Der tragische Untergang der Markgrafen von Hohenburg
auf Sizilien 1256/57
auf Sizilien 1256/57
Von Georg Widenbauer.
III. Die Hohenburger als Parteigänger und Schwertdegen der Staufer
Man
kann tatsächlich von einem Nibelungenschicksal der Staufer sprechen,
wenn man sich in deren wahrhaft erschütternde Kämpfe in Italien vertieft
und daraus ersieht, wie ihre so zahlreichen, über ein volles
Jahrhundert sich erstreckenden, fast ununterbrochenen Italienfahrten
ähnlich dem Zuge der Burgunden ins Heunen- land mit dem Untergang ihres
Geschlechts und der meisten ihrer vielfach hochadeligen Gefolgsmannen
endigten. Teils erlagen sie dem ungewohnten mörderischen Klima, teils
fielen sie in den blutigen Kämpfen oder endeten in harter
Gefangenschaft, ja der Letzte des sagenverklärten Geschlechts, der
jugendliche Konradin, mußte den schmachvollen Tod durch das Beil des
Henkers sterben. Wie die Nibelungen sind auch die Stauferkönige elend
zugrunde gegangen (1).
Mit ihnen ist kostbarstes deutsches Blut auf diesen Feldzügen ins Welschland unnütz vergossen, vergeblich für Deutschland geopfert worden. Ganze Hekatomben bester deutschen Menschenleben, edelster Ritter und Knappen, sind in Italien aufgerieben worden. Was hat die italienische Erde nicht deutsches Blut getrunken! Zu der Reihe der großen deutschen Adelsgeschlechter, die im Dienste der Staufer, in dem gigantischen Kampfe zwischen Kaisertum und Papsttum, in Italien sich verblutet haben, gehört auch das hochangesehene nordgauische Haus der Markgrafen von Hohenburg. Es hat sich dort förmlich für die deutsche Sache aufgeopfert.
Die Markgrafen von Hohenburg waren nach der Auflösung der alten Markgrafschaft auf dem Nordgau und der damit verbundenen Schmälerung ihres Herrschaftsgebiets (Vohburg-Cham-Nabburg) gezwungen, wollten sie die ruhmreichen Traditionen des alten Giengen-Vohburgischen Geschlechts fortsetzen, ein neues Betätigungsfeld in Italien als Lehensträger der Kaiser zu suchen. Schon ihre Vorgänger, die Vohburger, hatten ihr Leben als treue Vasallen für Heinrich IV. eingesetzt.
Die Hohenburger scheinen von einem lebendigen Abenteuerdrang und von todesmutiger Kampfeslust erfüllt gewesen zu sein. So war Graf Ernst IX. an dem ersten Römerzug Friedrich Barbarossas 1154/55 im Gefolge des kaiserlichen Bannerträgers, des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach beteiligt. Diepold V. kam schon unter Kaiser Heinrich VI. nach Italien, wo er bald der Führer der Deutschen wurde, die damals in hellen Scharen über die Alpen zogen, um dort hochbezahlte Solddienste zu nehmen. Er wurde für seine Verdienste zum Grafen von Acerra erhoben. Wesentlich seiner Umsicht ist es zuzuschreiben, daß die deutschen Ritter sich nach dem jähen Tode des Kaisers in ihren weitzerstreuten Burgen gegen die einheimische Reaktion zu halten vermochten. Er war ein treuer Verfechter der deutschen Sache und unterstützte deshalb auch den Kaiser Otto IV., den Welfen, als dieser sich für die Aufrechterhaltung der deutschen Hoheitsrechte in Italien einsetzte. Nach der Erhebung Friedrichs II. zum deutschen König trat er aber sofort wieder zum Staufer über. (2) Er nahm sodann an dem Kreuzzuge des Herzogs Leopold von Österreich 1217/19 teil und weilte 1218/19 mit anderen geistlichen und weltlichen Herren aus Bayern an der Nordküste von Afrika im Belagerungsheere vor Damiette. Und kaum nach Deutschland zurückgekehrt, stieg er im August 1220 neuerdings als treuer Schwertdegen Kaiser Friedrichs II. nach Italien hinab und hielt bei ihm aus, bis zum April 1223, wo er von ihm mit einer wichtigen Mission nach Deutschland herausgeschickt wurde (3).
So nimmt es nicht wunder, daß Diepold und später seine Witwe bestrebt waren, auch ihre Söhne der Gunst des Kaisers zu empfehlen. Die hohe Schule der jungen Edelleute, war damals der Dienst im Heere des Kaisers, der zugleich die besten Aussichten bot auf reiche Besoldung, Erwerb von Lehen und Ämtern. So treffen wir neben anderen Nordgauer Herren, z. B. den Landgrafen von Leuchtenberg, fortan im Gefolge des Kaisers auch die Hohenburger. Bereits im März 1232 begegnet uns ein Markgraf von Vohburg-Hohenburg in der Umgebung Kaiser Friedrichs II. zu Venedig, unmittelbar nach dem Reichstag zu Ravenna. Einige Historiker vermuten, daß dies schon Diepolds Erstgeborner, Berthold, gewesen sein könnte, den wir später mit seinem Bruder Diepold als „Valet“ (4) am Hoflager Friedrichs II. treffen. Wahrscheinlich hatte er die beiden bei einem Aufenthalt in Österreich persönlich kennengelernt, wo sie vielleicht auf einem der Güter des Hohenburgischen Allodialbesitzes weilten. Damit begann der glänzende Aufstieg der Hohenburger.
Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, das ungemein bewegte Leben und Wirken der Markgrafen von Hohenburg (4 Brüder!) in Italien, dieser treuesten Dienstmannen zweier Stauferkönige, Friedrichs II. und Konrads IV. zu schildern. Die Hauptrolle hat Berthold gespielt. Er gehört mit seinem Bruder Diepold zu den engsten Vertrauten des Kaisers.
Berthold wird im Februar 1237 bei Anwesenheit des Kaisers in Wien mit seinem Bruder Diepold in einer Urkunde seiner Mutter erstmals als Valet Friedrichs IT. erwähnt. 1238 wurde er vom Kaiser mit Gütern in Süditalien belehnt, 1239 war er Kapitän in Como, 1244 Generalvikar „in den Landen von Pavia aufwärts“. Bald darauf wurde er in den großen kaiserlichen Rat aufgenommen als „consanguineus imperatoris et familiaris“. Diese enge Verwandtschaft geht zurück auf seine Vermählung mit holde, der Tochter des Markgrafen Manfred Lancia, dessen Schwester Bianca die Geliebte und später angetraute Gemahlin Friedrichs II. war. Da er aber schon früher „consanguineus“ genannt wird, kann man sogar mit Recht auf Blutsverwandtschaft der Hohenburger mit den Staufern schließen, wenigstens über die Vohburger, die ja mit den hochangesehenen Fürstengeschlechtern der Zähringer und Wittelsbacher verschwägert waren (5). 1246/7 war Berthold Führer einer Gesandtschaft des Kaisers an den byzantinischen Hof von Nicäa in einer sehr heiklen Angelegenheit, wodurch er sich die bitterste Feindschaft seiner italienischen Verwandten zuzog.
1250 weilte er am Sterbebette des Kaisers, der seinen Lieblingssohn Manfred seiner Obhut empfahl. Schon zu Lebzeiten des Kaisers war er der anerkannte Führer der deutschen Soldritter im sizilischen Reich gewesen, wobei er sich auf seinen Bruder Diepold stützen konnte, der gleichfalls 1237 mit ihm als Valet erscheint, aber längere Zeit am Hofe zurückgehalten wurde. 1242/3 weilte er im Aufträge des Kaisers in Deutschland. 1246 heiratete er die Tochter Thomasia des Grafen Walther von Manupello und wurde 1247 Generalvikar von Pavia, wahrscheinlich als Nachfolger seines Bruders. Schon im nächsten Jahr ging er mit Tod ab, indem er im Lager von Vittoria fiel (18. Febr.?)(6).
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1. Der Verfasser dieser Abhandlung hat die unendlich traurigen Geschicke der Staufer in einem Aufsatz: „Die tragischen Todesfälle im tragischen Geschlecht der Staufer“ eingehend dargestellt.
2. Einige halten dafür, daß dies Diepold v. Schweinspoint gewesen sei. Vgl. Winkelmann, Forsch, z. d. Gesch. XVI, 159.
3. Er starb am 26. Dez. 1226 und ist in der Klosterkirche zu Kastl begraben, wo die Hohenburger ihr Erbbegräbnis hatten. Siehe „Kunstdenkmäler Bayerns“, Bd. XV II, Fig. 127, S. 177. Hier liegt auch seine Urgroßmutter Liutgard, Tochter des Herzogs Berthold von Zähringen, die Gemahlin Diepolds I., begraben. Sie war die Mitstifterin des Klosters Kastl (1098) und die Begründerin des Klosters Reichenbach (1118). Siehe „Kunstdenkmäler“ Bd. XVII, Fig. 123, S. 173 (romanischer Sarkophag neben dem Eingang zum Glockenhaus).
4. Die „Valetti“ (von vassalectus = kleiner Vasall) entsprechen dem armiger oder scutifer (= Waffen- oder Schildträger) und waren eigentlich Edelknaben, Junker, Pagen, die am Hof des Königs mit dessen Söhnen auferzogen und in den Verwaltungsdienst eingeführt wurden. Sie erhielten meist schon in sehr jungen Jahren hohe Ämter; manche durften auch die Universität besuchen. Sie rekrutierten sich vorzüglich aus Italienern, aber auch aus Deutschen.
5. Übrigens war seine Tante Adeln, Tochter Diepolds II. von Vohburg, kurze Zeit mit Kaiser Friedrich Rotbart verheiratet gewesen. Er hatte sich von ihr scheiden lassen, aber ihre Mitgift, das Egerland, behalten.
6. Über Berthold siehe auch Neue Deutsche Biographie 1955, S. 158 ff.
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