Samstag, 1. August 2015

Bernhard von Weimar

Der Verheerungszug des Schweden‑Generals Bernhard v. Weimar durch die Oberpfalz in den Jahren 1633 u. 1634.

 Die als 30jähiger Krieg in der Weltgeschichte mit blutiger Schrift verzeichnete Periode großer Kämpfe, die unsägliches Elend zur Folge hatten, ließen fast kein umfangreiches Gebiet deutscher Erde verschont. So wurden auch bedeutende Strecken bayerischen Landes, besonders aber die Territorien der Oberpfalz von den Schrecken der Kriegsfurie heimgesucht. Die Geschichten vieler Landesteile, zahlreicher Städte, Märkte und Dörfer, Klöster und Burgen zeigen die traurigsten Bilder der Vernichtung und namenlosen Unglücks; und noch immer sind die Quellen für die Geschichte dieser 30jährigen Schreckenszeit nicht erschöpft.

Nachfolgende Ausführungen zeigen in Kürze die Verheerungen, welche die Truppen des Herzogs Bernhard v. Weimar in der Oberpfalz verursacht haben.

Bernhard v. Weimar, geboren 1604 als der jüngste Sohn des Herzogs Johann von Sachsen‑Weimar, war nach vielfachen Wechselfällen einer der ersten, die 1630 auf die Seite des Schwedenkönigs Gustav Adolf traten; nach dem Tode des letzteren übernahm er den Oberbefehl in Franken, das er als schwedisches Lehen zum Herzogtum erhalten und machte von da aus seine Einfälle in die Oberpfalz. Der Krieg wurde immer wütender und grausamer; jedoch muß bemerkt werden, daß die Grausamkeiten des Krieges vielfach von deutschen Kriegern ausgeübt wurden; bestand ja die schwedische Armee zum großen Teil aus deutschen Landsknechten.

Die Schweden hatten im März 1633 Bamberg eingenommen; ihre Infanterie wurde in und um Bamberg einquartiert, die Reiterei sollte ihre Quartiere in der Oberpfalz nehmen. In der Nacht vom 1. auf den 2. März trat der schwedische General Bulach mit den Regimentern Ohm und Courville den Marsch nach der Oberpfalz an. Am 5. war er in Ebermannstadt und Pretzfeld.

Auf kurpfälzischer Seite war der berühmte Reitergeneral Johann von Werth zum Generalkommandanten der Oberpfalz ernannt worden. er zog den Schweden mit seinen 16 Kompanien von Amberg aus entgegen und überfiel sie in der Nacht vom 5. auf den 6. März. Eine auf dem Rückzug von Ebermannstadt begriffene bayerische Truppenabteilung wurde vom schwedischen Rittmeister Rosa, der Creussen besetzt hielt, bei Schnabelwaid angegriffen und versprengt; ebenso wurde von ihm ein großer Wagenpark Mehl, der von Auerbach nach Rotenberg transportiert werden sollte, erbeutet.

Daraufhin zog Johann von Werth am 16. März mit 5000 Mann und etlichen Feldschlangen vor die Stadt Creussen. Die schwedische Besatzung gab alsbald den Widerstand auf und setzte sich nach Bayreuth ab. Während der Bürgermeister am 16. März mit Johann von Werth wegen der Übergabe verhandelte, drangen die Bayern in die Stadt und plünderten den ganzen Tag. Oberpfälzische Bauern mußten den Raub wegführen. Jedem Soldaten wurde befohlen, sein Quartier anzuzünden. Der Bürgermeister Simon Göring von Creussen, der den Vorfall miterlebte, schrieb in das Stadtbuch: "Gott im Himmel sei es geklagt, das Städtlein Kreussen ist jämmerlich und erbärmlich eingeäschert worden, das in der ganzen Stadt nicht ein einziges Haus stehen geblieben ist. Verbrannt ist auch das alte fürstliche Schloß, der Kirchturm nebst 3 schönen Glocken, dann auch alle anderen Stadttürme sechs an der Zahl — item das Pfarrhaus, das Kaplanhaus, die drei Schul– und Kirchendienerwohnungen, das Rathaus. ... Mit schwerer Not ist bloß die Pfarrkirche und die Kapelle neben dem Siechenhaus gerettet worden. ... Die Gottvergessenen, verteufelten Krieger haben dann auf dem Kappelberg Halt gemacht, und wie alle Häuser und Gebäu lichterloh brannten, haben sie die Trompeten geblasen und sind gesprungen vor lauter Freud." 

Bei dieser Gelegenheit wurde außer Creussen auch Schnabelwaid und andere umliegende markgräfliche Orte geplündert und abgebrannt.

Bernhard v. Weimar zog nach Regensburg und belagerte dort mit 24 000 Mann die Reichsstadt und erstürmte sie nach hartnäckiger Gegenwehr. Die Schweden drangen in die Frauenklöster und mißhandelten die Nonnen, brachen in das Benediktinerkloster St. Emmeram ein und vernichteten die kostbare Bibliothek, welche die Äbte seit Jahrhunderten mit großen Kosten angelegt. Der Bischof Albert IV. wurde gefangengenommen und erst gegen eine Brandschatzung von 100.000 Talern wieder in Freiheit gesetzt. Trotz des einbrechenden Winters zog dann Herzog Bernhard v. Weimar mit seinen raub– und zerstörungswütigen Scharen donauabwärts, zerstörte die Burg Donaustauf und das altehrwürdige Kloster Frauenzell. Die Burgen Brennberg und Heilsberg sanken in Asche. Wiesent wurde geplündert und in Brand gesteckt. Wörth a. d. Donau zum größten Teil samt dem bischöflichen Schloß in einen Schutthaufen verwandelt, Falkenstein zerstört.

Der schwedische Oberst Taupadell eroberte Burglengenfeld, rückte dann mit einem Dragoner‑Regiment gegen die Stadt Cham und besetzte im Einverständnis mit den protestantischen Bürgern die Stadt, die um der Plünderung zu entgehen 7083 Reichstaler bezahlen mußte, Sie brachte aber nur 1055 fl. in Gold und 230 fl. Silbergeschmeide zusammen; das übrige mußte in Obligationen erlegt werden, deren Tilgung erst nach mehreren Jahren erfolgte. Von Cham aus betrieb Taupadell eine systematische Plünderung aller Orte. Furth, Eschelkam, Arnschwang, Roding und Nittenau fielen in die Hände der Schweden und erfuhren das schwere Schicksal der Plünderung oder Verwüstung mit Feuer und Schwert.

Bekannt sind die Grausamkeiten, welche die Schweden in der Oberpfalz verübten. Sie zerquetschten den Leuten, welche ihre Forderungen nicht erfüllen konnten oder wollten, mittels Flintenschlösser die Finger oder wendeten andere grausame Foltern an. In der Nähe von Cham legten sie einem Bürger, der sich ihrer Raubsucht widersetzte, zwischen zwei Bretter und schnitten ihn mit der Säge wie einen Baum mitten entzwei. Sehr oft wurden die Leute zu Geständnissen gepreßt durch den sog. "Schwedentrunk". Man warf das unglückliche Opfer gefesselt auf den Boden, sperrte ihm mittels eines Pflockes den Mund auf und goß dann so viel Jauche hinein, bis der Leib ganz aufgetrieben war. Hierauf sprangen die Bestien mit beiden Füßen auf den Körper, so daß die Jauche wieder aus dem Munde herausquoll. Wenn nicht der Tod eintrat oder ein Geständnis erfolgte, begann die Prozedur von neuem.

Die Schwedisch–Birkenfeldische Armee, unter dem Befehl des Generals Viztum stehend, rückte von Norden gegen Sulzbach und Vilseck. Über die Eroberung von Vilseck berichtet eine Dominikanerin aus Bamberg, welche ein Tagebuch führte, also: "den 11. Januar haben die Schweden Vilseck eingenommen, darin nur etliche 20 kaiserliche Soldaten gelegen seint. Als die Schweden am Freitag früh, da man den Gottesdienst gehalten, kummen seint, da seint die Soldaten aufs Schloß und die Bürger haben die Thore selbst aufgehieben und die Schweden hinein gelassen. Da haben sie die 2 geistlichen Herren gefangen genommen, aber sonst keinen Schaden gethan, Der Pfarrherr ist gleich wieder ledig erbeten worden, aber den anderen haben sie um 500 Thaler geschatzt und hinweggeführt."

Am 1. Februar machte der Kommandant v. Wahl einen Ausfall nach Sulzbach und nahm in einem Hinterhalt den schwedischen Kommandanten Grafen v. Witgenstein, 2 Rittmeister, einen Hauptmann, zwei Leutnants, 1 Cornet und viele Soldaten gefangen.

Bald darauf wollte Wahl auch Vilseck den Schweden entreißen; das mißlang aber. Er verlor 40 Mann und war bereits selbst in Gefangenschaft geraten, wurde jedoch von seinen Dragonern wieder befreit. Ein Zug gegen Velburg mißlang ebenfalls; der bayerische Anführer Peter Rehm wurde gefangen. Unterdessen verhandelte Wallenstein mit Herzog Bernhard v. Weimar, der sich zu Regensburg aufhielt. Wallenstein wollte mit seinem Heer zu den Schweden übertreten. Herzog Albrecht von Lauenburg machte dabei den Unterhändler; doch die Ermordung Wallensteins machte alle Verhandlungen zunichte. Als Berhnard v. Weimar davon Kunde erhielt, marschierte er sofort nach Weiden und Tirschenreuth, um vielleicht einen Teil der Wallensteinschen Truppen an sich zu ziehen. Als ihm das nicht gelang, faßte er den Plan, die ganze Oberpfalz an sich zu reißen. Das feste Schloß Waldeck konnte er nicht bezwingen, wohl aber nahm er am 12. März die Stadt Kemnath ein.
Bernhard gedachte nun auch gegen Amberg vorzurücken. Aber der alte General Horn riet davon ab, weil die Stadt einen tapferen Krieger, den Grafen v. Wahl zum Kommandanten und außerdem eine namhafte Besatzung und starke Befestigung habe. Überdies wurden die Schweden durch die in der Stadt herrschende Pest zurückgehalten. Bernhard nahm nun seinen Weg nach Auerbach und von da nach Kronach. In Auerbach ließ er den schwedischen Hauptmann Troppau mit Besatzung zurück. Die Bürgerschaft zog den Schweden entgegen und begrüßte sie als Freunde, ebenso machte es die Bürgerschaft in Eschenbach, Kemnath, Cham, Neumarkt. Die Schweden stellten an all ihre Orten sofort wieder den lutherischen Gottesdienst her. Allein die schwedische Herrschaft sollte nicht lange dauern.

Der kaiserliche General Gallas rückte Mitte März von Böhmen mit 25.000 Mann in die Oberpfalz ein um die schwedischen Besatzungen zu verjagen. Waldmünchen, Rötz, Neuburg v. W. und Schwandorf ergaben sich sofort. Cham verteidige sich hartnäckig, mußte aber seinen Widerstand schwer büßen. Am 20. März wurde die Stadt von Piccolomini eingenommen.

In Auerbach nahm die schwedische Herrschaft am 17. April ein Ende. Hauptmann Ernst Schnabel zog von der Feste Rothenberg mit 200 Mann vor das Städtchen Auerbach und forderte die schwedische Besatzung und die Bürgerschaft zur Kapitulation auf. Da man zögerte, die Tore zu öffnen, ließ Hauptmann Schnabel zum Sturm blasen. Beim unteren und mittleren Tor überstiegen die 200 Soldaten mit Hilfe einiger Bürger die Stadtmauer und drangen in die Stadt ein. Die schwedischen Besatzungen wurde gefangengenommen und unter das bayerische Militär gesteckt. 14 Schweden wurden niedergemetzelt, 7 entkamen durch die Flucht, die Stadt aber wurde 24 Stunden lang zur Plünderung freigegeben.

Was das bedeutet, können wir heute kaum mehr ahnen. Es war kein Raum, kein Schrank in Auerbach, der nicht von den Landsknechten durchwühlt worden wäre. Aus der Stadtkammerkasse wurden 3200 Gulden geraubt. Die Bürger mußten für ihre schwedischen Sympathien schwer büßen. Der Magistrat wurde auf Befehl des Landrichters, der nach Pottenstein geflohen war, gefangen gesetzt und unter Beschuldigung des Hochverrats nach Amberg verbracht.

Die Kaiserlichen Truppen hatten inzwischen Regensburg erobert und sich bei Nördlingen mit 12.000 Spaniern verstärkt. Bernhard v. Weimar und Horn wollten der Stadt Nördlingen zu Hilfe kommen, verloren aber am 6. September die mörderische Schlacht. Durch diese Niederlage war die Macht der Schweden für lange Zeit gebrochen. Die Schweden hatten 10.000 Tote und Verwundete verloren 64 Geschütze und 4000 Gepäckwagen. Herzog Bernhard trat jetzt in die Dienste Frankreichs und faßte den Plan, im Elsaß eine neue Herrschaft zu gründen, starb aber am 18. Juli 1639 eines plötzlichen Todes.

Von den Verheerungen, welche die Truppen Herzog Bernhards in der Oberpfalz angerichtet hatten, konnte sich das Land erst nach vielen Jahren erholen. Ganze Märkte und Dörfer waren bis auf wenige Bewohner verdorben und gestorben. Nicht selten wanderten Männer wie lebende Skelette wahnsinnig auf den Trümmern ihrer niedergebrannten Behausungen umher und forschten nach ihren Familienangehörigen. Alle Bande der Sittlichkeit hatten sich gelöst; Kunst und Wissenschaft waren in Verfall gekommen, die Zahl der Studierenden an den Gymnasien war auf mehr als die Hälfte herabgesunken. Erst allmählich erholte sich das Land wieder, aber schon nach 7 Jahren — 1641 — standen die Schweden neuerdings in der Oberpfalz.


(Manuskript von 1910, Autor unbekannt )

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