Mittwoch, 29. April 2015

Gewerbe und Schankrecht

Ein Beitrag zu Gewerberecht und Schankkonzession vor 500 Jahren

Über Gewerberecht und dessen Schutz durch die Obrigkeit finden wir eine aus dem Jahre 1507 datierte Urkunde beim Bayer. Staats‑Archiv Amberg. Damals war ein Wirt zu Wiesenacker (Landkreis Neumarkt i.d.Opf.) durch einen Dorfgenossen der sich das Schankrecht anmaßte, in seinen Rechten geschmälert worden. Über die Ursachen der Lockerung von Recht und Gesetz, darunter auch das wirtschaftliche Leben gelitten hatte und zur Beleuchtung der Zeitumstände mögen uns die aufschlußreichen Zeilen des Werkes "Geschichte des Reichschultheißenamtes Nürnberg" (1805) des Freiherrn v. Löwenthal (ein Freund und Studiengenosse König Ludwig I. von Bayern) einiges vermitteln:
Schenke
"Der Landshuter Erbfolgekrieg wütete auch um Neumarkt i. Opf. 1504 besetzten die Nürnberger das Schloß Heimburg und belagerten Neumarkt mit 5000 Mann und mit 80 Geschützen. Täglich geschahen auf die Stadt 5‑600 Kanonenschüse, so daß auch den Nürnbergern mehrere Stücke zersprangen. Die Nürnberger, welche zwar die Mauern durchlöchern aber den Mut der Neumarkter nicht zwingen konnten, gaben endlich gute Worte aus und versprachen allen Schaden zu ersetzen. Durch diese Täuschungen wurden die Neumarkter noch mehr erhitzt. Obschon ihnen die Feinde das Wasser abgruben, hatten sie doch Brunnen in der Stadt und Wasser in den Stadtgräben. Währenddem die Stadt vom Schlosse Wolfstein aus beschossen wurde, kam der Vicedom von Eyb von Amberg her und jagte die Nürnberger mit blutigen Köpfen fort. Sie wiederholten aber die Belagerung. Zum Glück war die Stadt mit Lebensmitteln versehen. Die Geistlichkeit und das Frauenvolk besorgte die Löscharbeiten. Die zur Verteidigung in der Stadt liegenden Landsknechte waren jedoch mit den Nürnbergern im Einvernehmen und dachten auf Plünderung der Bürger. Man jagte 400 von ihnen aus der Stadt und nahm dafür 500 Böhmen mit ihrem Hauptmann von Kanitz und die Jäger vom Lande herein. Man wählte drei vom Adel und zwei vom Rat als oberste Hauptleute. Das Schloß wurde von den Soldaten und die Stadtmauer von den Bürgern verteidigt. Die Nürnberger schossen eine Bastei zusammen. Weil sich aber die Bürger hinter dem Spital und den 22 Häusern vor der Stadt nicht mehr halten konnten brannten sie dieselben hinweg um desto freier von der Stadt aus feuern zu können. Nun machten sie einen Ausfall. Die Gegenwehr war schrecklich, nur schreckte sie die Neumarkter nicht Die Belagerer fingen zwar den den Neumarkter Rottmeister Husacker; aber dafür nahmen die Neumarkter eine Standarte weg. Sie kamen zwölf Tage lang nicht aus dem Harnisch und es war ihnen nur ein Sinn: zu siegen oder unter den Ruinen begraben zu sein. Wegen der unordentlichen Lebensart rissen zwar Krankheiten ein; doch dauerte das Schießen von der Stadt aus fort. Man legte viele Nürnberger und darunter zwei Patriziersöhne Tucher und Grundherr "auf die Haut", welche in einem Zelte dem in ihren Augen unterhaltlichen Feuer zuschauten. Die Neumarkter büßten in diesem Kampf nur 8 Mann ein. Endlich hoben die Nürnberger die Belagerung auf. Indes äscherten sie noch die Schlösser Heinsberg, Heimburg, Deinschwang ein. Kurfürst Philipp gab den Bürgern in einem Schreiben seinen Wohlgefallen für ihre Taten und Abhänglichkeit zu erkennen, dankte ihnen dafür, versprach ihnen seine Gnade und trug seinen Söhnen auf, alles zu ersetzen, wie es auch Pfalzgraf Friedrich geäußert hatte."

Daß in solchen wilderregten Zeiten manches aus den Fugen geriet, begreifen wir auch aus unseren Erfahrungen heraus. Einer starken ordnenden Hand und eines festen Willens wird es auch damals bedurft haben. Nun wollen wir im folgenden an Hand der Urkunde ersehen, wie der Wirt der Taferne von Oberwiesenacker Conz Trixler (sofern Nachfahren leben, werden sie sich heute wohl Drechsler schreiben) zu seinem Recht kam. Der damalige Pfleger des Amtes Helfenberg Heinrich Hausner ließ folgendes zu Protokoll setzen:
 "Ich Henricus Hausner*), des durchlauchtigsten Hochgebornen Fürsten und Herrn Philipp Pfalzgrafen bey Rhein, Herzog in Baiern, des Heiligen Römischen Reiches Erztruchseß und Kurfürsten, meines gnedigen Herrn Pfleger zu Helfenberg, bekenne öffentlich mit diesem Briff gen allermenniglich die ihn hören oder lesen, das sich Irrtum gehalten hat, von wegen ehehafter Tafern (Ehehaft: Gesetz; also ordnungsgemäß verliehene Schankerlaubnis zu Wiesenacker), die Kunz Trixler izo besitzt und innehat. Welcher klageweise vorgebracht wie ihm zu schänken allein und sonst niemand gebührt, dabei man nit haben bleiben lassen. Sundern einer genannt Schmid Linhard und auch geschänkt und ihn in seiner Erbgerechtigkeit so er (Trixler) von meinem gnedigen Herrn hat inhalt seiner Brief so ihm in den Kriegsläuften verlustig geworden, zu seinem Nachteil geschmälert und vertan oft worden. Trixler nun sein kurzwendig Fürtragen seiner (ihm) einzig vermeinten Gerechtigkeit er mit ganzer Gemein(de) und Nachbarschaft und sunderlich der Eltesten zu Wiesenacker wahrlich sein's vürbringen möcht. Mich darauf als Pfleger zu Statt meins gnedigen Herrns mit Fleiß ersucht und gebetten in Ansehung meins begnadigten Herrn ausgedachter, daß verlaut des Zinsbuches er allein Zapfenrecht hat, bemelte Nachbarschaft diesfalls der Handlang (also als Zeugen der seinerzeitlichen Verbriefung) zu erhören, damit die Wahrheit hinein erscheinen möge. Wann aber diese Wahrheit und Gerechtigkeit zu finden meniglich und günstig sein soll.
 Demnach auf bemelter Konzen Trixlers Schanknuß ich an Statt und von wegen meines gnedigsten Herrn, die Eltesten zu Wiesenacker die umb solch angeregte alts Herkommen bemelter Tafern bereit ist, besonderlich Conz Jörg Müllner der vor langer Zeit auf bemelter Tafern geseßen, Hansen Kraus, als die eltesten zu Wiesenacker und die ander Nachbarschaft daselbst für mich gefordert, treulich auf ihr Eyd und Pflicht, damit sie meins gnedigsten Herrn pflichtiglich verbunden und mit Gelübt vor Gericht sind, mit Fleiß gehört, die dann einhelliglich gesagt, also wie in Maß hernach folgt: "Wann ein Wirt zu Wiesenacker Bier einkauf, es sei zu Neumarkt, Veldorf, Hohenberg, Kastl, Lauterhofen oder andern Orten, in welch (welcher Art) Kaufs immer ein Maß Bier nach Aufrechnung in sein Gewalt kumbt, soller von einer Maß Bier immer dann einen Haller zu Gewinn nehmen, oder sei's mag er von einer Maß einen Pfennig und nit mehr zu Gewinn nehmen. Wo ein Wirt solche jetzt gemelte ehehaft Gerechtigkeit treulich halten würde, soll kein Andrer über und wieder ihn schänken. Wi ihn aber ein solcher (des übermäßigen Gewinns) überführe und er nit einhalt wie obbegriffen, sondern mehrers zu Gewinn nehmen würd, sodann möcht einem andern zu schänken gestatt und vergunnt werden ohn menniglich's verhindern durch alle Zeit und in alle Wege. Meinen gnedigsten Herrn an seiner Gnaden Obrigkeit, gewohnheit ihm in aller Herrlichkeiten gänzlich unergrifflich, alls getreulich und ohn Fehl.
 Und deß zu Urkund einer Verfertigung und Bestetigung abgenannter Sachen, hab ich benannten Kunz Trixler nach seiner Erforderung der Wahrheit und Gerechtigkeit diesen Brief geben, obsiegelt mit meinem anhengenden Insiegel, deß mir meine Erben und Insigel ohne Schaden." (Allen gesiegelten damaligen Urkunden beigefügte Floskel!)
Dargebracht am Pfinztag** Quasimodogeniti, als man zelt nach unsere lieben Herrns Geburt fünfzehnhundert und auch siven Jahr."
* Heinrich Hausner von Winbuch, bereits 1496 als Pfleger zu Helfenberg und Pfleger zu Ensdorf genannt. (Graf: Helfenberg S. 206). In Ensdorf war sein Bruder Abt.
(**Pfinztag = Donnerstag)
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