Dienstag, 12. Mai 2015

Die Wißpeck in Velburg

Die Wißpeck in Velburg
Von Hans Jungwirth


Von der einstmals so stolzen mächtigen Feste, die auf dem Schloßberg bei Velburg stand, grüßen heute noch die Reste der Ringmauern und ein Stück des Turmes hinaus ins Nordgauland, als Zeugen einstiger Größe und Macht. Heute liegen die Säle in Schutt, wo einst Waffenklang erscholl, tönt der Schrei des Käuzchens, wuchern Gras und wilde Blumen.

Einst saßen hier die Grafen von Velburg, deren Vertreter, Chuno von Velburg, 1110 als Vogt des Klosters Obermünster in Regensburg war. Der letzte des Geschlechts, Ulrich von Velburg, unternahm 1217 einen Kreuzzug ins Gelobte Land,  von dem er nicht mehr zurückkehrte. Velburg kam an Bayern.

Drunten im Gebiet der Erzbischöfe von Salzburg bei Oberalm, eine Viertelstunde von Hallein entfernt, stand die Stammburg des Geschlechts der Wißpeck. Hier mündet das Weißbachtal, das wohl einst dem Geschlecht den Namen gab. Bec=bach und die Wißpeck begegnen uns in dem Buche der "Salzburger Adelsgeschlechter" unter den Namen Wißpeckh, Wissbeck, Wißpech.
 Wappen der Wißpeck (Quelle Wikipedia)

Er heiratete eine Hofdame der Kaiserin Elsbeth und lebte auf seiner Stammburg.

Sein Enkel Heinrich erscheint auf dem 22. Turnier in Regensburg. dessen Sohn, Hans Konrad verteidigte die Rechte der Landstände gegen den Bischof von Salzburg. Brunner berichtet in der Chronik von Velburg (1818 erschienen) folgende Geschichte: Hans Konrad reiste nach Salzburg, um die Rechte der Stände zu vertreten und "da er vom Pferde stieg, sah er auf dem Wege einen Igel, welchen er zu sich nahm und womit er zum Bischof selbst drang. Nach langem Reden zog Konrad den Igel hervor, wies selben zum Fürsten hin und sprach: "Mein Fürst und geistlicher Herr! Wann Ihr die Landstände in ihren Rechten und Gerechtsamen verunglimpft, so werden sie sich zusammenbalgen, wie dieser Igel und dann kunnt Ihr Euch, wenn ihr Euere Hand danach austrecket, leicht in die Hand stechen."

Der Erzbischof erschrak, versöhnte sich mit Konrad und den Landständen und der mutige Hans Konrad erhielt den Beinamen "der Igel".

Noch zu seinen Lebzeiten übergab er seinem Bruder Georg das Stammgut. Dieser wurde Salzburgischer Hauptmann und Oberster Kämmerer. Dessen Sohn Achaz war 1643 auf dem 27. Turnier in Landshut und auf dem 32. Turnier in Ingolstadt. Sein Sohn Achaz war Erbkammermeister und Hauptmann zu Salzburg, starb 1475 und hinterließ seine Witwe Luneta (Tochter Heinrichs von Gumpenberg) und zwei Söhne, Georg und Wolf. Das Grabdenkmal eines Achaz von Wißpeck, aus Marmor, teilweise verwittert, findet sich an der Außenmauer der Kirche zu Oberalm rechts vom Eingang. Es zeigt das Wappen der Wißpeck (in Silber rotes Schildhaupt und schräglinker Balken) und folgende Inschrift: "Hie liget begraben der edl und vest achaz-ölden v. Wißpach." Leider fehlt die Jahreszahl. Brunner gibt als Begräbnissstätte Lunettas der Witwe Achaz' "den Thumchor auswendig" zur Salburg an. Es fehlt aber jeder Beweis hierfür; wahrscheinlich ist dieses Denkmal beim großen Brand des Domes 1598 vernichtet worden.
Über das Schicksal der beiden Söhne wollen wir Brunner in seiner Chronik von Velburg hören, denn so schlicht und einfach er berichtet, so gibt seine Darstellung doch das beste Bild.

"Wolf wurde mit Übereinkunft seines Bruders Besitzer der väterlichen Stammfeste und Georg, ein Liebhaber der Waffenspiele, schweifte längere Zeit in Deutschland herum. Er zeichnete sich an allen Ritterspielen aus." Als ein schöner und tapferer Mann war er überall geschätzt. — Der Grund dieses Abenteuerlebens liegt wohl in erster Linie darn, daß Georg auf der väterlichen Burg überflüssig war, dann aber auch wohl in dem Streit mit dem Erzbischof Leonhard von Kreutschach in Salzburg, mit dem er 1502 zerfiel, weil er wegen geleisteter Kriegsdienste mehr forderte, als ihm gebührte und seinem Landesherrn, dem Erzbischof, den Gehorsam kündigte (Georg von Wißpeck war Erbkämmerer des ErzbstiftesSalzburg).

Er ging zum Herzog von Bayern, kündigte dem Erzbischof den 17. und 19. August den Krieg an, um durch Gewalt zu seinem vermeintlichen Recht zu kommen, Darauf antwortete der Erzbischof mit der Exkommunikation.

Jetzt fiel Georg von Wißpeck mit seinen Rotten in Salzburger Gebiet ein, plünderte die Kirchen und mißhandelte die Geistlichkeit. So erzwang er sich vom Abt von St. Peter in Salzburg 126 Dukaten. Herzog Georg von Bayern vermittelte endlich, worauf ein Vergleich zwischen Leonhard und seinem ehemaligen Kämmerer zustande kam: Jörg von Wißpeck erhielt die Absolution, 7000 Goldgulden und ein jährliches Gnadengeld von 400 fl." — Soweit berichten die "Salzburger Adelsgeschlechter".

Georg ging hierauf nach Polen und diente dort dem König mit aller Treue und Anhänglichkeit einige Jahre. "Die Argusaugen der gegen Georg ohnehin neidischen Höflinge wollten manches entdecken, was dem König Ladislaus nicht gefallen konnte. Es kam auch so weit, daß Georg – von Neidern und falschen Anklägern umgeben –  sich vor diesen Schlangenzu sichern, Polen verließ und nach München zu Herzog Albrecht von Bayern an den Hof kam. Auch hier spielte man ihm (durch Bestechungen von Seite des polnischen Königs) mancherlei widrige Streiche. Georg verließ Bayern und begab sich zu Rupert vom der Pfalz (Brunner Seite 106/7).

Mit diesen einfachen Sätzen entwirft der Chronist ein überaus lebensvolles Bild des ritterlichen Irrfahrers.

Sein Bild scheint bei Brunner klarer, sachlicher als in der Darstellung der Salzburger Chronik, die wohl vom Erzbischof dort etwas beeinflußt ist. 1504 ist er Feldhauptmann Ruperts von der Pfalz im Landshuter Erbfolgekrieg. Er belagert zweimal Braunau vergeblich, erst beim dritten Sturm nimmt er die Stadt am 8. August.

Im Mai vorher hatte er Neumarkt, Neuburg, Rain und Pfaffenhofen genommen, letztere Stadt wurde mit "Feuer und Schwert" verheert und die Festung Kufstein für Rupert genommen. Am 15. Oktober eroberte er Geisenfeld, Sonneberg, Seiboldsdorf und Winzer, während ihm Ebersberg, Schwaben und Vilsbiburg erfolgreich Widerstand leisteten.

So erscheint Jörg Wißpeck nicht bloß als ritterlicher Abenteuerer, sondern er setzt auch alle Kraft und Umsicht ein an der Stelle eines pfälzischen Feldhauptmannes. Seiner Tatkraft ist auch der glückliche Ausgang des Streites zu verdanken, der im Frieden von Köln im Juli 1505 sich zeigt. Friedrich, der Vormund der Kinder seines Bruders Rupert,  gab dem Ruhelosen 1507 die Herrschaft Velburg zum Dank für seine treuen Dienste; so fand er endlich eine Heimat. Noch ein schöner menschlicher Zug zeigt sich bei Jörg Wißpeck, er besucht seine alte Mutter im salzburgischen,die bald darauf starb. Nachdem er gut und segensreich seine Herrschaft Velburg verwaltet, besonders den Armen viel Gutes getan (Wißpecksche Stiftung eines Schaffs Korn) starb er 1518.



Sein Sohn Hans Adam war Landrichter in Sulzbach und Erbe Velburgs. Dessen Bruder Hanns Wolf wurde auf der Jagd im Läufelberg "auf der Wiesen" von den Adelburgern ermordet. Wahrscheinlich wudre diese Mordtat von Landräubern verübt, denn die Adelburg war damals schon Ruine. 1551 wurde sie völlig zerstört. 1546 trat Hanns Adam von Wißpeck zur Lehre Luthers über, und mit ihm auch die Untertanen "so daß in der ganzen Herrschaft Velburg kein Katholik mehr war." Unter seinem Sohn Georg Hektor von Wißpeck wurde die kalvinische Lehre eingeführt. Am 30. 9. 1574 starben Georg Hektor und seine Gemahlin Anna Clara von Freiberg an der Pest und wurden in der Pestgrube (Garten im Benefiziatenhaus) beerdigt., Damit erlosch der Mannesstamm der Wißpeck nach nur 76jähriger Herrschaft in Velburg. Burg und Stadt kamen nach mancherlei Kämpfen der Erben am 13 Oktober 1584 an Pfalz Neuburg. Der pflichtvergessene Pfleger Valentin Praun verkaufte später die Dachrinnen, Ziegel und Einrichtung der Burg, was den Untergang der ehemals starken Feste einläutete.

Einige Zeugen aus glanzvoller Zeit sind eben heute noch erhalten: An der hintern Kirchtüre der Stadtpfarrkirche in Velburg ist rechts das Grabdenkmal Jörgs von Wißpeck, links das von Hanns von Wißpeck. Beide haben im Laufe der Zeit durch die Witterung – Vielleicht auch durch Unverstand einzelner – gelitten, sind aber bis jetzt immer noch erhalten geblieben. Ferner ist in der St. Annakirche der Hochaltar aus der ehemaligen Schloßkirche übertragen worden. und zeigt die Wappen der Wißpeck. Ein Wappen dieser Famiie findet sich auch noch am Finanzamt. Das früher in der Kirche aufgefundene Stechschwert ist verloren gegangen, wie so vieles andere aus alter Zeit.
Hoffentlich bleiben die dürftigen Reste, die uns heute noch verblieben sind, auch der Nachwelt erhalten, auf daß auch sie noch an die Zeit gemahnt werde, wo oben auf dem Gipfel des Schloßberges die mächtige Burg weit hinaus ins Land grüßte, zeugend von deutscher Stärke, deutscher Tapferkeit und Ritterlichkeit. Tugenden, die unseren und den kommenden Generationen immer Vorbild sein sollen.

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(Hans Jungwirth, Amberg. Manuskript von 1924)

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