Mittwoch, 29. April 2015

Drei Oberpfälzer Erbhuldigungen in Auerbach

1. Die letzte kurpfälzische Erbhuldigung am 21.6.1615

Das 17.Jahrhundert brachte der Oberpfalz außer den kriegerischen Notzeiten auch weitreichende staatspolitische Veränderungen. Über die böhmische Grenze griffen gar bald die Kampfhandlungen des 30–jährigen Krieges auf oberpfälzisches Gebiet über und verwandelten unsere Heimat in einen Hauptkriegsschauplatz. Die kriegerischen Wirren änderten dann aber geradezu überstürzend alle staatlichen religiösen und sozialen Verhältnisse unserer Heimat.

Diese Umbildung kennzeichnet allein schon die Tatsache, daß von 1615 bis 1652 also während 37 Jahren, in Auerbach drei Erbhuldigungen stattfanden. Die Oberpfalz gehörte beim Eintritt ins 17. Jahrhundert dem kurpfälzischen Fürstentum an. Als 1615 der hier regierende Kurfürst Friedrich IV. gestorben war, bestieg sein Sohn, am 16.8.1596 zu Amberg geboren, als Kurfürst Friedrich V. den Thron. Bereits am 21.6.1615 befand sich  der jugendliche Herrscher zur Huldigung in Auerbach. Im Stadtarchiv von Auerbach wird  über den feierlichen Huldigungsakt von 1615 folgender Bericht aufbewahrt: "Der gnädigste Herr Churfürst Friedrich V. kam mit dem großen Hofstaate in sechs Kutschen nacher Aurbach, allwohin die nächstgelegenen Landsassen, wie auch die Untertanen Holenberg, Thurndorf, Hartenstein, dann beide Klöster Michelfeld und Weissenohe samt jeden Ortskirchen- und Schuldiener mußten verschafft werden, um die Erbhuldigung selbst an– und einzunehmen und sind der Herr Churfürst mit allmöglichen Ehrbezeugungen empfangen worden. Im fürstlichen Ornate, mit einem Schwerte umgürtet, mit dem Kurhute bedeckt und auf dem Throne sitzend, nahm er die Huldigung an. Seine Gemahlin, die englische Königstochter Elisabeth, saß an seiner linken Seite. Sein Hofstaat, der Statthalter Fürst Christian zu Anhalt und die übrigen Grafen, Kavalliere und Offizianten standen an den Stufen des Thrones. Vor dem Throne aber standen die versammelten Edelleute, die Beamten, der Magistrat, die Kirchen– und Schuldiener, die Bürger und Bauern und leisteten den Eid der Treue.

Nach geschehenem Akt haben auch zu gedachtem Auerbach Bürgermeister und Rat Ihrer Churfürstlichen Gnaden ein Vaß Rheinwein von vier Eimern, item ein Lägel mit Rheinfall (Veltliner), dann vier Wannen Fisch, Fohren (Forellen) und Hecht, anderen Tags aber nach der Huldigung Ihrer Churfürstlichen Gnaden ein Pokal bey 110 Dukaten und dero Gemahlin eines bey 75 Dukaten werth verehret."Um die Zeit dieser Erbhuldigung begann der deutsche Kaiser Ferdinand II. die böhmischen Protestanten in ihrer Religionsausübung zu bedrängen mit dem Ziele, sie wieder dem katholischen Glauben zuzuführen. Es kam zwischen dem Kaiser und den böhmischen Ständen zu schweren Auseinandersetzungen. Schließlich empörten sich die Böhmen gegen den Kaiser und wählten den jungen Landesherren unserer Oberpfalz, den Kurfürsten Friedrich V., am 28.8.1619 zum Könige von Böhmen. Doch der Kaiser wollte Böhmen wieder gewinnen und sandte seine Feldherren, Herzog Max von Bayern und Graf Tilly, gegen Friedrich V. Am weißen Berge bei Prag wurde das Heer des jungen Böhmenkönigs vernichtend geschlagen. Friedrich V. mußte fliehen.

Friedrich V.Kurfürst Friedrich V.
2. Die herzoglich–bayerische Interimshuldigung am 6.11.1621.

So hatte die Oberpfalz binnen fünf Jahren ihren jungen Landesherren Kurfürst Friedrich V. verloren, dem sie am 21.6.1615 so feierlich und begeistert in Auerbach die Treue geschworen hatte. Durch ein kaiserliches Dekret übernahm Herzog Max von Bayern die Regierung in der Oberpfalz. Um jeden Widerstand der Oberpfälzer zu brechen, sandte er sofort starke militärische Verbände in unsere Heimat. So kamen nach Amberg 1000 Mann, nach Kemnath ein Fähnlein Fußvolk mit 250 Mann und 22 Pferden, nach Eschenbach 270 Soldaten mit 18 Pferden, nach dem Verwaltungsmittelpunkt Auerbach aber eine ganze Kompanie Fußvolk und ein Cornet Reiter nebst einer starken Anzahl von Weibern, Kindern und anderem Troß.

Am 6.11.1621 erschienen sodann auch die Gesandten des Herzog Max in Auerbach, um  die Huldigung durchzuführen. Aber die in Auerbach zu diesem Akt versammelten Untertanen zeigten sich recht widerwillig: "Sie haben", so beginnt der Ratsbericht über die Huldigung aus dem Jahre 1621. "den Kommissären Graf Fugger zu Kirchberg–Weißenhorn und dem Kammerrat Jakob Pöllinger von Thannsüß nur auf starkes Zureden gehuldigt und haben dagegen protestiert, daß diese Interimshuldigung ihre geleistete Erbhuldigung aufhebe. Auch haben sie liberatem religionis et confirmationem privilegorium begehret (Religionsfreiheit und Privilegienbestätigung). Es ist ihnen aber geantwortet worden, daß durch die Acht alle Erbhuldigung aufgehoben sei und daß sie sich wegen der Religion und ihrer Privilegien an den Kaiser wenden sollten. Kaiserliche  Majestät werde ihnen erklären, was Reichskonstitution und Religionsfrieden ausweisen". So konnten sich die Bürger insbesondere auch angesichts der starken Garnison nicht widerspenstig zeigen und leisteten, wenn auch schweren Herzens, nicht nur die Huldigung, sondern brachten auch die üblichen Kannen Wein und die Zuber mit Fischen als Verehrung dar. Von den 18 Adligen, die im Bereich des Landgerichts Auerbach wohnten, erschienen nur drei zur Huldigung, nämlich Feilitsch von Vorbach, Albrecht Knodt von Schlammersdorf und Adam von der Grün zu Menzlas und Höflas. Auch diese drei baten, von der Huldigung enthoben zu werden, bis sämtliche Landsassen beisammen wären. "Man hat ihnen zugeredet, aber sie seint bei Ihrer Entschuldigung baharret und wollen nur thun,was ihresgleichen thun".

Jene Adligen, welche die Huldigung verweigerten oder nicht erschienen waren, wurden auf  den 20. November nach Amberg vorgeladen. Nachdem ihnen dort verkündigt worden war, daß sie im Weigerungsfalle ihre Güter verlieren und das Land verlassen müßten, leisteten die meisten den Huldigungseid.

Der Widerstand der Oberpfälzer kam also bei der Eidesleistung in Auerbach recht deutlich zum Ausdruck, und die Kommissäre des Herzogs Max mußten durchaus den Eindruck mitnehmen, daß die Bewohner des Landgerichtsbezirks Auerbach treu zu ihrem Landesherrn Friedrich V. standen und den Bayernherzog Max einstimmig ablehnten. Die Auerbacher sahen in der Regierung des Bayernherzogs Max nur eine kriegsbedingte Zwischenlösung und werteten die Huldigung als eine überflüssige, ja sogar gefährliche  Interimshandlung. So bangten sie sehr um die Freiheit des religiösen Bekentnisses und erwarteten eine zwangsmäßige Rückführung zum katholischen Glauben. Ferner befürchteten sie den Verlust ihrer Privilegien, Märkte, Münz– und Handelsrechte. Schließlich mußten sie wegen der Huldigung an das bayerische Herrscherhaus strenge Strafen erwarten, wenn der Pfälzer Kurfürst wieder zurückkehrte. Und daran glaubten die hiesigen Bewohner unbedingt.

Im Jahre 1628 sprach dann der Kaiser dem Herzog Max von Bayern die Oberpfalz erb–und eigentümlich zu und übergab ihm auch die Kurfürstenwürde des geflohenen Friedrich V. Was die Oberpfälzer erwartet hatten, trat dann prompt ein: Der neue Bayerische Besitzer der Oberpfalz behandelte sie als Rebellen und mißtraute ihnen überall. Mußten schon 1621 alle Auerbacher Bürger ihre Waffen abliefern, so entwaffnete fünf Jahre später der Kurfürst Max die ganze Stadt Auerbach bis zum letzten Stück. Das Stadtarchiv Auerbach verwahrt noch heute eine Beschreibung der abgelieferten Waffen, die folgende Einzelheiten enthält:

12 große und kleine Stücklein (Kanonen)
3 Doppelhaken mit Feuerschlössern
15 metallene Pistolen, 2 eyserne Pistolen
2 Musketen, 19 Rohre mit krummen Schaft
4 Schlachtschwerter, 23 Rüstungen, 7 Fässer Pulver
34 Sturmhauben, 2 Spanner, 280 Stck. Steinkugeln
1 Orgelstücklein mit 4 Röhren (Mitralleuse)

Die Waffen wurden beschlagnahmt und nach Amberg abgeführt. Das eingelagerte Militär aber wurde in Bürgerquartiere verteilt und solange in den Häusern belassen, bis deren Bewohner den Glauben des neuen Landesherren angenommen hatten. Die Stadt–und Bürgergerechtigkeiten gab man nur zögernd und nach sorgfältiger Prüfung zurück: Auerbach hatte die Huldigung des neuen Herrscherhauses teuer bezahlt!

3. Die erste kurfürstlich-bayerische Erbhuldigung im Auerbacher Stadtschloß im Jahre 1652

Die Regierungszeit des Kurfürsten Max von Bayern war für Auerbach keine glückliche. Zeit seines Lebens mißtraute er den Bewohnern von Auerbach und der gesamten Oberpfalz. Er behandelte sie wie Rebellen, weil sie sich mit ihrem Landesherren Friedrich V. von der Pfalz gegen Kaiser und Reich aufgelehnt hatten. Obwohl die Stadt Auerbach einem Trümmerhaufen glich und durch Kriegskontributionen und Plünderungen völlig verarmt war, wurde von Staatswegen für den Wiederaufbau der Stadt so gut wie nichts getan. Noch 1670 – also 22 Jahre nach Friedensschluß lagen die Hausruinen inmitten der Stadt, und Birken und Ulmen waren auf ihnen zu stattlichen Bäumen herangewachsen. Die Bewohner setzten auf die Mauerreste einen Dachstuhl und richteten sich in den Ruinen häuslich ein. Kurfürst Max ließ es die Auerbacher fühlen, daß sie sich 1621 der Huldigung seiner Person widersetzt und den Treueid nur gezwungenermaßen abgegeben hatten. Er selbst hat die Stadt niemals besucht.

Da starb 1652 der Kurfürst Maximilian I. zu Ingolstadt. In seinen 79 Lebensjahren hatte er 55 Jahre die Krone Bayerns getragen. Bürgermeister und Rat der Stadt Auerbach hatten die Fehler von 1621 klar erkannt. Sie wußten, daß sie bei der Erbhuldigung für den Sohn und  Nachfolger des Verstorbenen vieles wieder gut zu machen hatten (der Stolz der Oberpfälzer war somit gebrochen). Nun war der junge Kurfürst Ferdinand Maria beim Tode des Vaters noch minderjährig. Darum führte dessen Mutter zwei Jahre lang die Regentschaft. Ebenso kam der neue Landesherr zum Regierungsantritt nicht persönlich nach Auerbach. Die Regentin hatte den Statthalter der Oberpfalz, Graf Willibald von Wolfegg und Waldburg, dazu bestimmt, die Huldigung für den minderjährigen Kurfüsten stellvertretend entgegenzunehmen. Zwei hohe Regierungsbeamte, der Hofratspräsident Freiherr von Pinzenau und der Regierungskanzler Johann Ulrich Kympel sollten dabei als kurfürstliche Komissare mitwirken. Der Tag der Huldigung in Auerbach war der 9. September.

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