Samstag, 9. Mai 2015

Der tragische Untergang der Markgrafen von Hohenburg: Teil 2

Der tragische Untergang der Markgrafen von Hohenburg auf Sizilien 1256/57
Von Georg Widenbauer.

II. Stellung der Deutschen im Nibelungenkampf der Staufer um ihr normannisch-sizilisches Erbreich.

Der unerwartete Tod Kaiser Friedrichs II. bedeutet einen der folgenschwersten Wendepunkte der deutschen Geschichte. Mit ihm, der das Reich auf die Höhe seiner größten Machtausdehnung emporgeführt hatte, hatte das Reich seine Rolle als europäische Vormacht ausgespielt.
Kaiser Friedrich II.
Kaiser Friedrich II.
Die Reichsherrschaft in Italien geriet in die letzten Todeszuckungen. Heftig begann sich, von den Päpsten planvoll geschürt, der italienische Nationalismus gegen die deutsche Fremdherrschaft zu regen. Diesen hatte schon die Kaiserin-Witwe Konstanze genährt, die nach dem jähen Tode ihres von ihr bitter gehaßten Gemahls 1197 (man verdächtigte sie sogar, ihn vergiftet zu haben) einen Ausweisungsbefehl gegen alle Deutschen hatte ergehen lassen. Freilich gelang die Austreibung der deutschen Ritter, die sich in ihren Burgen heldenmütig verteidigten, keineswegs. In Markward von Annweiler, dem militärisch-politischen Haupthelfer Heinrichs VI., fanden sie den tatkräftigen Führer, der nicht bloß die Verbindung mit der staufischen Reichsregierung in Deutschland aufrechthielt, sondern auch sich der Statthalterschaft in Sizilien bemächtigte und damit einen bestimmenden Einfluß auf den kaiserlichen Knaben gewann.

Als er aber ins Grab sank, geriet der junge Friedrich in die Hände ergeiziger Machthaber und wurde ein Spielball deren habgierigen Bestrebungen, bis er mit erlangter Mündigkeit (1208, erst 14 Jahre alt) zur politischen Selbständigkeit gelangte, aber erst ein Werkzeug der Kurie im deutschen Thronstreit, dann deren heftigster Gegner wurde, und, ein Freigeist, wie er war, nach Aufrichtung eines stehenden Heeres, vorzugsweise aus mohammedanischen Sarazenen, einen absoluten Staat aufrichtete, in dem die Kirche einen Fremdkörper bildete. Das führte natürlich zu einem wahrhaft tragischen Kampf auf Leben und Tod zwischen den beiden höchsten Gewalten der Christenheit, der auf beiden Seiten mit härtester Rücksichtslosigkeit geführt wurde.

So war die Lage aufs äußerste gespannt, als Friedrich nach einer Reihe bitterster Schicksalsschläge plötzlich verschied, als sich eben eine Wendung zu seinen Gunsten anbahnte. Sein Tod bedeutete den völligen Zusammenbruch seines Machtsystems und damit den endgültigen Triumph des Papsttums in dem langwierigen Ringen um die Herrschaft in Italien. Die Deutschen wurden fortan als Erbfeinde grimmig verfolgt.

Diesen Stand der Dinge muß man sich vor Augen halten, wenn man die damalige Stellung der Deutschen in dem normannisch-sizilischen Erbkönigtum der Staufer richtig verstehen will. Was sie noch schwieriger machte, war der Umstand, daß Friedrich zwei Söhne hinterließ, von denen der eine, Konrad, aus der Ehe mit Isa- bella, Erbin von Jerusalem, stammte, also legitimer Abkunft war, während der andere, Manfred, sein Lieblingssohn, körperlich und geistig-seelisch das Ebenbild des Vaters, aus der natürlichen Verbindung mit der feurigen Italienerin Bianca Lancia aus angesehenem Geschlecht entsprossen war. Der unheilvolle Dualismus dieser Nachkommenschaft, der daraus für die Thronfolge in Sizilien entstand, mußte naturgemäß die gefährdete Stellung der Deutschen in dem aufgewühlten. Lande noch mehr erschweren.

Dieser unselige Dualismus wirkte sich besonders nachteilig für die Deutschen aus beim Tode von Friedrichs Sohn und Nachfolger König Könrad IV., der schon wenige Jahre nach dem Heimgang seines Vaters im jugendlichen Alter von 26 Jahren dem heißen Klima Italiens erlag (1254) und so den Gegensatz zwischen den Deutschen und Italienern aufs höchste steigerte. Denn in dem nun entbrennenden Thronkampf hatte der einheimische Bewerber, Konrads Halbbruder Manfred, entschieden den Vorteil vor dem erst 2 Jahre alten Söhnchen Konradin des verstorbenen Königs, das unter der Obhut seiner Mutter in Deutschland aufwuchs. Dabei kam ihm der mächtig auflodernde Haß seiner italienischen Landsleute gegen die Deutschen zugute. Die heimischen Barone und auch großenteils die Geistlichkeit standen auf seiner Seite, wie ihn denn auch zeitweilig der Papst unterstützte. Es ist hier nicht der Ort und Raum, diese blutrünstigen und ränkevollen Kämpfe die mit höchster nationaler Erbitterung geführt wurden, näher auseinanderzusetzen. Sie sind nicht bloß in großen Geschichtswerken dargelegt, sondern auch in spannenden Romanen verherrlicht, ja sogar dramatisiert worden. Mehrere deutsche und italienische Dichter haben Manfred zum Helden einer ergreifenden Tragödie gemacht (*1).
Krönung Manfreds
Krönung Manfreds
Man muß sich in diese mehr oder minder national gefärbten Darstellungen   eingehend vertiefen, will man ein richtiges Bild gewinnen von dem heldenhaften „Nibelungenkampf" der Deutschen, die damals auf dem vulkanischen Boden Siziliens für die Rechte der Staufer und damit für die Aufrechterhaltung der deutschen Machtstellung im Mittelmeerbecken ihr Leben einsetzten. Dann erst wird man verstehen, welch denkwürdige Rolle die Markgrafen von Hohenburg in diesen unruhevollen Zeiten in Italien gespielt haben. Leider sind ihre Verdienste um die deutsche Sache in Welschland bisher nicht völlig aufgeklärt und anerkannt worden. Doch hat der bedeutendste von ihnen, Berthold, aus der Feder seines Landsmanns, Prof. Dr. Michael Döberl, treffliche Würdigung seines Lebens und Wirkens als „letzter Vorkämpfer der deutschen Herrschaft im Königreich Sizilien“ gefunden (*2). Seine erhabene Gestalt, sein dramatisch bewegtes Leben, das mit seinem gewaltsamen Opfertod im düsteren Kerker endete, verdiente es, wahrlich, literarisch verherrlicht und so wenigstens seinen bayerischen Stammesgenossen, insbesondere seinen engeren oberpfälzischen Landsleuten in der Form eines Romans oder noch besser eines zu Herzen gehenden Dramas vor Augen gestellt zu werden. Er trägt in so mancher Hinsicht Züge des edlen Markgrafen Rüdiger von Pechelareu in sich.
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1.    So E. Raupach, O. Marbach u. F. W. Rogge. 2.    Siehe „Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“, Bd. XII, 1894, Heft 2, S.    201—278, auch als Sonderdruck erschienen.

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