Ein Beitrag zur
Vorgeschichte der Stadt Neumarkt
Von Gustav Fuchs
Die Angabe Löwenthals, daß Neumarkt 1105
von den Nürnbergern gegründet worden sein soll, kann mit Recht bezweifelt
werden. Urkunden für die Angaben fehlen und es ist die Frage, ob sie jemals
vorgelegen haben. Als sicher aber kann angenommen werden, daß gute Beziehungen
und Handelsverbindungen zwischen beiden Städten bestanden haben. Über die
Entstehung der Siedlung woraus das heutige Neumarkt geworden ist, lagert im Dunkel. Nur der Ortsname sagt aus, daß einstmals an dieser Stelle des
"neuen" Marktes eine "alte" Ansiedlung bestanden haben muß.
Unweit der Stadt Neumarkt im Norden
liegt ein Bauernhof, der Altenhof. Kann er vielleicht mit der frühzeitlichen
Siedlung in Beziehung gebracht werden?
Daß die Gegend um Neumarkt uraltes
Siedlungsland ist, kann nicht bezweifelt werden. Die bronzezeitlichen Grabfunde
auf dem nahgelegenen Ottenberg, bei Labersricht und bei Holzheim bezeugen die
Richtigkeit der Behauptung. An die Landnahme in der Zeit zwischen 600‑700
erinnern die Ortsnamen Deining, Möning, Pölling und Riebling. Erst aus der Zeit
um das Jahr 1000 sprechen geschriebene Urkunden. Wohl die älteste ist die vom
Jahr 912, wo König Konrad Sondersfeld dem Bischof von Eichstätt schenkt.
Sondersfeld war aus dem Reichsgut, das sich zwischen den Orten Holzheim,
Rittershof, Tyrolsberg, Möning, Rohr, Buchberg, Sengenthal, Weichselstein,
Großahof, Höhenberg, Voggenthal und Ottosau erstreckte und in dessen Mittelpunkt
Berngau und Stauf lagen. Es ist das hohenstaufische Amt Berngau, das der letzte
Hohenstaufer, Konradin den Wittelsbachern übertrug. Daß die folgenden deutschen
Könige diesen Besitz wieder zurückforderten, geschah mit Recht; denn er war
nicht staufischer Besitz, sondern Reichsgut. Die bajuwarischen Orte Deining,
Möning, Pölling und Riebling umrahmen das staufische Reichslehen, das sich
damit als herzoglich‑bajuwarischer Besitz ausweist.
Mit der Eroberung des Landes durch die
Franken, die mit dem Jahr 725 beginnt und mit der Absetzung des Herzogs Tassilo
III. endet, ging das Herzogsgut in den Besitz der fränkischen Könige über und
wurde Reichsgut. Die Frankenkönige errichteten auf ihrem Besitz Königshöfe, die
neben militärischen auch wirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen hatten. Sie
bildeten Verwaltungsmittelpunkte, denen Pfarrkirchen mit dem fränkischen
Nationalheiligen St. Martin angegliedert waren.
Bei dem Vorstoß der Franken aus den
Königshöfen der Rednitzfurche, den Brückenköpfen gegen das bajuwarische
Siedelland, im Jahr 725 war Regensburg das Ziel, entlang der Flüsse Lauterach,
Vils und Naab zu erreichen war. Damals entstanden die Königshöfe Fürth,
Fischbach‑Altenfurth, Altdorf, Lauterhofen, Vilshofen‑Schmidmühlen und
Premberg. Zu dieser Zeit kann auch mit der Gründung von Königshöfen bei dem
Krongut um Deining‑Pölling‑Möning gerechnet werden, es ist die Entstehungszeit
des Könighofes Altenhof mit der Martinspfarrei in Pölling. Für eine einfache
Befestigunsganlage beim Reichshof spricht der Name des kleinen Baches als
Burggraben, der daran vorbeifloß, und noch heute so heißt. Die fränkische Heer‑
und Nachschub‑, die spätere Handelsstraße, durchzog die Schwarzach an der
Bernfurt, die von Altenhof aus gesichert wurde
Straßenbauer wie die Römer waren die
Franken nicht. Sie erkannten aber auch den Wert guter Verbindungen und
errichteten Heerstraßen, die die einzelnen Königshöfe miteinander verbanden; es
waren zielstrebige, fast gerade hinziehende Straßen, die Wasserläufe durchzogen
und steile Berge nicht scheuten. Von Königshof zu Königshof betrug die
Entfernung 20‑25 km. Ungefähr in der Mitte zwischen den Frankehöfen bei Quellen
lag ein Rastplatz, der durch einen Burgstall gesichert war; dort war auch die
Möglichkeit zum Übernachten gegeben.
Die Straße vom Königshof Altenhof zum
Königshof Altdorf lief über Holzheim, über die Heinzburg auf der
"Hochstraße" hinunter nach Hausheim, wo der Ortsname den Rastplatz
verrät: das Heim bei den husen = bei den Häusern, nämlich den
Übernachtungshäusern, dann ging die Straße weiter nach Haslach, Gspannberg,
Rasch, durchquerte die Schwarzach und erreichte den Königshof Altdorf, dessen
Lage noch nicht bestimmt angegeben werden kann; anstelle des Straßenzuges über
Haslach wäre auch ein Verlauf über die Voggenhöfe und Grub denkbar.
Nach dem Königshof Lauterhofen gelangte
man über Ungenricht, nach Pilsach zuden Quellen bei Eispertshofen. Hier war ein
Rastplatz, den die "Schanze", ein Burgstall, schützte. Nun konnte man
entweder über Trautmannshofen, Mittersberg oder auf der "Hohen
Straße" nach Lauterhofen.
Eine Straße nach Osten führte durch die
Bernfurt über St. Helena, durch das Heiligenholz nach Oberbuchfeld, weiter auf
der "Alten Straße" nach Lengenfeld, dessen Ortsname und die
Martinskirche auf fränkische Entstehung hinweisen. Ob der Königshof nun in
Lengenfeld selbst oder in der Nähe lag, muß erst ergründet werden.
Die letzte Straße ging nach Süden durch
das Reichsgut "im Landl" um Berngau; sie deckt sich wahrscheinlich
mit der heutigen Landstraße, von Röckersbühl aus lief sie auf der
"Hochstraße" zu einem Königshof in der Gegend Thannhausen, Forchheim,
Möning; die zugehörige Martinskirche stand in Rohr.
Zu dem Altenhofer Königshof gehörten
eine Reihe von Ausbauhöfen, die infolge der Versumpfungen im Tal nicht in der näheren
Umgebung des Hofes, sondern erst auf der Hochfläche des Jura anzutreffen sind.
Sie sind erkenntlich an der Ortsnamensbildung mit einem Personennamen:
Kadenzhofen (Höfe eines Kadman), Pelchenhofen (Höfe eines Ballo), Lampertshofen
(Höfe einer Lantperga), Lippertshofen (Höfe eines Leutprecht), Frickenhofen
(Höfe eines Friko). Um den Rastplatz bei Eispertshofen (Höfe eines Eisenbert)
liegen: Amelhofen (Höfe eines Arnhelm), Trautmannshofen (Höfe eines Trautmann),
Anzenhofen (Hof eines Anzo), Eschertshofen (Hof eines Ascarich), Pfeffertshofen
(Hof des Pfeffer). Bei Lengenfeld befindet sich Harenzhofen (Höfe des Harung).
Nicht mit Personennamen sind gebildet: Hrtenhof (Hof am hart = Wald), Ischhofen
(Hof bei der Weide, Hof bei der Esche), Arzthofen (Hof bei der Erzgrube). Die
untergegangenen Hofen‑Orte wurden nicht berücksichtigt. Die zur gleiche Zeit
entstandenen heim‑Orte sind sämtlich ohne Personennamen gebildet, sie können
als echte fränkische Siedlungsnamen angesprochen werden: Holzheim = Heim am
Holz, Ober‑Holzheim (das ist die frühere Bezeichnung für St. Helena), das
obere, höher gelegene Heim am oder im Holz; Richtheim: = das Heim in der Richt
= Rodung; Hausheim = Heim bei den Übernachtungshäusern.
Einer näheren Betrachtung darf noch die
zum Königshof Altenhof gehörige Martinspfarrei Pölling. Aus ihrem Umfang ist
das Gebiet des Reichsgutes zu erkennen. Noch heute gehören nach Pölling
Holzheim, Rittershof, Woffenbach, Blomenhof, die Becken‑ und Eichenmühle.
Ausgepfarrt sind Heng mit Postbauer (einst eine Taufkirche von Pölling),
Köstlbach, Kemnath, Buch; weiter die St. Johannispfarrei in Neumarkt mit
Neumarkt, St. Helena, Höhenberg, Lähr, Voggenthal, Labersricht, Fuchsberg,
Karhof, Ottosau, Schafhof, Wolfstein, Altenhof, dazu die Bernfurter‑, Kohlenbrunner‑,
Koppen‑, Schmer‑ und Schönmühle, außerdem der Weichselstein. Neumarkt war
ursprünglich eine Neben, eine Taufkirche, die der Martinskirche in Pölling
unterstellt war. Die neue Siedlung um die Taufkirche hat die Bedeutung sowohl
des Altenhofes wie der Mutterkirche in Pölling überflügelt und sich selbständig
gemacht. Was bei der Stadterhebung 1125 (nach Löwenthal) eingetreten war, wurde
bei der Kirchenweihe durch Bischof Otto von Eichstätt (1182 ‑ 1195) deutlich
ausgesprochen, die Trennung vom Altenhof und von der Pfarrkirche in Pölling.
Das Kind hatte sich über seine Eltern erhoben, Neumarkt trat ins Licht der
Geschichte. Die Stauferzeit überstrahlte die Karolinger‑ und Merowingerzeit.
Freilich stehen die urkundlichen Beweise
für den Altenhof aus. Geschriebene Urkunden werden ganz ausfallen müssen. aber
dafür steht die Möglichkeit jederzeit offen, daß auf Gräber aus der Frankenzeit
gestoßen wird, daß Reihengräber aufgefunden werden, die Aufschluß geben, wie
bei den Königshöfen Altdorf und Lauterhofen.
Quellen:
Buchner: Das Bistum
Eichstätt, Bd II.
Kurz: Die Stadt Neumarkt (Opf).
Wittmann: Fränkische
Altstraßen im "Frankenand" 1950.
Raschke: Ein
altbaierischer Grabfund der Merowingerzeit aus Altdorf bei Nürnberg.
Weigl: Locus Furthi.
Bacherler: Die deutsche
Besiedlung der Diözese Eichstätt auf Grund der Ortsnamen.
Die Kunstdenkmäler Bayerns: Neumarkt.
Die Oberpfalz, 1955
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