Mittwoch, 6. Mai 2015

Der tragische Untergang der Markgrafen von Hohenburg: Teil 1

Der tragische Untergang der Markgrafen von Hohenburg auf Sizilien 1256/57
Von Georg Widenbauer.

I. Ihr Stammsitz und ihr Aufstieg

Das forellenreiche Flüßchen Lauterach, das sich bei Schmidmühlen in die Vils ergießt und über die Naab der Donau in die Arme eilt, hat in der mittelalterlichen deutschen Kaisergeschichte eine ungemein wichtige Rolle gespielt. Insbesondere haben sich seine geschichtsträchtigen Marktflecken Lauterhofen, Kastl und Hohenburg mit ehernen Lettern in das Buch der Geschichte eingetragen. Lauterhofen ist als Stützpunkt fränkischer Macht schon um 725 in Erscheinung getreten. Welch hohe politische Bedeutung der karolingische Reichshof Lauterhofen besaß, geht deutlich schon daraus hervor, daß er bei der Reichsteilung Karls des Großen vom Februar 806 besonders erwähnt wird. Das hochangesehene Dynastengeschlecht der Grafen von Kastl-Sulzbach-Habsberg, das in engsten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den ersten Fürstengeschlechtern des Reiches stand, hat durch Umwandlung seiner Stammburg Kastl in ein römisch gefreites Benediktinerkloster (1098) den unseligen Investiturstreit zugunsten der Kirche schicksalhaft beeinflußt und ist später, im Zeitalter Kaiser Ludwigs des Bayern unter seinem „Gewaltigen Abt“ Hermann ein Hort des wittelsbachischen Machtgedankens gewesen. Hohenburg aber ist umstrahlt von der geheimnisvollen Gloriole der so stürmisch bewegten Endzeit des glanzvollen mittelalterlichen Kaisertums, das mit dem hochstrebenden, sagenverklärten Geschlecht der Staufer auf dem vulkanischen Boden des heißen Sizilien seinen tragischen Untergang fand. In diesen wurden auch die Markgrafen von Hohenburg verstrickt. In Diensten der letzten Staufer, des gigantischen Kaisers Friedrich II. und seiner Söhne König Konrads IV. und Manfreds von Sizilien sind sie zu den höchsten Ehrenstellen emporgestiegen, aber schließlich ein Opfer der Herrsch- und Blutgier des ränkevollen Königs Manfred geworden. 3 Brüder haben vor 700 Jahren dort ein gewaltsames Ende gefunden; mit ihnen erlosch ihr ruhmvolles Geschlecht.

Castel del Monte

Die mächtige Burg, die einstmals ein so hochgemutes Geschlecht beherbergte, ist heute in Trümmer gesunken, aber noch immer geht ein Ahnen versunkener Pracht und Herrlichkeit von ihr aus, noch immer umweht sie ein bestrickender Hauch großartiger mittelalterlicher Vergangenheit. Ihre verwitterten Mauerstümpfe ragen als stumme Zeugen einstiger Größe, fast möchte ich sagen, anklagend zum Himmel empor. Wer je einmal das Glück hatte, in Italien selbst den Spuren der untergegangenen staufischen Macht nachzugehen, dem muß unwillkürlich die verblüffende Ähnlichkeit auffallen, die der flankengeschmückte Bau des von Kaiser Friedrich II. um das Jahr 1246 in der Nähe von Andria in Apulien erbauten und von ihm mit Vorliebe aufgesuchten Jagdschlosses Castel del Monte mit der 1812 so pietätlos abgebrochenen Hohenburg gemein hat.
Ruine Hohenburg
Ruine Hohenburg
Die Ruine von Hohenburg gewährt auch heute noch im Zustand ihres traurigen Verfalls auf dem trutzigen Bergkegel einen imponierenden Anblick. Sie gehört neben den Grenzburgen Flossenbürg, Leuchtenberg und Obermurach zu den eindrucksvollsten Landschaftsbildern der Oberpfalz. Die Hohenburg bildete einst den Mittelpunkt einer mächtigen Grafschaft, ja, es hat sogar für kurze Zeit einmal Markgrafen von Hohenburg gegeben, als Diepold von Vohburg die Witwe des Grafen Friedrich von Hohenburg heiratete. Amberg, Sulzbach, Vilseck und Parkstein waren vorübergehend in Vohburg-Hohenburgischem Besitz. Nach Hochschulprof. Dr. Dachs (siehe VHO, Bd. 82/1934, S. 4–8) erscheint das Grafengeschlecht von Hohenburg um 1100 zum erstenmal in der Geschichte. Es stand im Mannesstamm in engsten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Grafen von Poigen-Stein im niederösterreichischen Waldviertel und den Grafen von Rebgau in Oberösterreich (bei Vöcklabruck). Die Sage bringt ihren Ursprung in Verbindung mit dem Markgrafen Luitpold dem Schyren, dem Stammvater der Wittelsbacher, der auf dem Wolfstein bei Neumarkt und im Lauterachtal begütert war und in der blutigen Schlacht an der Enzburg bei der Abwehr der Ungarn 907 gefallen ist und nach der Kastler Reimchronik in Kastl seine letzte Ruhestätte gefunden haben soll. Die Hohenburger hatten im Mittelalter ihr Erbbegräbnis in der Gruft der Klosterkirche zu Kastl. Es ist hier nicht der Ort, auf die zum Teil mythologische „Genealogisch-Diplomatische Geschichte der Grafen von Hohenburg, Markgrafen auf dem Nordgau“, verfaßt von dem Domkapitular und erzbischöflichen Konsistorialkanzlisten Thomas Ried von 1812 einzugehen, der als gebürtiger Hohenburger sich zur Aufgabe gesetzt hat, die tragisch bewegten Geschicke dieses ruhmvollen Geschlechts aufzuhellen und der sich dabei mit den „Taten und Schicksalen Bertholds, des letzten Grafen von Hohenburg, und seiner Brüder“ näher beschäftigt hat. Es mag genügen, auf den Zusammenhang zwischen den Markgrafen von Vohburg-Cham mit den Grafen von Hohenburg hinzuweisen, den Prof. Dr. Dachs näher erläutert hat. Danach ging Mathilde, die kinderlose Witwe, des vor 1210 gestorbenen Grafen Friedrich von Hohenburg wahrscheinlich schon im Jahre 1212 eine zweite Ehe mit dem Titular- Markgrafen Diepold VI. (V.) von Vohburg ein. Diesem Bunde entsprossen nicht weniger als 6 Leibeserben.

Markgrafen Vohburg-Hohenburg Stammbaum
 
Die aus dieser Ehe hervorgegangenen Söhne führten das Geschlecht auf den Gipfel der Macht. Meteorartig war ihr Aufstieg. Sie waren die getreuesten Anhänger der Staufer, ebenso wie einst ihre Vohburgischen Ahnherrn Diepold und Rapoto die ergebensten Schildhalter des Saliers Kaiser Heinrichs IV. gewesen waren, der gleichfalls wie die Staufer einen so folgenschweren Kampf mit der Kirche heraufbeschworen und im erbitterten Ringen zwischen Kaisertum und Papsttum gleichfalls ein wenig rühmliches Ende gefunden hatte. So umweht ein Hauch tiefer Wehmut, aber auch des hehren Glanzes, der den Untergang des gewaltigsten deutschen Kaisergeschlechts, der volkstümlichen Staufer, umstrahlt, das stolze heimische Grafengeschlecht der Hohenburger. Sie haben sich in Italien nicht bloß für die Belange ihrer staufischen Lehensherrn tatkräftigst eingesetzt, sondern auch für die deutsche Sache heldenmütig gestritten und ihr Leben buchstäblich im Dienste Deutschlands verzehrt. Darum verdienen sie, die welscher Tücke und Grausamkeit zum Opfer gefallen sind, daß ihr Andenken in der Heimat wieder erweckt wird, daß die Heimat ihren Manen den Tribut der Teilnahme und Verehrung zollt.

 (Ende Teil 1)

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