Samstag, 2. April 2016

Grundherr und Hintersasse

Die einstigen Verhältnisse zwischen den Landsassen und den von ihnen abhängigen Untertanen
Von Rudolf Gerstenhöfer

Die Ministerialen des Mittelalters, die unfreien Dienstmannen des Konigs und der Fürsten, zu denen auch die angesehenen und in der Oberpfalz begüterten Ebermundisdorfer und Theuerner zählten, nannte man um die Mitte des 15. Jahrhunderts bereits Landsassen. Sie waren ursprünglich nichts anderes als die Grundherren und als vorzugsweise kiegspflichtige Adelige (der niedere Adel) schon immer von der gemeinen Steuer und der Scharwerk befreit und auch nicht landgerichtisch und selbstverstandlich auch nicht dorfgerichtisch denn die Dorfgerichte in Baiern waren reine Herrschaftsgerichte. Doch hatten viele Landadelige nur allein die sogenannte Edelmannsfreiheit, auch niedere Vogtei genannt (Mannschaft, Reis, Steuer und Scharwerk).

Die Inhaber von Hofmarken dagegen konnten als Ausfluß ihrer Gewalt sogar die niedere Gerichtsbarkeit ausüben. Vielen Adeligen war es schon sehr früh gelungen, ihre Sitze und ihr darum befindliches Eigentum dem Landgericht (erst Mitte des 14. Jahrhunderts wird in Amberg ein Landrichter genannt) zu entziehen, was jedoch nicht ganz gelang. Sie waren ja meist Dorfrichter und machten sich solche Dorfgerichte erblich, woraus sie Hofmarken bildeten. Die Hofmarken waren ursprünglich nichts als ein Eigentum, ein gewisser Bezirk von liegenden Gründen, bei denen ihres Anbaues halber mehrere Wirtschafts- und sonstige Gebäude vorhanden waren, die von zum Hofe gehörigen Arbeitsleuten (Untertanen) bewohnt wurden. Die mit einem solchen Gute (Rittersitz), dem sogenannten Patrimonium, verbundene Befugnis zur Ausübung der Rechtspflege in der  damaligen Zeit nannte man auch Hofmarksgerechtigkeit oder Patrimonialgerichtsbarkeit.

Schon im 9. Jahrhundert besaßen viele Klöster und freie Grundherren das Privilegium der Immunitat, das heißt sie waren von der gewohnlichen Amtsgewalt des koniglichen Beamten befreit. Kein öffentlicher Beamter durfte den Immunitätsbezirk, den gefreiten Grund und Boden des Grundherrn, betreten, um Abgaben und Leistungen einzufordern, vor Gericht zu laden, Gericht zu halten oder zum Heerbann auszuheben. Hatte er derartige Forderungen zu stellen, zum Beispiel einen im Immunitätsbezirk wohnenden Hörigen wegen eines Verbrechens oder eines Rechtsstreites vor das königliche Gericht zu fordern, so mußte er sich an die Person des Grundherrn oder an dessen Beamten wenden, der dann die Pflicht hatte, den Beklagten vor dem Gerichte zu stellen oder ihn vor Gericht zu vertreten.

Handelte es sich um geringe Vergehen, die im Immunitatsbezirk begangen worden waren, oder hatten die dazu gehorigen Leute des Grundherrn unter sich Streitigkeiten, so saß darüber der Grundherr selber oder gewohnlich sein Beamter, der Vogt, zu Gericht; solche Fälle kamen gar nicht vor die offentlichen Gerichte. Der Grundherr war es auch, der die Verteilung offentlicher Lasten (für Kriegsdienst, Landesverteidigung) unter seinen Leuten vornahm, für das gemeinsame Interesse durch polizeiliche Anordnungen sorgte, kurz, eine private Obrigkeit über die in seinem Dienste stehenden oder von ihm mit Höfen belehnten Untertanen ausübte.

Besonders wichtig für das tägliche Leben der Untertanen war also der Anteil an der Staatsgewalt, den die einzelnen Landstände (Grundherren) besaßen. Auf dem flachen Lande unterschied man hinsichtlich der Jurisdiktionszugehörigkeit zwischen landgerichtisch das heißt landesherrlichen und hofmärkischen, das heißt landständischen Untertanen. Die letzteren, die ja einecn erheblichen Teil der Bevölkerung ausmachten, unterstanden steuerrechtlich und vor allem hinsichtlich der Niedergerichtsbarkeit, die damals doch ein gut Teil dessen mit einschloß, was heute als allgemeine Verwaltung und Polizeihoheit bezeichnet wird, nicht den staatlichen Organen, sondern einem landständischen Gerichtsherrn. Das Gewicht dieser Tatsache ist umso höher zu veranschlagen, als sehr haufig, ja fast in der Regel, der Gerichtsherr zugleich auch Grundherr war, das heißt der Untertan auch wirtschaftlich von seiner Obrigkeit abhing. Hat er zwar nichts zu sagen, so hat er doch bevorzugt an den Lasten (Steuern, Scharwerk) zu tragen. Grundherr und Gerichtsherr (meist in einer Person) sind die sein alltagliches Leben bestimmenden Größen, wobei der Landesherr als großer Grundherr, dessen Urbargüter von zahlreichen Kastenämtern verwaltet werden, in den Augen des Grunduntertans keine von Prälaten und Hofmarksherrn allzu unterschiedliche Stellung einnimmt. Wer die hofmärkische Gerichtsbarkeit besitzt, und dies ist bei den namhaften Grundherrn hinsichlich der Mehrzahl der ihnen gehörigen Güter der Fall, beherrscht die Rechtsvorgange des taglichen Lebens. Diese Sachlage bedingt ein  erdrückendes Übergewicht der Herrschaft gegenüber dem Untertan.

Auch das Kloster Ensdorf hatte die Niedergerichtsbarkeit. Schon 1314 erteilte Konig Ludwig der Bayer dem Kloster, als Anerkennung und zum Dank für die treue Anhänglichkeit, das Recht, Strafhandlungen der Hintersassen selbst abzuurteilen. Ausgenommen sollte sein "todsleg, diephait und was den halls antrifft". Diese Straftaten waren dem herzoglichen Pflegamt Rieden unterworfen. Der Abt gelangte durch die Verleihung der Niedergerichtsbarkeit als Grundherr zugleich auch in den Besitz der Rechtssprechung. Er selbst übte das Richteramt natürlich nicht aus, sondern bestellte eigene Richter, meist Adelige der Umgebung. So finden wir unter diesen im Jahre 1420 Ulrich den Kemnater, der Ebermannsdorf besaß und mit der Hofstetter Vogtei belehnt war. Dem Abt als Gerichtsherrn waren nur die eigenen Hintersassen unterworfen. Streitsachen mit Personen, die außerhalb der klösterlichen Kompetenz standen, mußten vor dem zuständigen Gericht ausgetragen werden. Solche Fälle traten oft ein, besonders hinsichtlich Abgabeleistungen von Leuten, die an das Kloster abgabepflichtig waren, ohne klösterlich Gerichtsuntertanen zu sein (siehe später!).

Die Güter der Adeligen waren damals von verschiedener Art. Es gab Hofmarken, Landsassereien und sogenannte Burghuten (Burggüter), wie zum Beispiel im nahen Rieden um 1584. Nach einem Bericht des Landrichters Jos. von Kindtsberg zu Amberg und des Hofkastners Eucharius Geisler vom 6. 8. 1563 gab es in ihrem Amtsbereich folgende Hofmarken: Lintach Teuern, Amerthall und Ursensollen (1*). Doch war der Unterschied zwischen einfachen Landsassereien und Hofmarken schon im 16. und 17. Jahrhundert recht verwischt, so daß wir uns gar nicht wundern, wenn wir in einer Steuerbeschreibung des Jahres 1610 die "Landsasserey Theuren Quirin Portnern zugehorig" finden, trotzdem wir genau wissen, daß gerade die Urkunde über die Hofmark in Theuern von 1560 maßgebend für die anderen ritterschaftlichen Hofmarksgerichte war.

Dem damaligen Besitzer des Ebermannsdorfer Gutes, dem kurfürstlichen Geheimrat Dr. Michael v. Löfen, der dem Kalvinismus aufs eifrigste zugetan war, erteilte erst Kurfürst Friedrich, mit dem "Landsassen Befreyhungs Brief" Anno 1599 (v. 4. 3.), die Landsassenfreiheit und "wegen seiner mühseligen und treugeleisteten Dienste" wurde ihm erlaubt, Landsassengüter anzukaufen. Ebermannsdorf war also damals keine Hofmark, wenn auch dieser Name schon in der Mitte des 16. Jahrhundens verwendet wird (2•).

Die von Regensburg stammenden Portner dagegen, seit 1518 Besitzer von Theuern, besaßen nicht nur die Landsassenfreiheit, sondern übten 1560 auf ihrer Hofmark als Grundherren auch die niedere Gerichtsbarkeit aus. Von besonderer Bedeutung für dieses Recht ist die schon genannte Urkunde, die in der "Sammlung einiger Urkunden 1782" im 19. Abschnitt (Was die Hofmarken in der Obern Pfaltz insgemein für Gerechtigkeit haben) im Urtext enthalten (S. 97) und nachfolgend im Wortlaut eingeschaltet ist:

"Urkhund" Über die Hofmarkh zu Teurn
Nachdeme sich bei Leben der Durchleuchtigsten Hochgebornen Fürsten Unserer gnedgsten Herrn Pfalzgrafen Friderichen und Pfalzgraf Ottheinrichene beder Churfürsten Hochlöbl. seliger Gedechtnis, ein zeit lang zwischen den Landrichtern zu Amberg Amts wegen, auch Burgermaistern, und Räthe daselbst Ires Interessen halb ains, dan Veronica Peter Portners seligen Verlassner Wittib, und Erben zu Teurn anderß Teils, von wegen der Hofmarkhs Gerechtigkheit daselbsten Irrung erhallten, derwegen dann die Sachen dahin gewachsen daß beiderseits Khundschaft gehört, und volgends durch dem Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten, und Herrn Wolfgangen Pfalzgrafen bei Rhein Herzogen in Bairn, und Grafen zu Veldenz, der zeit Churfürstl. Stathallter, und lrer F. G. zugeordente Rethe bewogen, und nachmals etlichen stritigen Puncten halb, und wie bemelten Parteien die Hofmarkhs Gerechtikheit zuzulassen were, an dem Durchleuchtigsten Hochgebornen Fürsten unsern gnedigsten Herrn Pfalz-Graf Friderichen aniezo Regierenden Churfürsten nach lengs gelanget.

Daruf sich dann Höchstermelter unser gnedigster Herr erclert, und über die erwidenen Punct, und articl gedachten Portnern und lren Erben aus Gnaden Hofmarkhs Gerechtigkheit bewilligt, wie nachfolgt.

Erstlich daß bemelten Portnern, Iren Erben, und Nachkommen Hofmarkhs Gerechtigkheit zu Teurn uf lren Gründen, Und Unterthannen zulassen sein soll, doch was sich malefizische Hendl zugetragen wurden, daB sie die Theter zu fahen macht haben, und auf den dritten tag an gebührende Ort antworten sollen.

Zum Andern, was kleine fell, so dem malefiz nit anhengig, und doch zu der nedern Gerichtsbarkheit gehorig, daß sie dieselben zu straffen macht haben sollen.

Zum Dritten daß sie in Irer Unterthannen Sachen, und Irrungen, das Recht zu Ensdorf besetzen, den Stab selbst hallten, oder solchs dem Richter zu Ensdorf thun lassen mogen.

Zum Vierten daß sie ire Unterthannen, und andere, so auf Iren Grunden verbrechen, doch nit malefizisch oder demselben anhengig, umb Gellt, oder in Stokh straffen mögen
Zum Fünfften daß inen die Possesgebung der Pfarr bleiben, auch darin von Pfalz wegen, do sie die Portner anderst solches bey dem Eglofsteinern ausfechten werden, nit eintrag beschehen soil.

Zum Sechsten, daß inen der Kirch Schutz, Danz, und Kugl Pletz zugelassen seyn solien.

Zum Sibenden, daß sollen sie vermög der Lands Ordnung Pier sovil sie des zu Irer Haus Notturft bedürffen, preuen, doch davon dem Wirth daselbst nicht fürlegen mögen.

Zum Achten der Handwerks Leut halb sollen sie dieselben inmassen sie erwisen, und von alters hergebracht (doch merers nit, dann jedes Handwerchs ainen ansesigen Maister) zu haben und zu hallten Macht haben.

Zu Urkhund mit hochstermelts unsers gnedigsten Herrn Pfalzgraf Friderichen Churfürsten hiefür gedruck secrete besiglt, und geben uf Mitwochs den 7. February Anno Domini 1560." (3)

Daraus ist klar ersichtlich, daß die "Macht" des Hofmarksherrn eigentlich ziemlich groß war, und wir verstehen nun auch, warum die Bestätigung der Freiheiten so wichtig war und daß gerade diese Urkunde von 1560 auch für die anderen Hofmarksgerichte eine besondere Bedeutung hatte. Jedoch stand den Untertanen, falls sie sich "durch ihre Herrschaft und deroselben Entscheid beschwerd befinden", frei und unbenommen, sich deswegen bei der Regierung zu beschweren, oder an das Hofgericht zu appellieren, was die Theuerner Untertanen im sogenannten Heuscharwerksstreit des 18. Jahrhunderts auch mit Erfolg taten.

Zu den einzelnen Punkten der Urkunde ware noch folgendes zu erganzen. Punkt 3 war eine Seltenheit und nur dadurch bedingt, daß oft Streitfälle wegen Abgabeleistungen von Hörigen entstanden, die zwar an das Kloster abgabepflichtig waren, ohne jedoch klösterliche Gerichtsuntertanen zu sein. So heißt es in der "Theurisch Güter- und Herdtbeschreibung des Jahres 1717" u. a. "der Fischer alda Hannß Schlögl gehört nacher Ensdorff", und noch 1783 wird Joh. Georg Schlägl (heute H. Nr. 3, Hausname Fischerbauer) als Ensdorfischer Untertan genannt. P. 5. Die "Possesgebung der Pfarr", die weltliche Besitzeinweisung (Installation), die dem Vogtherrn (Patron) der ehemaligen Adelskirche zustand, bildete den Abschluß des Besetzungsvorganges der Geistlichen. Noch 1556 (am Montag nach Antonii) verlieh Heinrich Wolf v. Egloffstein zu Sulzbach die pfarr Theuern dem Michael Pesoldt, obzwar schon an Trinitatis 1548 der Patron Portner-Theuern den Magister Johann Kraus empfiehlt (*4). Nach Dollacker (*5) besitzen die Portner erst seit 1579 das Jus nominandi, vocandi et praesentandi und jus Patronatus, welche Rechte damals (1560) also noch nicht geklärt waren, daher der etwas schwer verständliche Passus "bey dem Eglofsteinern ausfechten werden". P.6. Die Ausübung des Kirchweihschutzes war für die Vertreter der Obrigkeit zugleich ein Fest mit irdischen Genüssen. Der Gerichtsbüttel (Amtsknecht) hatte mit einigen Knechten nicht allein für Ordnung zu sorgen und alle Raufbrüder und Frevler festzunehmen und abzuführen, sondern auch das Stand- und Umgeld (die Umsatzsteuer der Kramer und Wirte) zu erheben. So war auch dieses Recht mit Vorteilen für den adeligen Grundherrn verbunden. Was die ländlichen (bäuerlichen) Besitzverhaltnisse betrifft, war Grundleihe (Erbleihe) bis zur Bauernbefreiung im 19. Jahrhundert die herrschende Besitzform. Diese stellte die günstigsten Rechtsverhältnisse für den Bauern dar, der nicht vollig frei war. Er saß mit seiner Familie fest auf dem Gut (Leihegut), wofür er rechtlich genau festgelegte Leistungen (Abgaben, auch Stift genannt, und andere Dienstleistungen, als Scharwerk bezeichnet) zu erbringen hatte. Man wird von ihm sagen können, was Frhr. v. Kreitmayr in seinem Kommentar zu Bayerns Landrecht schreibt, daß ein solcher grundhöriger Bauer einem freien Bauern gleicht wie ein Tropfen Wasser dem andern (*6). Zu Beginn des 16. Jahrhunderts, als die erbitterten Bauern in Schwaben und Franken ihre Freiheit erkämpfen wollten und gegen ihre Unterdrücker aufstanden, aber schwer dafür büßten, lesen wir aber noch in dem "Weltbuch" des Sebastian Franck "Das Volk der Bauern war der 4. Stand, ein sehr arbeitsames Volk, das jedermann Fußhader war und mit Fronen, Scharwerken, Zinsen, Steuern, Zöllen hart beschwert und überladen, doch darum nicht frommer, auch nicht etwa ein einfältiges, sondern ein wildes, hinterlistiges, ungezähmtes Volk."
Wenn sich auch manches zugunsten der Untertanen geändert hatte, so verstehen wir aus dem Gesagten, daß die Landsassen natürlich immer bestrebt waren, ihre alten Rechte, so weit sie ihnen noch zustanden, zu wahren, indem sie sich diese immer wieder vom Landesherrn (Kurfürsten) bestatigen ließen. So verlieh im Jahre 1629 der Kurfürst Maximilian als neuer Landesherr dem anerkannten oberpfälzischen Ritterstand und Adel die Edelmannsfreiheit und respektive Niedergerichtsbarkeit sowohl auf ihren Hofmarken, Edelsitzen, Schlössern, Dorfern und Hauptgütern und auf ihren darin gesessenen eigenen mit Stift und Steuer zugehörigen Untertanen. Besondere Aufschlüsse über die Herrschaftsgerichte der späteren Zeit gibt die "Vollstandige Beschreibung aller in dem Herzogtume der oberen Pfalz sich befindlich Land-, Pfleg- und Herrschaftsgerichte usw." des Jahres 1783 von Ignaz Biechl. Dort finden wir folgende Angaben, die einen Vergleich erlauben. Unter den "Hofmarch und Landsassengütern" des Landrichteramtes Amberg interessieren uns Theuern als Hofmark, Inhaber Freiherr von Lochner, 8 7/3? Höfe, 30 Häuser mit 233 Seelen, ferner Ebermannsdorf, Hofmark, Freiherr v. Tünefeld und von Loefen, 10 Höfe, 12 Häuser mit 72 Seelen, und Lintach Hofmark, Frhr. v. Lochner 5 1/8 Höfe, 34 Häuser mit 212 Seelen. Außerdem heißt es im Register bei Theuern, Dorf und Schloß: Hofmark Theuern, Gericht Amberg, Inhaber Freiherr von Lochner.

Noch in der 1. Halfte des 19. Jahrhunderts wurde nach dem Edikt vom 8. 9. 1808 die von früher übernommene standesherrliche Gerichtsbarkeit in den sogenannten Patrimonialgerichten der Hofmarken beibehalten, sofern diese Patrimonialgerichte sich auf ein geschlossenes Gebiet mit mindestens 50 Familien bezog, was in  Theuern auch der Fall war. Erst 1848 wurden die Untertanen aus dem Grundbarkeitsverband entlassen; denn die standes- und grundherrliche Gerichtsbarkeit und "Polizey"-befugnis ging an den Staat über, und die ehemaligen Sondergerichte der Grundherren wurden aufgehoben und die Untertanen der unmittelbaren Gerichtsbarkeit des Landgerichtes unterstellt.

Was die eigentlichen Abgaben betrifft, ware zur Ergänzung noch folgendes nachzutragen. Im Jahre 1625 gibt Paulus Fuchseder (spater H. Nr. 18, der "Fuchsenhof", dann Siegerthof) 1 Weihnachtswecken. 1 Fastnachthenne, 100 Ostereier, 12 Pfingstkäse, 4 Herbsthennen, 12 Viertel Korn, 12 Viertel Haber; Heu und Grummet ist er neben andern zu führen schuldig (Scharwerkverpflichtung) (*7). In einem Kaufbrief des Jahres 1755 heißt es auch noch: "Übrigens aber ist dieses Kaufgütl (Zusatz um 400 fl Kaufschilling gnädiger Hofmarch Herrschaft allhier mit der Jurisdiction (Gerichtsbarkeit)und Pottmäßigkeit sodenn auch in allen Veränderungsfällen, es mögen solche geschehen duch Kauf, Tausch, Erbschaft Schenkung oder wie es immer Namen haben mag, als oft nämlich der Besitzer verändert wird, mit den 6. Pfennig oder 6. Gulden Handlohn unterworfen, nit weniger muß hievon der Besitzer oder jeder Inhaber jährlich 4 Viertel Korn und 4 Viertel Haber an Gültgetreide, dann 30 Eier oder 7 1/2 kr., 4 Käse oder 12 kr., 2 Herbsthahnen oder 12 kr., 1 Fasnacht Hähnen oder 10 kr., 1 Weihnachtssemmel oder 10 kr., dann letzlichen 52 1/2 kr. Grund- oder Geldzins an kleinen Zehent und solches alles nach Belieben gnädiger Herrschaft in natura oder an Geld Terno Michaelis entrichten. Desgleich ist er schuldig, von denen 4 Scharwerkswiesen das Heu und Grummet mit und nebst anderen Untertanen ohnentgeltlich zu heuen und zu dörren, auch zu denen beiden Schlössern und denen dazugehorigen Gebäuden die hiesige ortsgewöhnlich Handscharwerk gegen Empfang des Tags 3 kr. und ein Stück Brot oder statt dessen 1 kr. zu verrichten, auch 8 Tage lang in der Scharwerk des Tags gegen 5 d und der Kost zu schneiden oder solche Schnittage jedoch mit Abzug gedachter 5 d jeden mit 6 kr. zu bezahlen, übrigens aber sich gehorsam, treu und fleißig wie es einem ehrlichen und frommen Untertan wohl ansteht zu verhalten. Nach diesen Angaben war das verkaufte Gütl mit dem Anspruch auf 4 Klafter an Scheiterholz eines von den mittleren der insgesamt 19 eingeforsteten Bauernwirtschaften." (8*)

So kann man abschließend sagen, daß es zwar heute noch gewisse Abhängigkeitsverhältnisse im menschlichen Leben gibt, die in mancher Hinsicht weitreichender sind und vielleicht sogar schärfer in das personlich Leben eingreifen als früher, daß aber vieles anders geworden ist, was nicht nur die soziale Stellung des Einzelnen gehoben, sondern auch die erstrebenswerte Gleichberechtigung gebracht hat.
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1. Sammlung einiger Urkunden, 1782; S. 73.
2. Rud. Gerstenhöfer, Die adeligen Herren von Loefen auf Ebermannsdorf, Oberpf. Jura, 13.   Jg (1962), Nr. 14
3. Mich. Gartner, Die Landsassenfreiheit in der oberen Pfalz, Landshut 1807, S. 98 ff.
4. Weigel-Wopper-Ammon, Amberger Pfarrerbuch, Kallmünz 1967, S. 108, 80.
5. Jos. Dollacker, Materialsammlung zur Geschichte der Hofmark Theuern; Staatsarchiv Amberg.
6. Hans Liermann, 850 Jahre Aufseß; Jahrbuch f. frank. Landesforschg. 25. Bd. (1965), S. 390.
7. Familien-Archiv Sperl 40/6, Staatsarchiv Nürnberg, Findbuch 312.
8. Rud. Gerstenhöfer, Spiegel der bauerlichen Rechtsverhältnisse; Oberpf. Jura, 14. Jg. (1963), Nr. 20.

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