Kirchenödenhart
Von Antonie v. Tänzl
(1954)
Der
Tod des im Februar 1954 heimgegangenen letzten Sprossen eines
angesehenen Regensburger Patriziergeschlechtes, Dr. Felix Freiherr v.
Thon-Dittmer veranlaßt mich, von dem abgelegenen und Untergegangenem
Kirchenödenhart zu erzählen. Ende des 17. Jahrhunderts besaß nämlich der
damalige Bürgermeister von Regensburg, Freih. v. Thon-Dittmer, nicht
nur das schöne Patrizierhaus am Haidplatz (heute noch Thon-Dittmerhaus
genannt), sondern auch die Herrschaft Kirchenödenhart im Kreis
Burglengenfeld. Der verstorbene Baron sagte einmal 1938 zu mir: „Schade,
daß mein Großvater damals Kirchenödenhart verkaufte, heute bekäme ich
ein schönes Stück Geld dafür vom Staat." 1938 und 39 wurde nämlich das
ganze Dorf Kirchenödenhart abgelöst und in den Truppenübungsplatz
Hohenfels einverleibt.Von Antonie v. Tänzl
(1954)
Wenn
man am Nordrand unserer früheren Waldung Büglberg stand, (heute auch
Trupp.-Ub.-Platz), sah man über den dunklen Wäldern des einstigen
Gaishofes ein Wiesental und daneben in einer Senke eingebettet das
Dörfchen Kirchenödenhart. Mit seiner romanischen Kirche, dem
hochgiebeligen Schloß und den sich darum reihenden, kleinen, breiten
Häusern, machte es wohl einen malerischen aber ärmlichen Eindruck. Reich
ist der Ort nie gewesen und in seinem Namen Ödenhart lag wohl ein
Körnchen Wahrheit. Wenn auch damals eine holperige Straße von
Schmidmühlen und Emhof aus dem Vilstal hinauf führte, so hatten die
Bewohner in dieser Einöde, weit ab vom Verkehr, kein leichtes Leben. Die
Not blickte oft genug durch die niederen Fensterscheiben. In regenarmen
Sommern mußte das Wasser bis aus dem Vilstal auf Ochsenkarren für das
Vieh herauf geholt werden. Bis zum Jahre 1904 gingen die Kinder den 1
Stunde weiten, schlechten Weg zur Schule nach Dietldorf. Im Winter, bei
knietiefem Schnee oder im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze war der
Schulbesuch für die Kinder unmöglich. Denn im Wiesental, das sich von
Kirchenödenhart bis Rohrbach am Rand der Wälder hinzieht, hatte sich das
Schneewasser zu einem reißenden Bach vereinigt, der das Dorf völlig
abschloß.
Im 18. Band des·Hist. Vereins der Oberpfalz liest man, daß sich 1788 laut Amtsbeschreibung in Kirchenödenhart (Kirchenettenhart) ein Schloß, eine Schloßkapelle (Filiale der Pfarrei Dietldorf ) 26 Untertanen und 2 Einöden befanden. Schon im 11. und 12. Jahrhundert saßen hier die Ettenharter, Ministerialen der Grafen v. Hohenburg. Aus dieser Zeit stammt der romanische Kirchturm. Nach dem Aussterben der Grafen von Hohenburg waren unter anderen auch die Wißbeck zu Velburg Besitzer. Jörg Hektor v. Wißbeck erbaute 1565 das Schloß, einen stattlichen, dreigeschossigen Bau, der in einer belebteren Gegend mit seinen 2 Giebeln und 4 Ecktürmen ein hübsches Kunstdenkmal seiner Zeit dargestellt hätte. Aber das Schloß, das sich seit 1821 in bäuerlichen Händen befand, kam gegen Ende dieses Jahrhunderts immer mehr herunter und machte schon in meiner Jugend einen verwahrlosten Eindruck, während es auf einer Tuschezeichnung des Malers Hämmerl von Kallmünz (im Schloß Dietldorf) mit seiner uralten Linde vornehm dasteht. Die Linde sah ich noch 1950.
Im 18. Band des·Hist. Vereins der Oberpfalz liest man, daß sich 1788 laut Amtsbeschreibung in Kirchenödenhart (Kirchenettenhart) ein Schloß, eine Schloßkapelle (Filiale der Pfarrei Dietldorf ) 26 Untertanen und 2 Einöden befanden. Schon im 11. und 12. Jahrhundert saßen hier die Ettenharter, Ministerialen der Grafen v. Hohenburg. Aus dieser Zeit stammt der romanische Kirchturm. Nach dem Aussterben der Grafen von Hohenburg waren unter anderen auch die Wißbeck zu Velburg Besitzer. Jörg Hektor v. Wißbeck erbaute 1565 das Schloß, einen stattlichen, dreigeschossigen Bau, der in einer belebteren Gegend mit seinen 2 Giebeln und 4 Ecktürmen ein hübsches Kunstdenkmal seiner Zeit dargestellt hätte. Aber das Schloß, das sich seit 1821 in bäuerlichen Händen befand, kam gegen Ende dieses Jahrhunderts immer mehr herunter und machte schon in meiner Jugend einen verwahrlosten Eindruck, während es auf einer Tuschezeichnung des Malers Hämmerl von Kallmünz (im Schloß Dietldorf) mit seiner uralten Linde vornehm dasteht. Die Linde sah ich noch 1950.
Aus der Zeit der Wißbeck dürfte auch der 60 m tiefe Schloßbrunnen stammen, aus dem man mittels einer Kettenwinde das Wasser in einem eisernen Eimer mühsam heraufschöpfte. Uns Kinder hat dieser Brunnen immer besonders angezogen. Schon das Hinabschauen bis zum Grund des Wassers bereitete ein angenehmes Gruseln, und wenn man ein Steinchen hinunterwarf, dauerte es lange, bis es im Wasser aufklatschte.
Die Pertolzhofen, ein bekanntes, oberpfälzisches Hammerherrengeschlecht besaß fast 100 Jahre Kirchenödenhart und zu gleicher Zeit den Hammer in Traidendorf.
So heißt es auf einer Gedenkplatte mit dem Wappen derer von Pertolzhofen:
"Hatt Hans Joachim v. Pertoltzhofen zu Traidendorf, Khirchenettenhart und Perkam dises Gottshaus anno 1591 Widerumb von Neuem erbaut, anno 1543 alles zu grundt ist abgebrunnen Und das wortt Gottes 48 jar lang darinen nit hat Chlungen".
Beachtenswert
war weiter ein Renaissancealtärchen aus weißem Kalkstein mit einem
guten Relief der Verklärung Christi in der Mitte; darunter die Stifter
H. J. v. Pertolzhofen und seine Frau Anna aus dem Hammerwerksgeschlecht
der Sauerzapf mit ihren Wappen.
Die
Sauerzapf saßen 300 Jahre auf dem Hammer von Rohrbach. Mit zwei
Töchtern, wovon eine noch mit ihrem Mann, Hs. Friedr. v. Kreuth (Kreith)
kurze Zeit Kirchenödenhart behielt, starben die Pertolzhofen aus. Später
scheinen einige Schwestern v. Rummel an Kirchenödenhart Gefallen
gefunden zu haben: so 1792 die Witwe Anna Hildegard v. Fachbach geb. v.
Rummel. Auch die Frau des Bürgermeisters Thon-Dittmer, eine Rummel, und
zuletzt Elisabeth v. Rummel, die nach Erzählung meines Großvaters auf
dem Ochsenwagen nach Dietldorf zur Kirche fuhr und in ihrer ländlichen
Einsamkeit am Sonntag mit den Bauern im Wirtshaus Tarock spielte.
Elisabeth v. Rummel wurde 1821 vor der Kirche in Dietldorf begraben.
Nach ihr kam Kirchenödenhart in bäuerlichen Besitz.
Nach dem zweiten Weltkrieg belebte sich der einstige Wehrmachts–Truppenübungsplatz Hohenfels wieder. Heimatlose, Sudetendeutsche, Rumänen und Litauer nahmen von den zerfallenen Dörfern und Einöden Besitz, bauten sich dort wieder auf und pachteten die landwirtschaftlichen Grundstücke. In diesen Siedlern erwachte auch der Wunsch, eine Kirche und einen Geistlichen zur Ausübung des Gottesdienstes zu erhalten. H. H. Kammerer und Pfarrer Franz Xaver Schmid von Dietldorf baute mit Hilfe des Ordinariates Regensburg die teilweise zerstörte Kirche von Kirchenödenhart mit, großen Opfern wieder auf . Am 23. Juli 1950 erfolgte die Einweihung des wieder erstellten Kirchleins. Ein katholischer und ein protestantischer Geistlicher wurden mit der Ausübung der Seelsorge betreut. Leider mußte im Herbst 1952 der einstige Truppenübungsplatz und damit das wiedererstandene Kirchenödenhart erneut für das Militär, diesmal, für die amerikanischen Truppen geräumt werden.
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