1. Die letzte kurpfälzische Erbhuldigung am 21.6.1615
Das
17.Jahrhundert brachte der Oberpfalz außer den kriegerischen Notzeiten
auch weitreichende staatspolitische Veränderungen. Über die böhmische
Grenze griffen gar bald die Kampfhandlungen des 30–jährigen Krieges auf
oberpfälzisches Gebiet über und verwandelten unsere Heimat in einen
Hauptkriegsschauplatz. Die kriegerischen Wirren änderten dann aber
geradezu überstürzend alle staatlichen religiösen und sozialen
Verhältnisse unserer Heimat.
Diese Umbildung kennzeichnet allein
schon die Tatsache, daß von 1615 bis 1652 also während 37 Jahren, in
Auerbach drei Erbhuldigungen stattfanden. Die Oberpfalz gehörte beim
Eintritt ins 17. Jahrhundert dem kurpfälzischen Fürstentum an. Als 1615
der hier regierende Kurfürst Friedrich IV. gestorben war, bestieg sein
Sohn, am 16.8.1596 zu Amberg geboren, als Kurfürst Friedrich V. den
Thron. Bereits am 21.6.1615 befand sich der jugendliche Herrscher zur
Huldigung in Auerbach. Im Stadtarchiv von Auerbach wird über den
feierlichen Huldigungsakt von 1615 folgender Bericht aufbewahrt: "Der
gnädigste Herr Churfürst Friedrich V. kam mit dem großen Hofstaate in
sechs Kutschen nacher Aurbach, allwohin die nächstgelegenen Landsassen,
wie auch die Untertanen Holenberg, Thurndorf, Hartenstein, dann beide
Klöster Michelfeld und Weissenohe samt jeden Ortskirchen- und
Schuldiener mußten verschafft werden, um die Erbhuldigung selbst an– und
einzunehmen und sind der Herr Churfürst mit allmöglichen Ehrbezeugungen
empfangen worden. Im fürstlichen Ornate, mit einem Schwerte umgürtet,
mit dem Kurhute bedeckt und auf dem Throne sitzend, nahm er die
Huldigung an. Seine Gemahlin, die englische Königstochter Elisabeth, saß
an seiner linken Seite. Sein Hofstaat, der Statthalter Fürst Christian
zu Anhalt und die übrigen Grafen, Kavalliere und Offizianten standen an
den Stufen des Thrones. Vor dem Throne aber standen die versammelten
Edelleute, die Beamten, der Magistrat, die Kirchen– und Schuldiener, die
Bürger und Bauern und leisteten den Eid der Treue.
Nach
geschehenem Akt haben auch zu gedachtem Auerbach Bürgermeister und Rat
Ihrer Churfürstlichen Gnaden ein Vaß Rheinwein von vier Eimern, item ein
Lägel mit Rheinfall (Veltliner), dann vier Wannen Fisch, Fohren
(Forellen) und Hecht, anderen Tags aber nach der Huldigung Ihrer
Churfürstlichen Gnaden ein Pokal bey 110 Dukaten und dero Gemahlin eines
bey 75 Dukaten werth verehret."Um die Zeit dieser Erbhuldigung begann
der deutsche Kaiser Ferdinand II. die böhmischen Protestanten in ihrer
Religionsausübung zu bedrängen mit dem Ziele, sie wieder dem
katholischen Glauben zuzuführen. Es kam zwischen dem Kaiser und den
böhmischen Ständen zu schweren Auseinandersetzungen. Schließlich
empörten sich die Böhmen gegen den Kaiser und wählten den jungen
Landesherren unserer Oberpfalz, den Kurfürsten Friedrich V., am
28.8.1619 zum Könige von Böhmen. Doch der Kaiser wollte Böhmen wieder
gewinnen und sandte seine Feldherren, Herzog Max von Bayern und Graf
Tilly, gegen Friedrich V. Am weißen Berge bei Prag wurde das Heer des
jungen Böhmenkönigs vernichtend geschlagen. Friedrich V. mußte fliehen.
2. Die herzoglich–bayerische Interimshuldigung am 6.11.1621.
So
hatte die Oberpfalz binnen fünf Jahren ihren jungen Landesherren
Kurfürst Friedrich V. verloren, dem sie am 21.6.1615 so feierlich und
begeistert in Auerbach die Treue geschworen hatte. Durch ein
kaiserliches Dekret übernahm Herzog Max von Bayern die Regierung in der
Oberpfalz. Um jeden Widerstand der Oberpfälzer zu brechen, sandte er
sofort starke militärische Verbände in unsere Heimat. So kamen nach
Amberg 1000 Mann, nach Kemnath ein Fähnlein Fußvolk mit 250 Mann und 22
Pferden, nach Eschenbach 270 Soldaten mit 18 Pferden, nach dem
Verwaltungsmittelpunkt Auerbach aber eine ganze Kompanie Fußvolk und ein
Cornet Reiter nebst einer starken Anzahl von Weibern, Kindern und
anderem Troß.
Am 6.11.1621 erschienen sodann auch die Gesandten
des Herzog Max in Auerbach, um die Huldigung durchzuführen. Aber die in
Auerbach zu diesem Akt versammelten Untertanen zeigten sich recht
widerwillig: "Sie haben", so beginnt der Ratsbericht über die Huldigung
aus dem Jahre 1621. "den Kommissären Graf Fugger zu Kirchberg–Weißenhorn
und dem Kammerrat Jakob Pöllinger von Thannsüß nur auf starkes Zureden
gehuldigt und haben dagegen protestiert, daß diese Interimshuldigung
ihre geleistete Erbhuldigung aufhebe. Auch haben sie liberatem
religionis et confirmationem privilegorium begehret (Religionsfreiheit
und Privilegienbestätigung). Es ist ihnen aber geantwortet worden, daß
durch die Acht alle Erbhuldigung aufgehoben sei und daß sie sich wegen
der Religion und ihrer Privilegien an den Kaiser wenden sollten.
Kaiserliche Majestät werde ihnen erklären, was Reichskonstitution und
Religionsfrieden ausweisen". So konnten sich die Bürger insbesondere
auch angesichts der starken Garnison nicht widerspenstig zeigen und
leisteten, wenn auch schweren Herzens, nicht nur die Huldigung, sondern
brachten auch die üblichen Kannen Wein und die Zuber mit Fischen als
Verehrung dar. Von den 18 Adligen, die im Bereich des Landgerichts
Auerbach wohnten, erschienen nur drei zur Huldigung, nämlich Feilitsch
von Vorbach, Albrecht Knodt von Schlammersdorf und Adam von der Grün zu
Menzlas und Höflas. Auch diese drei baten, von der Huldigung enthoben zu
werden, bis sämtliche Landsassen beisammen wären. "Man hat ihnen
zugeredet, aber sie seint bei Ihrer Entschuldigung baharret und wollen
nur thun,was ihresgleichen thun".
Jene Adligen, welche die
Huldigung verweigerten oder nicht erschienen waren, wurden auf den 20.
November nach Amberg vorgeladen. Nachdem ihnen dort verkündigt worden
war, daß sie im Weigerungsfalle ihre Güter verlieren und das Land
verlassen müßten, leisteten die meisten den Huldigungseid.
Der
Widerstand der Oberpfälzer kam also bei der Eidesleistung in Auerbach
recht deutlich zum Ausdruck, und die Kommissäre des Herzogs Max mußten
durchaus den Eindruck mitnehmen, daß die Bewohner des
Landgerichtsbezirks Auerbach treu zu ihrem Landesherrn Friedrich V.
standen und den Bayernherzog Max einstimmig ablehnten. Die Auerbacher
sahen in der Regierung des Bayernherzogs Max nur eine kriegsbedingte
Zwischenlösung und werteten die Huldigung als eine überflüssige, ja
sogar gefährliche Interimshandlung. So bangten sie sehr um die Freiheit
des religiösen Bekentnisses und erwarteten eine zwangsmäßige
Rückführung zum katholischen Glauben. Ferner befürchteten sie den
Verlust ihrer Privilegien, Märkte, Münz– und Handelsrechte. Schließlich
mußten sie wegen der Huldigung an das bayerische Herrscherhaus strenge
Strafen erwarten, wenn der Pfälzer Kurfürst wieder zurückkehrte. Und
daran glaubten die hiesigen Bewohner unbedingt.
Im Jahre 1628
sprach dann der Kaiser dem Herzog Max von Bayern die Oberpfalz erb–und
eigentümlich zu und übergab ihm auch die Kurfürstenwürde des geflohenen
Friedrich V. Was die Oberpfälzer erwartet hatten, trat dann prompt ein:
Der neue Bayerische Besitzer der Oberpfalz behandelte sie als Rebellen
und mißtraute ihnen überall. Mußten schon 1621 alle Auerbacher Bürger
ihre Waffen abliefern, so entwaffnete fünf Jahre später der Kurfürst Max
die ganze Stadt Auerbach bis zum letzten Stück. Das Stadtarchiv
Auerbach verwahrt noch heute eine Beschreibung der abgelieferten Waffen,
die folgende Einzelheiten enthält:
12 große und kleine Stücklein (Kanonen)
3 Doppelhaken mit Feuerschlössern
15 metallene Pistolen, 2 eyserne Pistolen
2 Musketen, 19 Rohre mit krummen Schaft
4 Schlachtschwerter, 23 Rüstungen, 7 Fässer Pulver
34 Sturmhauben, 2 Spanner, 280 Stck. Steinkugeln
1 Orgelstücklein mit 4 Röhren (Mitralleuse)
Die
Waffen wurden beschlagnahmt und nach Amberg abgeführt. Das eingelagerte
Militär aber wurde in Bürgerquartiere verteilt und solange in den
Häusern belassen, bis deren Bewohner den Glauben des neuen Landesherren
angenommen hatten. Die Stadt–und Bürgergerechtigkeiten gab man nur
zögernd und nach sorgfältiger Prüfung zurück: Auerbach hatte die
Huldigung des neuen Herrscherhauses teuer bezahlt!
3. Die erste kurfürstlich-bayerische Erbhuldigung im Auerbacher Stadtschloß im Jahre 1652
Die
Regierungszeit des Kurfürsten Max von Bayern war für Auerbach keine
glückliche. Zeit seines Lebens mißtraute er den Bewohnern von Auerbach
und der gesamten Oberpfalz. Er behandelte sie wie Rebellen, weil sie
sich mit ihrem Landesherren Friedrich V. von der Pfalz gegen Kaiser und
Reich aufgelehnt hatten. Obwohl die Stadt Auerbach einem Trümmerhaufen
glich und durch Kriegskontributionen und Plünderungen völlig verarmt
war, wurde von Staatswegen für den Wiederaufbau der Stadt so gut wie
nichts getan. Noch 1670 – also 22 Jahre nach Friedensschluß lagen die
Hausruinen inmitten der Stadt, und Birken und Ulmen waren auf ihnen zu
stattlichen Bäumen herangewachsen. Die Bewohner setzten auf die
Mauerreste einen Dachstuhl und richteten sich in den Ruinen häuslich
ein. Kurfürst Max ließ es die Auerbacher fühlen, daß sie sich 1621 der
Huldigung seiner Person widersetzt und den Treueid nur gezwungenermaßen
abgegeben hatten. Er selbst hat die Stadt niemals besucht.
Da
starb 1652 der Kurfürst Maximilian I. zu Ingolstadt. In seinen 79
Lebensjahren hatte er 55 Jahre die Krone Bayerns getragen. Bürgermeister
und Rat der Stadt Auerbach hatten die Fehler von 1621 klar erkannt. Sie
wußten, daß sie bei der Erbhuldigung für den Sohn und Nachfolger des
Verstorbenen vieles wieder gut zu machen hatten (der Stolz der
Oberpfälzer war somit gebrochen). Nun war der junge Kurfürst Ferdinand
Maria beim Tode des Vaters noch minderjährig. Darum führte dessen Mutter
zwei Jahre lang die Regentschaft. Ebenso kam der neue Landesherr zum
Regierungsantritt nicht persönlich nach Auerbach. Die Regentin hatte den
Statthalter der Oberpfalz, Graf Willibald von Wolfegg und Waldburg,
dazu bestimmt, die Huldigung für den minderjährigen Kurfüsten
stellvertretend entgegenzunehmen. Zwei hohe Regierungsbeamte, der
Hofratspräsident Freiherr von Pinzenau und der Regierungskanzler Johann
Ulrich Kympel sollten dabei als kurfürstliche Komissare mitwirken. Der
Tag der Huldigung in Auerbach war der 9. September.
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