwidert.
Am 9.
Juni gegen Mittag bereiteten sich die Nürnberger zum Sturm vor. Nun aber
erschien der Pfleger von Lauf selbst im Lager seiner Gegner und bat um
Waffenstillstand, der ihm auch auf zwei Stunden gewährt wurde. Doch benützte
der Pfleger diese Frist nur dazu, um heimlich die Stadt zu verlassen und sich
nach Hersbruck zu retten.
Die
Ratsherren von Lauf wußten sich nun nicht mehr zu helfen, sie wagten es nicht,
es auf einen Kampf ankommen zu lassen, sondern übergaben ohne Schwertstreich
die Stadt. Dafür wurde ihnen von Tucher Schonung ihres Leibes und Gutes
zugesichert.
Das
war aber den Söldlingen ganz und gar nicht recht. Obwohl der Kriegsbrauch nur
für eine gestürmte Stadt Plünderung vorsah, verlangten sie eine solche drohend.
Trotzdem wurde ihnen ihr Begehren abgeschlagen, da ja nun Lauf nach dem Vertrag
Nürnberg gehörte und diese Stadt sich doch nicht ihren eigenen Besitz zerstören
lassen wollte.
So
gab es gleich am Anfang eine Revolte im Nürnberger Lager, die nur durch
Gewährung eines hohen Sturmgeldes, das Lauf zahlen mußte, beigelegt werden
konnte.
Die
Bürgerschaft Laufs mußte dem Nürnberger Rat den Untertaneneid leisten.
Nach
diesem ersten, freilich recht leichten Sieg zogen die Nürnberger weiter,
berannten und erstürmten die Schlösser Henfenfeld, Reichenschwand und Happurg.
Die Burg Reicheneck, welche sich tapfer wehrte, wurde völlig niedergebrannt,
die Besatzung bis auf den letzten Mann niedergemacht.
Am
12. Juni erschienen die Nürnberger vor dem nur wenig geschützten Hersbruck, um
auch diese Stadt in ihren Besitz zu bringen. Inzwischen war jedoch auch
Pfalzgraf Rupprecht nicht untätig gewesen. Obwohl auf allen Seiten von Feinden
bedroht, verlor er nicht den Mut, fand sogar noch Zeit, auf seine Gegner ein
Trutzliedchen zu dichten:
Bund hab stark und brich nit
Römischer König, du hast es nit
Albrecht hats in der Taschen nit
Württemberg fleucht vor mir nit
Nürnberg übergibt uns nit.
Von
der Donau her war er mit seinem Heer von 600 Fußsoldaten und 400 Reitern vor
Amberg gezogen, um zunächst diese wichtige Stadt, die ihm sowieso gut gesinnt
war, in Besitz zu nehmen. Auf diesem Zuge begleitete ihn seine Gemahlin
Elisabeth. Im vollen Waffenschmuck, einen zierlichen Streitkolben in der Hand,
ritt sie neben ihrem Mann an der Spitze des Heeres.
Ohne
Widerstand öffnete Amberg seine Tore, Rupprecht ließ sich den Treueid leisten
und zog nach Neunburg vorm Wald, das sich ihm ebenfalls ergab. Die mittlere
Oberpfalz war nun in seinem Besitz, nur Schmidmühlen, Burglengenfeld,
Schwandorf und vor allem Sulzbach hielten noch zu Albrecht.
Gegen
diese Orte sollten nun die Amberger selbst vorgehen, Rupprecht begab sich nach
Böhmen, um von dort Hilfe zu holen.
Inzwischen
waren die Nürnberger auch vor Hersbruck vom Glück begünstigt worden. Die Stadt
fühlte sich zum Widerstand zu schwach und ergab sich wieder gegen die
Zusicherung, daß die Stadt nicht geplündert werde.
Das
war nun den Böhmen zu viel, sie verweigerten den Gehorsam und gingen auf die
Stadt los. Die Nürnberger Hauptleute suchten nun mit ihnen zu verhandeln, den
Sprecher machte Hans Harsdörfer, der etwas böhmisch konnte, als das nichts
fruchtete, wurden die deutschen Soldknechte gegen die Böhmen aufgeboten, die
sich nun hinter ihren "Pafesen" verschanzten und aus ihren
Hackenbüchsen das Feuer eröffneten.
Da
wurden die Deutschen grimmig, sie gingen gegen die Böhmen los, zersprengten
einen Teil von ihnen. Die übrigen verblieben zwar beim Heere, mußten aber
nochmals feierlich Gehorsam schwören und waren auch weiterhin bei den
Soldatenknechten scheel angesehen.
Von
Hersbruck aus, wo das Heer etwa 14 Tage blieb, wandte es sich nach Altdorf.
Dort ging die Sache freilich nicht so glatt vor sich, die Stadt wehrte sich
aufs tapferste. So war es denn nötig, daß die Nürnberger ihre großen Geschütze
spielen ließen. Man baute die drei Kartaunen, die Fischerin, die Eule und den
Falken ein und beschoß die Stadt. Auch ein Sturmversuch wurde unternommen, der
jedoch mißlang. Schließlich kam es zu Unterhandlungen, die Besatzung von
Altdorf durfte abziehen, die Stadt mußte den Nürnbergern huldigen.
Damit
waren die größeren Unternehmungen zunächst beendet, während die Stadt Nürnberg
zu einem großen Schlag rüstete, wurde das Heer in vier Haufen geteilt, von
denen jeder auf eigene Faust losziehen sollte.
Raubend
und mordend, sengend, plündernd und schändend wälzten sich die Nürnberger
Haufen durch die ganze fränkische und Hersbrucker Schweiz. Sie überfielen hier
ein Schloß, plünderten dort ein Dorf, zündeten einzelne Gehöfte an, obwohl dies
eigentlich vom Nürnberger Rat verboten war, gingen bei dem allen aber größeren
gegnerischen Plätzen aus dem Wege. Schloß und Markt Betzenstein wurden
eingenommen. Schloß Stierberg fiel, der Markt Königstein, der sich tapfer
wehrte, wobei der Böhmenhauptmann Janny Stieber erschlagen ward, wurde
vollständig ausgeplündert und niedergebrannt.
Dann
vereinigten sich zwei Haufen unter der Führung der Hauptleute von Haugwitz und
Peßler zu einem Unternehmen gegen Velden im Pegnitztal, das ihnen auch in die
Hände fiel. Sie ließen eine kleine Besatzung dort zurück und zogen dann weiter
"ins Gebirge" hinein.
Die
erfuhr der kurpfälzische Pfleger zu Auerbach, Balthasar von Seckendorf, und
rückte nun gegen Velden heran. Aber die nämlichen Bürger, welche die Stadt
soeben kampflos den Nürnbergern übergeben, wehrten sich jetzt auf das
tapferste, obwohl die nürnbergische Besatzung in Velden schon auf die Kunde vom
Anrücken des Gegners hin das Weite gesucht hatte.
Dreimal
liefen die Auerbacher vergebens Sturm. Seckendorf kochte vor Wut. Da bediente
er sich der List. Er knüpfte zum Schein Unterhandlungen mit Velden an; während
die Bürger sich schon gerettet glaubten und die nötige Sorgfalt unterließen,
unterhöhlten die Pfälzer von der Pegnitz her die Mauer, drangen in die Stadt
ein und öffneten die Tore.
Schrecklich
hausten die Pfälzer in dem Städtchen. Eine große Zahl der vornehmsten Bürger,
auch der Bürgermeister, fielen unter dem Schwert, ein anderer Teil wurde
gefangen fortgeführt, der Ort selbst vollständig eingeäschert.
Durch
einen anderen Haufen wurde der Markt Lauterhofen eingenommen und geplündert.
Inzwischen
hatte der Rat von Nürnberg seine Rüstungen beendet, rief seine Haufen zurück
und setzte sein ganzes Heer von über 3000 Mann und 250 Panzerreitern in Marsch
gegen die Stadt Neumarkt. Führer war der schon früher erwähnte Andreas Tucher
und Jakob Muffel. Die schweren Geschütze, welche schon vor Altdorf gedonnert,
waren wieder dabei; das Hauptstück aber war die "Sebaldin", welche
Steinkugeln von einem halben Meter Durchmesser und 2½ Zentnern Gewicht schleuderte.
Bei
dem Dorf Pölling im Nordwesten von Neumarkt schlug das Heer sein Lager auf; an
eine Umzingelung der Stadt jedoch war nicht zu denken, dazu reichte die
Nürnberger Mannschaft nicht aus. Das war nun freilich ein großer Vorteil für
die Neumarkter; eine Aushungerung hatten sie nicht zu befürchten, auch Hilfe
konnte ihnen ohne weiteres zugeführt werden. So kamen neben anderen
Verstärkungen, namentlich auch von Ansbach einmal 300 Reisige mit zahlreichem
Geschütz.
Auch
fehlte es den Neumarktern nicht an Mut und Unternehmungslust. Sie belästigten
fortwährend die Nürnberger beim Aufstellen ihres Geschützes, ja sie unternahmen
sogar einen kühnen Handstreich gegen das Nürnberger Lager, der freilich
mißlang.
Aber
auch sonst hatten die Nürnberger das Pech auf ihrer Seite: so hatten sie schon
verschiedene male Pech beim Aufstellen der Kartaunen und als diese endlich in
Stellung gebracht waren, konnten sie nicht viel damit ausrichten. Zwar legten
sie eine Bresche von etwa 50 Meter in die Stadtmauer, aber diese wurde sofort
mit Faschinen verstopft.Zum Sturm fehlte es aber an Leuten.
Da
nun inzwischen aus Amberg neue Verstärkungen abgegangen waren, wurde die Lage
unhaltbar: am 29. Juli 1504, nach einer Belagerung von nicht ganz drei Wochen,
zogen die Nürnberger Truppen unverrichteter Dinge wieder heim, von den
Neumarktern mit Hohn und Spott verfolgt.
Aber
nicht nur diese eine Sache lief für die Pfälzer günstig aus, es schien ihnen in
der ganzen Oberpfalz das Glück zu lächeln. Amberg war der Mittelpunkt, von dem
aus die ganze Oberpfalz, soweit sie noch zu Albrecht hing, heimsuchten. Ein
Dorn im Auge war ihnen vor allem Sulzbach, das sich unter Pfleger Albrecht
Stüber sehr gut hielt.
Eine
große Anzahl von Ortschaften gingen in diesen wechselvollen Kämpfen in Flammen
auf, so Arzfeld, Breitenbrunn, Rosenberg und Schöpfendorf, zunächst konnten
jedoch die Amberger nicht viel ausrichten, da in Sulzbach eine starke Besatzung
lag, welche auch verschiedene Ausfälle in die Amberger Umgebung unternahm.
Mehr
Glück hatten dagegen die Pfälzer bei ihren kleinen Unternehmungen, die sie von
Amberg aus ins Werk setzten. Am 29. Juni überfielen sie den Markt Schmidmühlen
am Einfluß der Lauterach in die Vils, plünderten den Ort aus und führten die
Beute auf einem Schiff nach Amberg. Auch Schwandorf mußte sich ergeben und
wurde völlig niedergebrannt. Ähnlich erging es Burglengenfeld, wo nur die
starke Burg einigen Widerstand leistete. Damit war der ganze Nordgau in die
Hand Rupprechts gekommen, nur noch Sulzbach hielt zu Albrecht und gegen diesen
plante man einen großen Schlag. Zu diesem Zweck wurde aus Böhmen, das sich mit
Rupprecht verbündete, ein gewaltiges Heer herbeigerufen. Mit diesem verband
sich der Vizthum von Amberg und so sah Sulzbach Mitte Juli ein Heer von fast 15
000 Mann mit zahlreichem Geschütz vor seinen Mauern. Dem hätte Stüber, der
Verteidiger der Stadt nur etwa 600 Mann entgegenzustellen, aber auch die Bürger
Sulzbachs beteiligten sich aus Sorge um Leib und Gut mit Mut und Eifer an der
Verteidigung.
Stüber
ließ die Stadt reichlich mit Proviant versorgen, soweit dies in der Kürze der
Zeit noch möglich war, dann brannte er, um freies Schußfeld zu haben und dem
Gegner auch ein Festsetzen unmittelbar bei der Stadt zu verwehren, selbst alle
Gebäude außerhalb der Mauern nieder, ja er ließ sogar die Obstbäume
niederlegen.
Das
pfälzische Heer ließ bei seiner Ankunft vor Sulzbach zunächst eine
Aufforderung zur Übergabe ergehen, die
aber von Stüber zurückgewiesen wurde. Nun begann die Beschießung, namentlich
vom Annaberg und vom Galgenberg. Dagegen versäumte es der Angreifer, die Stadt
vollkommen zu umzingeln und einzuschließen und so war es möglich, daß eine
stärkere Truppe von Nürnberg her den Belagerten zu Hilfe eilen konnte, was nun
den Mut der nun recht beträchtlichen Besatzung wesentlich erhöhte. Das Feuer
der Amberger wurde kräftig erwidert, schon nach kurzer Zeit war fast die Hälfte
der Amberger Geschütze unbrauchbar geworden.
Noch
einmal versuchten die Pfälzer und Böhmen durch Verhandlungen zu ihrem Ziel zu
gelangen, aber Stüber wies wiederum jeden Gedanken an Übergabe weit von sich,
obwohl die Lebensmittel in Sulzbach schon knapp wurden.
Nun
probierten die Amberger durch unterirdische Gänge die Mauern zu unterhöhlen um
so einzudringen, aber das scheiterte an der Härte des Bodens ‑ Sulzbach steht
ja zum Teil auf Fels ‑ und an der Umsicht der Belagerten.
Plötzlich
verbreitete sich die Nachricht, Herzog Albrecht nahe mit 20 000 Mann um
Sulzbach zu entsetzen. Darüber erschraken die Belagerer, namentlich die
Amberger, welche nun um ihre Stadt derart bangten, daß sie die Belagerung
aufhoben und abzogen.
Damit
waren die Kämpfe in der Oberpfalz wieder für kurze Zeit zum Stillstand
gekommen, dafür begannen überall Seuchen, hauptsächlich die Ruhr zu wüten. An
dieser Krankheit starb am 20. August auch Pfalzgraf Rupprecht, nur 24 Jahre
alt.
Auf
den Fortgang des Krieges hatte dies aber keinen Einfluß, die Gattin und ihre
Verbündeten setzten den Krieg fort, doch zogen sich die Hauptkämpfe weiter nach
Süden in die Nähe von Regensburg*), wo die Böhmen, obwohl sie, wie eine Chronik
sagt, "Schilde so groß wie ein Stadttor" hatten, bei Schönberg völlig
geschlagen wurden.
Ganz
ruhte jedoch auch in den westlichen Gebieten der Pfalz der Kampf nicht. Vor
allem konnten die Neumarkter den nürnbergischen Angriff nicht vergessen und
gedachten nun Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wenngleich sie natürlich
nicht an eine Eroberung der Stadt Nürnberg denken konnten. Aber wenigstens
wollten sie auch im Nürnberger Gebiet ihren Teil an Beute holen. Mitte
September machten also die Pfälzer mit 2000 Mann von Neumarkt aus einen
verheerenden Einfall in das Nürnberger Land.
Zunächst
kamen sie nach Feucht, nachdem sie an Altdorf vorbeigezogen waren. Die Bürger
von Feucht waren auf einen Überfall nicht gefaßt, da sie zwar von dem drohenden
Einfall Kenntnis erhalten hatten, aber sich so nahe vor Nürnberg in Sicherheit
fühlten. Mitten in der Nacht fielen nun die Pfälzer über den unglücklichen Ort
her, plünderten ihn aus und brannten ihn bis auf das letzte Haus nieder. Nur
die Kirche bleib stehen, alles Wertvolle jedoch wurde aus ihr mitgenommen.
Dann
drangen die Pfälzer weiter vor und brannten Schwarzenbruck und Glaishammer
nieder, ja sogar den Eisenhammer beim Dutzendteich. Mächtig lohten überall die
Flammen auf; aus Nürnberg strömte eine Menge von Neugierigen herbei, um aus
einiger Entfernung dem Brennen und Plündern der Feinde zuzuschauen.
Der
Krieg löste sich immer mehr in kleine Unternehmungen auf, da auf beiden Seiten
die Mittel zu größeren Aktionen fehlten. Über die ganzen Gebiete zwischen
Nürnberg und Amberg freilich brach dadurch eine Leidenszeit herein, wie sie
schlimmer nicht gedacht werden konnte. Ein Raubzug von der einen Seite wurde
durch einen Plünderungsversuch der anderen Seite vergolten. Hunderte von
Dörfern wurden niedergebrannt, das Vieh weggetrieben, die Leute niedergestoßen
oder fortgeschleppt, im besten Falle konnten sie nach Anzug der Kriegshaufen zu
ihren niedergebrannten Höfen zurückkehren. Bei diesen Zügen stützten sich die
Nürnberger auf die neugewonnenen Plätze Hersbruck, Lauf, Altdorf, während die
Pfälzer von Amberg, Neumarkt und Auerbach auszogen.
Doch
machte sich in Nürnberg mehr und mehr der Geldmangel bemerkbar, so daß sich die
Stadt gezwungen sah, den größten Teil seiner Truppen abzudanken. Das machten
sich sofort die Pfälzer zunutze und unternahmen einen großen Einfall ins
Schwarzachtal, wobei allein 50 Dörfer niedergebrannt wurden, darunter auch die
Besitzungen der Muffel in Eschenau und Eckenheid. Auch Betzenstein wurde den
Nürnbergern entrissen.
Allmählich
wurde aber doch die Kriegsmüdigkeit auf beiden Seiten immer stärker, es kam zu
Verhandlungen, die schließlich zu einem Waffenstillstand führten, der am 9.
Februar 1505 begann und zu einer Art Vorfrieden am 13. April erweitert wurde.
Die
Pfälzer jedoch wollten sich nicht daran halten, übermütig geworden durch das
Fehlen eines Gegners; denn Nürnberg verfügte kaum mehr über Truppen und
Albrecht kämpfte in Südbayern, fuhren sie fort, Nürnberger Gebiet zu verwüsten.
Endlich,
am 30. Juli 1505 kam der Friede, der auch der so schwer heimgesuchten Oberpfalz
Ruhe brachte. Aus den norbayerischen Gebieten der Wittelsbacher, die nur zum
kleinen Teil an Albrecht fielen, wurde für die Söhne Rupprechts ein neues
Herzogtum mit Sulzbach und Neuburg an der Donau herausgeschnitten, während der
Hauptteil mit Amberg bei der Kurpfalz blieb. Für die Reichsstadt Nürnberg hatte
der Krieg eine große Zunahme an Gebiet gebracht, so die Städte Lauf, Hersbruck,
Altdorf und Velden, dann die Schlösser Betzenstein, Stierberg, Deinschwang,
Hohenstein, Grünsberg und Henfenfeld, endlich die Vogtei über die Klöster
Engelthal, Weißenohe und Gnadenberg. Als Entschädigung für seine Aufwendungen
erhielt Nürnberg außerdem 20 000 Gulden; doch damit waren die Kosten bei weitem
noch nicht gedeckt.
Noch
einmal schien im Jahre 1506 der Kampf beginnen zu wollen, da die Pfälzischen
Nürnberg diese Besitzungen nicht lassen wollten, namentlich Velden, das
inzwischen notdürftig wieder aufgebaut worden war. Aber Kaiser Maximilian
machte durch sein Eingreifen dem Streit ein Ende. Durch Tausch und Vergleich
wurde jedoch von Nürnberg manches in den folgenden Jahren zurückgegeben.
*) Bei diesen Kämpfen belagerten die Böhmen auch die Burg Kallmünz,
welche von der tapferen Bürgerschaft drei Tage lang gehalten wurde, bis sie der
feindlichen Übermacht erlag. Dieses Ereignis bildet den geschichtlichen
Hintergrund für das Heimatspiel "Bürgertreue", dessen Dichtung von
Heinz Schauwecker stammt.
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