Sonntag, 24. April 2016

Die Burg Donaustauf



Die Burg Donaustauf, „das beste und festeste Haus der Regensburger Kirche"


Von Josef Fendl


Lage, Name, Vorgeschichte

Nördlich bzw. nordwestlich der alten Donaudörfer Barbing und Sarching — Gründungen der bajuwarischen Landnehmer — ragt jenseits des Flusses vor der Kulisse der Hohen Linie der Burgberg von Donaustauf auf.

Geologisch gesehen ist er ein Zeugnis dafür, daß während und nach der Auffaltung des kristallinen Grundgebirges (des Bayerischen Waldes) granitische Schmelzen in das Deckgebirge eindrangen und erstarrten. Die Abtragungen der vergangenen 300 Millionen Jahre brachten diese granitischen Gesteine zum Vorschein. Umlagert wird der Burgberg vom sogenannten Rotliegenden, dem Rest eines im Perm (vor rund 280 Millionen Jahren) entstandenen Randstreifens der Südflanke des Vorderen Bayerischen Waldes, der im Tertiär (vor rund 50 Millionen Jahren) durch eine ruckartige tektonische Bewegung mehrere hundert Meter absank. Der Name ,stouf' ist die althochdeutsche Bezeichnung für Fels, Bergkuppe oder Berg von der Gestalt eines Kegelstumpfes und findet sich noch mehrfach im süddeutschen Raum.

Funde aus neuester Zeit lassen die Vermutung gerechtfertigt erscheinen, daß der Berg schon im siebten bis vierten Jahrhundert v. Chr. (in der sogenannten Urnenfelderzeit) einer der zahlreichen Herrschaftssitze keltischer Stämme war, — wobei nicht ausgeschlossen werden soll, daß die Bergkuppe auch früher schon Zufluchtsort für größere Sippen war.

Der Berghügel verschwindet dann wieder für mehrere Jahrhunderte aus dem Blickfeld der Geschichte, um im 10. Jahrhundert n. Chr. umso deutlicher herauszutreten.

Die erste urkundliche Erwähnung

Die erste schriftliche Erwähnung einer Befestigung fällt in die Regierungszeit des AbtbischofsTuto (894—930); sie findet sich in der Beurkundung eines Gütertauschs: Der Bischof und sein Vogt Arnimar geben eine Hube bei dem Kastell Stufo (iuxta Castellum quod dicitur Stufo) und Besitz in Phatragimundi (Pfatter bzw. Gmünd bei Pfatter) gegen eine Hube des Freien Richpero und seiner Gemahlin Engilfrita in Sempinchovun (Sengkofen).

Da eine Schenkung des Jahres 914 die Burg noch nicht kennt, ist anzunehmen, daß Donaustauf als bischöfliche Festung gegen die immer bedrohlicher anstürmenden Ungarn zwischen 914 und 930 — wahrscheinlich nach der Rückkehr Arnulfs des Bösen nach Bayern (918) — errichtet wurde. Dabei ist es durchaus möglich, daß vorgeschichtliche Ringwälle in diese Burganlage miteinbezogen wurden.

Die Form der Anlage

Die Burg Stauf war eine typische Abschnittsburg, d. h. im Laufe der Jahrhunderte wurde von einem „Kern" aus ein Mauerring nach dem anderen gegen die Angriffseite (in unserem Fall nach Norden) vorgeschoben und jeder dieser Abschnitte durch einen festen Torbau abgeriegelt bzw. zugänglich gemacht. Das staffeiförmige Terrain wurde auf diese Weise vortrefflich ausgenützt: Bastion steht üher Bastion, — für den Bogennahkampf eine fast unüberwindliche Wehr. Es ist möglich, daß diese Häufung der Verteidigungsabschnitte von den Kreuzfahrern im Heiligen Land wenn nicht entwickelt, so doch übernommen wurde.

Burg Donaustauf

Der „Kern" auf der höchsten Erhehung (Westflanke) mag anfangs nur von einem Wall mit einem Palisadenzaun umzogen gewesen sein. Die ersten Steinbauten (Pallas, Kapelle, Bergfried) wurden vermutlich zwischen 1000 und 1050 errichtet. Aber auch die Mehrzahl der übrigen Bauten wurde wohl noch in romanischer Zeit aufgeführt. Die letzte Erweiterung erfuhr die Burg 1610 durch Herzog Maximilian. 24 Jahre später wurde sie von den Schweden geschleift. Die Burgkapelle stellt schon von ihrer Lage her eine burgenbauliche Sonderform dar: sie lag (zumindest teilweise) im Torturm. Der kunstgeschichtlich höchst beachtenswerte Bau aus der Mitte des 11. Jahrhunderts soll dem hl. Rupert geweiht gewesen sein, der nach der Sage der Gründer der Burg war.

Die Kapelle war eine (entsprechend den Umfassungsmauern des Torturms) quadratische dreischiffige Anlage, deren Innenwände auf allen vier Seiten mit je drei halbrunden gewölbten Nischen ausgesetzt waren, in denen bis heute Reste von Wandmalereien aus der Mitte des 12. Jahrhunderts erhalten blieben: geistliche Würdenträger mit entsprechenden Attributen in der Hand. Nach den Fragmenten der romanischen Majuskel‑Inschriftenfriese zu schließen, waren hier die ersten Regensburger Bischöfe dargestellt. Das Nischensystem schloß sich wahrscheinlich Regensburger Vorbildern an, so etwa der 1052 geweihten Wolfgangskrypta in St. Emmeram. Die Raumwirkung dürfte aber in Donaustauf noch vollkommener gewesen sein.


Die Bischofsburg — ein Schauplatz der Geschichte

Wie nahezu alle Burgen gab auch Stauf im Laufe der Jahrhunderte die Bühne für mehr oder weniger bedeutsame Ereignisse ab. So z. B. hat nach glaubhafter Überlieferung Kaiser Friedrich Barbarossa die Nacht vom 7. auf den 8. September 1156 auf der Burg verbracht, von wo aus er am Morgen des 8. September zum Reichstag auf den Wiesen von Barbing ritt. In einem hochfeierlichen Zeremoniell wurde dort (vor der Kreuzhofkirche?) die Rückgabe Bayerns an Heinrich den Löwen und die Belehnung des Babenbergers Heinrich Jasomirgott mit Österreich vollzogen. 18 Reichsfürsten waren Zeugen dieses großartigen Schauspiels. Auch die Zeit der Kreuzzüge — drei von ihnen gingen von Regensburg aus — mag manchen prominenten Heerführer jener Jahre innerhalb der Burgmauern gesehen haben.

So z. B. bestätigte 1233 Graf Albert von Bogen vor seinem Aufbruch zum Kreuzzug auf der Burg Stauf (in Gegenwart seiner Mutter Ludmilla, der Witwe Herzog Ludwig des Kelheimers) den Regensburger Minoriten die Schenkung des in ihrer Nachbarschaft gelegenen Bogener Hofes, eines Bezirkes „von großem Umfang, in welchem der Vater und die Vorfordern des Grafen weitläufige Gebäude und Wohnungen, Speisgadem, Küchen und Scheunen erbaut hatten" (Gemeiner I , 334).

Als Bischof Siegfried, der 1227 — wie auch einige seiner Vorgänger — selber an einem Kreuzzug teilgenommen hatte, am 19. März 1246 starb, waren die Zwistigkeiten zwischen der Stadt und dem Bischof in der Frage der Stellung zu Friedrich II . noch lange nicht beigelegt. (Der Kaiser hatte Regensburg 1245 zur freien Reichsstadt erhoben, war aber vom Papst in den Bann getan worden.) Der Nachfolger Bischof Siegfrieds, Albert I., konnte es deshalb nicht wagen, das staufisch gesinnte Regensburg, gegen das übrigens auch das Interdikt (eine Gottesdienstsperre) verhängt war, zu betreten. Er residierte in Stauf (und gelegentlich auch in Eglofsheim).

Im Herbst des Jahres 1250 heckte er auf der Burg ein Bubenstück aus, das schlimme Folgen haben sollte. Während die Vornehmen der Stadt der dem Kaiser verlobten Tochter des Markgrafen von Meißen Geleit durch das Stadtgebiet gaben, schickte der Bischof seine Reisigen in einen Hinterhalt, und es gelang ihm, 40 (nach anderen Quellen 45) der heimkehrenden Regensburger Bürger in seine Gewalt zu bringen. Er steckte die Geiseln ins Burgverlies, — aber die Rache des Königs und des bayerischen Herzogs ließ nicht lange auf sich warten. Die beiden zogen in Eilmärschen von Landshut nach Regensburg und brandschatzten die hochstiftischen Besitzungen. Als der Bischof bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Regensburg die Verwüstungen sah, reifte in ihm ein noch schlimmerer Plan: er wollte den König in St. Emmeram ermorden lassen („in eine andere Welt schicken", schreibt Gemeiner). Ein Zufall ließ — wie schon so oft in der Geschichte — den Anschlag mißlingen: Der König hatte sich unter dem Bett versteckt, und der Dolch traf einen Unschuldigen.

Zum Nachfolger des Bischofs, der daraufhin abgesetzt wurde und ins Exil ging, wurde Albert II . (der Große), der gelehrte Dominikanermönch, gewählt. Er war von 1260 bis 1262 Bischof von Regensburg und verfaßte auf der Burg Stauf einen vielgerühmten Kommentar zum Lukas‑ Evangelium, den er dem Dominikanerkonvent in Regensburg als Andenken zurückließ. (Das Buch ist seit der Säkularisation verschollen.) Nach Schuegraf soll er dort auch „seltene mechanische Kunstwerke verfertigt" haben.

Am 28. Januar 1285 bestätigte König Rudolf in Eger Bischof Heinrich I I . von Rotteneck (1277—1296) die Grafschaftsrechte zu Thumstauf: „den Blutbann und das Gericht, das Fischrecht von der Regensburger Brücke bis zum Flüßchen Kößnach, das Geleite auf der Donau bis ebendahin und deßgleichen auf der linken Thumstaufer Donauseite auch zu Lande" (Janner III , 58). (Zu dieser Grafschaft gehörten die Orte Reifelding, Sulzbach, Bach, Demling, Friesheim, Lichtenwald, Altenthann, Adlmannstein, Schloß Falkenstein, Schönberg, Wenzenbach, Schwabelweis und die Vogtei Roith. Wörth wurde später als eigene Herrschaft von Donaustauf abgetrennt.)

Im Sommer 1324 hielt sich Bischof Nikolaus (ein Parteigänger Ludwigs des Bayern) auf der Burg vor dem Legaten des Erzbischofs von Salzburg (eines Anhängers Friedrichs des Schönen) versteckt, um die päpstlichen Botschaften nicht annehmen zu müssen. (Der Papst stand auf der Seite Friedrichs des Schönen und war vor allem später einer der erbittertsten Gegner des Wittelsbachers.) Der Bote wurde von den Knechten des Bischofs eingesperrt und erst am nächsten Tag wieder freigelassen. Aus Angst vor neuer Unbill warf er — so wird berichtet — die erzbischöflichen Weisungen in die Donau. Nach 1331 zog sich der Bischof immer häufiger auf die Burgen Stauf und Wörth zurück, „wohl nicht ohne tiefen Kummer" — wie Janner glaubt — „über die elende Lage, in welcher Ludwig, der seinem Herzen früher gewiß nahe gestanden, sich befand, über das Mißgeschick der Auer, mit denen er immer die freundlichsten Beziehungen unterhalten."

Die Burg war auch ein vorzüglicher Hinterhalt: 1374 wurden vom staufischen Pfleger Regensburger Kaufleuten ganze Schiffsladungen an Wein und Getreide weggenommen und unter anderem ein Kölner „Gewandschiff" aufgebracht.

Darüber hinaus diente sie auch als Gefängnis. Als im Verlauf des sogenannten Exemtionsstreites Bischof Leo der Thundorfer (1262—1277) das Kloster St. Emmeram befehdete, ließ er nicht nur (an einem Karfreitag!) dessen Vorratsräume plündern, sondern er steckte auch den vorher schon schwer mißhandelten Abt und zwei Mönche auf der Burg Stauf ins Gefängnis. 1440 wurde dort die Else Fließerin aus der Herrschaft Lichtenwald (der Zenger von Altenthann) wegen Räuberei und einer Reihe weiterer Straftaten eingekerkert, bis sie in Regensburg „peinlich befragt" (d. h. in die Folterkammer geschickt) und hingerichtet wurde.

Stauf war ein begehrtes Pfandobjekt

Vom 14. Jahrhundert ab wechselte Donaustauf ständig seinen Besitzer. Die strategisch bedeutsame Lage ließ die Burg zu einem wertvollen, von allen Seiten begehrten Machtinstrument werden: der Bischof benützte sie gegen die Stadt, die Stadt gegen die bayerischen Herzöge, die Herzöge gegen den Adel, der Adel wieder gegen die Stadt . . . Diese Pfandpolitik soll im folgenden an den „Verschiebungen" des 14. und 15. Jahrhunderts aufgezeigt werden: Um 1301 war Donaustauf für kurze Zeit in die Hände des Rates der Stadt Regensburg gekommen, der Andreas den Auer mit der Pflegschaft belehnte, — eine Aufgabe, die die Auer auch noch nach der Rückkehr Donaustaufs in das Hochstift wahrnehmen konnten. So verlieh sie Bischof Nikolaus 1326 dem aus der Stadt verbannten Dietrich von Au; 1336 ging die Pflegschaft an die Egolfsheimer, 1337 an Ulrich von Abensberg, 1340 an die Hauzendorfer. Noch im gleichen Jahr verpfändete Bischof Friedrich I., Burggraf von Nürnberg, Donaustauf für 1000 Pfund an Rueger den Reichen und Friedrich den Auer, um auf diese Weise die Geldmittel für die Deputation zu bekommen, die er nach Avignon schickte, um dort einen päpstlichen Schiedsspruch gegen seinen Gegenbischof Heinrich von Stein zu erwirken, — der ihm übrigens ein Jahr später Stauf mit Waffengewalt abnahm.

Anfang Juli 1355 verhandelte Kaiser Karl IV. unter größter Geheimhaltung in Sulzbach (‑ Rosenberg) mit Bischof Friedrich über den Erwerb der beiden Burgen Stauf und Wörth. Verschiedene Umstände kamen dem Kaiser, der damit seine Hausmacht bis an die Donau vorschieben wollte, entgegen: der Bischof war schwer verschuldet — auf Stauf allein lagen inzwischen Obligationen von nahezu 12 000 Gulden —, das Domkapitel wollte seinem Bischof keinerlei Finanzhilfe mehr leisten, der staufische Pfleger Peter von Eck war mit seinem Herzog zerstritten und Rueger der Reiche kurz vorher verstorben. Außerdem wollte der Kaiser dem Bischof — der vom Geld geblendet war, wie Gemeiner schreibt — noch einen Aufpreis von 5 000 Goldgulden zahlen und einige böhmische Güter dazulegen. (Der Erwerb von Wörth scheiterte allerdings am Veto Friedrichs des Auers von Brennberg.) Ende Juli kam dann der Kaiser persönlich nach Stauf, um von seiner neuen Herrschaft, dem „Schlüssel des Königreiches Böhmen", Besitz zu ergreifen. Das Domkapitel aber legte Beschwerde bei Papst Innozenz VI. ein, weil Friedrich „das beste und das festeste Haus, das dieselb Kirch besessen hat, das Stauffe genannt ist . . . und ohn das die Kirch von Regensburg ihrer Freyheit und ihrer Rechten nicht gefreuen mag" an den Kaiser verkauft hatte, „und das ist geschehen zu der Kirchen von Regensburg grossen Verderbniß und ewiglichen Schaden".

Der Papst schickte den südfranzösischen Bischof Bertrand von Apt als Untersuchungskommissär und kam nach dessen Bericht zu der Ansicht, daß der Handel rückgängig gemacht werden müsse. Nach den Sulzbacher Vereinbarungen blieb aber Stauf zumindest als Pfand in der Hand Karls IV., der dem Bischof weiterhin Geld darauf lieh, so daß sich die Staufer Pfandsumme 1360 bereits auf 21 000 Gulden belief; denn „er setzte auf diese Besitzung als auf einen Pfeiler und Eckstein seines Königreiches einen großen Werth" (Gemeiner).

18 Jahre lang war die Burg Stauf Eigentum der Krone Böhmens. Als es aber Karl IV. 1373 im Zuge seiner extensiven Hausmachtpolitik gelungen war, von den Wittelsbachern die Markgrafschaft Brandenburg zu übernehmen, gehörte Stauf zur Kaufsumme und wechselte erneut seinen Besitzer.  Da die Burg in den Händen der bayerischen Herzöge eine scharfe Waffe gegen das Hochstift (aber auch gegen die freie Reichsstadt) war, schrieb Bischof Dietrich, der Nachfolger Friedrichs, in der Diözese ein Subsidium (eine Sondersteuer) aus, mit dessen Ertrag er im November 1382 die Burg für 13 000 ungarische Gulden und 200 Pfund Pfennige als Pfand zurückkaufte. Allerdings mußte er versichern, sie im Kriegsfalle den bayerischen Herzögen zur Verfügung zu stellen bzw. sich gegen die Stadt Regensburg neutral zu verhalten.

Bald nach dem Tode des Bischofs hatte aber das Domkapitel „in einer plötzlichen Geld Noth", das heißt um die abensbergische Verwandtschaft des Bischofs abfinden zu können, die Burg wieder an die Wittelsbacher zurückgegeben, diese jedoch boten sie für 21 000 Gulden (gegen Wiederlösung) der Stadt an. Am 28. März 1385 erlegte der Rat die geforderte Summe und begann sofort, den Graben der Burg mit doppelten Mauern zu befestigen.

1422 wollte Herzog Heinrich Burg und Herrschaft wieder zurückhaben. Da sie Bischof Johann II . selber nicht einlösen konnte, war dieser mit dieser neuerlichen Transaktion einverstanden, — nicht aber der Rat der Stadt. Der beschwor vielmehr den Bischof, die Veste wieder selber zu übernehmen. Daraufhin ließ sich der Bischof in Passau von König Sigmund die Rückkauferlaubnis geben, konnte aber nach langwierigen Verhandlungen sein Ziel 1428 nur erreichen, weil der Magistrat und die Stadt die Pfandsumme übernahmen.

1433 bestimmte dann Herzog Wilhelm auf dem Konzil zu Basel, daß die Burg Stauf vom Hochstift nie mehr verkauft oder versetzt werden dürfe. Trotzdem wird sie 1486 bereits wieder dem bayerischen Herzog Albrecht avisiert, der allerdings bestätigt, „daß diese seine Übernahme den bischöflichen Rechten auf Stauf keinen Eintrag thun und der Bischof jeder Zeit berechtigt sein solle, um den Pfandschilling die Herrschaft zurückzuerwerben" (Janner III, 584). Der Herzog, der im August dieses Jahres die Burg persönlich in Besitz nahm, verbesserte auch die Rechtslage des Marktes Donaustauf und verlieh ihm 1494 das heute noch gebräuchliche Wappen. (Besonders gut scheint ihm der Staufer Wein gemundet zu haben, da er einige Jahre hindurch die gesamte Ernte nach München schaffen ließ. Die Kosten dieser „Weinfahrt" hatte übrigens die Geistlichkeit des Regensburger Umlands zu tragen; Bischof Rupert II. ließ ihn dafür durch den Papst exkommunizieren!)

Obwohl sich 1492 schließlich auch noch Kaiser Maximilian I . für die Burg interessierte, — er ließ der Stadt durch den Reichshauptmann Graf von Zollern kundtun, daß man ihm die Veste übergeben sollte, damit er Regensburg umso kräftiger beschirmen könne —, blieb sie in den Händen des Herzogs.

Die Festung wurde oft belagert

Die strategische Bedeutung der Veste Stauf brachte es mit sich, daß sie nicht nur Tausch‑ und Pfandobjekt, sondern auch häufig Ziel militärischer Angriffe war. Nicht immer war es der Besatzung möglich, die Angreifer abzuwehren. 1132 z. B. lag Herzog Heinrich der Stolze mit dem (seiner Ansicht nach unrechtmäßig gewählten) Regensburger Bischof Heinrich von Diessen in Fehde. Der Herzog, der die Domvogtei an sich gebracht hatte, war vor allem darüber aufgebracht, daß Friedrich II. von Bogen (der rechtmäßige Domvogt) die Wahl seines Freundes Heinrich zum Bischof durchgesetzt hatte. Da der Herzog die Stadt nicht in seine Gewalt bringen konnte, überrumpelte er die bischöfliche Burg Stauf und ließ sie von seinen Truppen besetzen. Als verschiedene Adelige und auch die Dienstmannen der Bogener dem Bischof zu Hilfe kamen, „verbreitete sich das Kriegsfeuer wie eine Gewitterwolke über das ganze Land"(Gemeiner). Da die herzogliche Besatzung die Burg auf die Dauer — hauptsächlich aus Nachschubgründen — nicht halten konnte, — sie war, wie der Chronist meldet, der Gefahr nahe, Hungers zu sterben — entschloß sie sich Ende März 1133, „die Feste in den Brand zu stecken und in der Flucht zu entkommen".

Bei einer zweiten Belagerung hatte der Herzog mehr Glück. Es wurde ein Waffenstillstand geschlossen, die Burg allerdings erst nach einer neuerlichen Verbrennung zurückgegeben. 12 Jahre später scheint aber die Anlage einigermaßen wiederhergestellt zu sein; denn Bischof Heinrich, der auf Regensburg das Interdikt gelegt hat — Bürger der Stadt hatten in einer Kirche einen Menschen totgeschlagen — residiert in Stauf und stellt dort Urkunden aus.

Im Mai 1146 wird die Veste vom bayerischen Herzog und seinen Helfern — darunter jetzt auch Domvogt Friedrich — erneut eingenommen. Der Bischof erreicht dafür beim Papst die Exkommunikation der „Brandstifter und Verwüster des Kirchengutes".

Im Herbst des Jahres 1161 befehdeten sich der bayerische Herzog Heinrich der Löwe und Bischof Hartwig I I . von Regensburg. Die Gründe für diesen Streit sind nicht ganz klar. Die zeitgenössische Vita Eberhardi bericbtet: „Der Herzog von Bayern erkannte die Einfalt des Bischofs, und von unersättlicher Habgier getrieben, usurpierte er ein sehr bedeutendes bochstiftisches Gut, nämlich ein gewisses Schloß (Stauf) mit allem Zubehör; der Bischof wütete, tobte, setzte den Himmel in Bewegung, überlegte nicht, — kurz, von beiden Seiten fing man an, das ganze Hochstift mit Raub und Brand zu verheeren." (Janner II , 146 f.) Aventin dagegen meint, der Herzog habe das Hochstift vor der Ausbeutung durch den Bischof in Schutz nehmen wollen. Möglicherweise war aber der Streit wegen des Zolls auf der zwischen 1135 und 1146 erbauten Steinernen Brücke entstanden. Jedenfalls scheint das Hochstift ungeheuer unter den Verwüstungen gelitten zu haben („incendiis ac rapinis valde vastatus est"). Zwischen 1132 und 1161 war also Stauf mindestens viermal mit Waffengewalt eingenommen worden.

Im Herbst 1341 gelang es dem Gegenbischof Heinrich von Stein mit Hilfe der Auer die Burg Stauf zu überrumpeln und Bischof Friedrich und der Stadt bis in den April 1343 Paroli zu bieten. Auch diese Fehde hat (nach Gemeiner) vielen Leuten das Leben gekostet.

Im Sommer 1388 kämpften die bayerischen Herzöge gegen die süddeutschen Städte, vor allem gegen die freie Reichsstadt Regensburg. Herzog Friedrich versuchte — „allbereit im Felde vor Stauf" — zunächst von Sarching, später von Reifelding aus — dazwischen lag ein Marsch über Straubing! — die Burg Stauf in seine Gewalt zu bekommen, während sein Bundesgenosse Ruprecht Clemm die Felder und Weinberge der Umgebung verwüstete. Herzog Albrecht lagerte mit seiner Schar bereits am Fuße des Breuberges.(Damals geschah übrigens jener Hostienfrevel, der zum Bau der SalvatorkircheAnlaß gab.) Herzog Stephan und sein Sohn Ludwig der Gebartete waren von Kelheim herbeigeeilt und standen noch südlich der Donau, von wo aus sie die Veste „Tag und Nacht mit großen schweren Büchsen beschossen". Aber die (insgesamt acht) wittelsbachischen Herzöge und Pfalzgrafen, die vor Stauf lagen, vermochten die Burg nicht in ihre Hand zu bekommen. Offensichtlich hatte auch die Besatzung — zumindest in der ersten Zeit — mit dem Nachschub keine Schwierigkeiten. Gemeiner kannte noch den Lieferschein über eine Ladung, die am Montag nach Jacobi zur Versorgung der Burg per Schiff nach Stauf gebracht worden war: Getreide, Mehl, Wein, Schmalz, Fleisch, Brot, Käse, Bier, Garn und Hanf (letzterer wurde für die Bogensehnen gebraucht und war von den Schustern der Stadt gratis zur Verfügung gestellt worden!).

Freilich, der ganze Markt war Bränden zum Opfer gefallen und die Kirche aus Verteidigungsgründen abgebrochen worden. (1397 baute dafür die Stadt den Donaustaufern ein neues Gotteshaus.)

Die Zerstörung der Burg

Das letzte große Kapitel der Geschichte der Burg Donaustauf beginnt am Ende des Jahres 1633 mit einem Überfall der bayerischen Burgbesatzung — etwa 80 Mann unter dem Kommando des Obristen Lorenz Nüsse — auf einen Geleitzug, mit dem die Schweden 60 Wagenladungen Salzscheiben von Straubing nach Regensburg transportierten.

Der Überfall der Bayern auf das schwedische Kommando gelang, die Fracht wurde gekapert und auf die Burg gebracht. In Regensburg hielt Bernhard von Weimar Kriegsrat,und man beschloß, die Freveltat unverzüglich zu rächen. Der schwedische Generalmajor Lars Kagge leitete die Belagerung ein. Aber schon heim ersten Sturm auf die Festung (am 17. Januar 1634) erlitten die Schweden große Verluste, und Kagge mußte verwundet vom Platz getragen werden.

Erst als die bayerische Besatzung, der die Munition auszugehen drohte, einen Ausfall versuchte, gelang es dem Feind, durch das mittlere Tor in die Burg einzudringen und eine größere Menge Vieh und Lebensmittel zu erbeuten. Als sie dann dort begannen, die Hauptburg zu unterminieren und auf bayerischer Seite nur noch „20 kranke und gesunde Musquetirer" zur Verfügung standen und die sehnlichst erwartete Hilfe ausblieb, die Schweden dagegen Verstärkung erhielten, handelte sich die Besatzung am 21. Januar einen ehrenvollen Abzug nach Ingolstadt aus und überließ die Burg den Feinden, die bei der Belagerung an die 300 Mann verloren hatten.

Dem Donaustaufer Pfarrvikar Wolfgang Holdermüller war es noch gelungen, dem schwedischen Obristen Lars Kagge im Tausch gegen sein „ansehnliches exerzirtes Reitpferd" die geraubten Donaustaufer Kirchenschätze (vasa spiritualia) abzuhandeln. (Was allerdings mit den Frauenzeller Kirchenschätzen geschah, die 1633 auf die Burg „in Sicherheit" gebracht worden waren, ist nicht bekannt.)

Nachdem die Schweden das Straubinger Salz und die vorgefundenen Getreidevorräte weggeschafft hatten, wurden die meisten Bauwerke der Burg gesprengt und alles in Brand gesteckt. (Dabei ging auch das auf der Burg verwahrte Donaustaufer Pfarrarchiv zugrunde.) Es klingt wie ein schlechter Scherz, daß noch 1630 an der Burg umfangreiche Reparaturen vorgenommen worden waren, deren „Pau‑Rechnung" erhalten blieb.

Nach dem Abzug der Schweden setzte man die Burg wieder notdürftig in Stand — aus dieser Zeit stammt der Plan des Martin Schiffer —, aber eine völlige Wiederherstellung schien nicht mehr möglich. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts verfiel dann die ehemals so wehrhafte Anlage immer mehr.

1710 kam Donaustauf nach langen Verhandlungen (für 36 000 Gulden) wieder an das Hochstift Regensburg, und dieses wiederum — seit 1803 Teil des Fürstentums Regensburg— gelangte 1810 an Bayern; 1812 trat der Staat die Herrschaft Donaustauf als Entschädigung für die Postrechte in Bayern an die Fürsten von Thurn & Taxis ab, die seit 1899 den erblichen Titel eines Herzogs zu Donaustauf und Wörth führen.
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"Die Oberpfalz", 1977

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