Donnerstag, 27. Juli 2017

Der Königshof Altenhof



 Ein Beitrag zur Vorgeschichte der Stadt Neumarkt

 Von Gustav Fuchs


Die Angabe Löwenthals, daß Neumarkt 1105 von den Nürnbergern gegründet worden sein soll, kann mit Recht bezweifelt werden. Urkunden für die Angaben fehlen und es ist die Frage, ob sie jemals vorgelegen haben. Als sicher aber kann angenommen werden, daß gute Beziehungen und Handelsverbindungen zwischen beiden Städten bestanden haben. Über die Entstehung der Siedlung woraus das heutige Neumarkt geworden ist, lagert  im Dunkel. Nur der Ortsname sagt aus, daß einstmals an dieser Stelle des "neuen" Marktes eine "alte" Ansiedlung bestanden haben muß.

Unweit der Stadt Neumarkt im Norden liegt ein Bauernhof, der Altenhof. Kann er vielleicht mit der frühzeitlichen Siedlung in Beziehung gebracht werden?

Daß die Gegend um Neumarkt uraltes Siedlungsland ist, kann nicht bezweifelt werden. Die bronzezeitlichen Grabfunde auf dem nahgelegenen Ottenberg, bei Labersricht und bei Holzheim bezeugen die Richtigkeit der Behauptung. An die Landnahme in der Zeit zwischen 600‑700 erinnern die Ortsnamen Deining, Möning, Pölling und Riebling. Erst aus der Zeit um das Jahr 1000 sprechen geschriebene Urkunden. Wohl die älteste ist die vom Jahr 912, wo König Konrad Sondersfeld dem Bischof von Eichstätt schenkt. Sondersfeld war aus dem Reichsgut, das sich zwischen den Orten Holzheim, Rittershof, Tyrolsberg, Möning, Rohr, Buchberg, Sengenthal, Weichselstein, Großahof, Höhenberg, Voggenthal und Ottosau erstreckte und in dessen Mittelpunkt Berngau und Stauf lagen. Es ist das hohenstaufische Amt Berngau, das der letzte Hohenstaufer, Konradin den Wittelsbachern übertrug. Daß die folgenden deutschen Könige diesen Besitz wieder zurückforderten, geschah mit Recht; denn er war nicht staufischer Besitz, sondern Reichsgut. Die bajuwarischen Orte Deining, Möning, Pölling und Riebling umrahmen das staufische Reichslehen, das sich damit als herzoglich‑bajuwarischer Besitz ausweist.

Mit der Eroberung des Landes durch die Franken, die mit dem Jahr 725 beginnt und mit der Absetzung des Herzogs Tassilo III. endet, ging das Herzogsgut in den Besitz der fränkischen Könige über und wurde Reichsgut. Die Frankenkönige errichteten auf ihrem Besitz Königshöfe, die neben militärischen auch wirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen hatten. Sie bildeten Verwaltungsmittelpunkte, denen Pfarrkirchen mit dem fränkischen Nationalheiligen St. Martin angegliedert waren.

Bei dem Vorstoß der Franken aus den Königshöfen der Rednitzfurche, den Brückenköpfen gegen das bajuwarische Siedelland, im Jahr 725 war Regensburg das Ziel, entlang der Flüsse Lauterach, Vils und Naab zu erreichen war. Damals entstanden die Königshöfe Fürth, Fischbach‑Altenfurth, Altdorf, Lauterhofen, Vilshofen‑Schmidmühlen und Premberg. Zu dieser Zeit kann auch mit der Gründung von Königshöfen bei dem Krongut um Deining‑Pölling‑Möning gerechnet werden, es ist die Entstehungszeit des Könighofes Altenhof mit der Martinspfarrei in Pölling. Für eine einfache Befestigunsganlage beim Reichshof spricht der Name des kleinen Baches als Burggraben, der daran vorbeifloß, und noch heute so heißt. Die fränkische Heer‑ und Nachschub‑, die spätere Handelsstraße, durchzog die Schwarzach an der Bernfurt, die von Altenhof aus gesichert wurde

Straßenbauer wie die Römer waren die Franken nicht. Sie erkannten aber auch den Wert guter Verbindungen und errichteten Heerstraßen, die die einzelnen Königshöfe miteinander verbanden; es waren zielstrebige, fast gerade hinziehende Straßen, die Wasserläufe durchzogen und steile Berge nicht scheuten. Von Königshof zu Königshof betrug die Entfernung 20‑25 km. Ungefähr in der Mitte zwischen den Frankehöfen bei Quellen lag ein Rastplatz, der durch einen Burgstall gesichert war; dort war auch die Möglichkeit zum Übernachten gegeben.

Die Straße vom Königshof Altenhof zum Königshof Altdorf lief über Holzheim, über die Heinzburg auf der "Hochstraße" hinunter nach Hausheim, wo der Ortsname den Rastplatz verrät: das Heim bei den husen = bei den Häusern, nämlich den Übernachtungshäusern, dann ging die Straße weiter nach Haslach, Gspannberg, Rasch, durchquerte die Schwarzach und erreichte den Königshof Altdorf, dessen Lage noch nicht bestimmt angegeben werden kann; anstelle des Straßenzuges über Haslach wäre auch ein Verlauf über die Voggenhöfe und Grub denkbar.

Nach dem Königshof Lauterhofen gelangte man über Ungenricht, nach Pilsach zuden Quellen bei Eispertshofen. Hier war ein Rastplatz, den die "Schanze", ein Burgstall, schützte. Nun konnte man entweder über Trautmannshofen, Mittersberg oder auf der "Hohen Straße" nach Lauterhofen.

Eine Straße nach Osten führte durch die Bernfurt über St. Helena, durch das Heiligenholz nach Oberbuchfeld, weiter auf der "Alten Straße" nach Lengenfeld, dessen Ortsname und die Martinskirche auf fränkische Entstehung hinweisen. Ob der Königshof nun in Lengenfeld selbst oder in der Nähe lag, muß erst ergründet werden.

Die letzte Straße ging nach Süden durch das Reichsgut "im Landl" um Berngau; sie deckt sich wahrscheinlich mit der heutigen Landstraße, von Röckersbühl aus lief sie auf der "Hochstraße" zu einem Königshof in der Gegend Thannhausen, Forchheim, Möning; die zugehörige Martinskirche stand in Rohr.

Zu dem Altenhofer Königshof gehörten eine Reihe von Ausbauhöfen, die infolge der Versumpfungen im Tal nicht in der näheren Umgebung des Hofes, sondern erst auf der Hochfläche des Jura anzutreffen sind. Sie sind erkenntlich an der Ortsnamensbildung mit einem Personennamen: Kadenzhofen (Höfe eines Kadman), Pelchenhofen (Höfe eines Ballo), Lampertshofen (Höfe einer Lantperga), Lippertshofen (Höfe eines Leutprecht), Frickenhofen (Höfe eines Friko). Um den Rastplatz bei Eispertshofen (Höfe eines Eisenbert) liegen: Amelhofen (Höfe eines Arnhelm), Trautmannshofen (Höfe eines Trautmann), Anzenhofen (Hof eines Anzo), Eschertshofen (Hof eines Ascarich), Pfeffertshofen (Hof des Pfeffer). Bei Lengenfeld befindet sich Harenzhofen (Höfe des Harung). Nicht mit Personennamen sind gebildet: Hrtenhof (Hof am hart = Wald), Ischhofen (Hof bei der Weide, Hof bei der Esche), Arzthofen (Hof bei der Erzgrube). Die untergegangenen Hofen‑Orte wurden nicht berücksichtigt. Die zur gleiche Zeit entstandenen heim‑Orte sind sämtlich ohne Personennamen gebildet, sie können als echte fränkische Siedlungsnamen angesprochen werden: Holzheim = Heim am Holz, Ober‑Holzheim (das ist die frühere Bezeichnung für St. Helena), das obere, höher gelegene Heim am oder im Holz; Richtheim: = das Heim in der Richt = Rodung; Hausheim = Heim bei den Übernachtungshäusern.

Einer näheren Betrachtung darf noch die zum Königshof Altenhof gehörige Martinspfarrei Pölling. Aus ihrem Umfang ist das Gebiet des Reichsgutes zu erkennen. Noch heute gehören nach Pölling Holzheim, Rittershof, Woffenbach, Blomenhof, die Becken‑ und Eichenmühle. Ausgepfarrt sind Heng mit Postbauer (einst eine Taufkirche von Pölling), Köstlbach, Kemnath, Buch; weiter die St. Johannispfarrei in Neumarkt mit Neumarkt, St. Helena, Höhenberg, Lähr, Voggenthal, Labersricht, Fuchsberg, Karhof, Ottosau, Schafhof, Wolfstein, Altenhof, dazu die Bernfurter‑, Kohlenbrunner‑, Koppen‑, Schmer‑ und Schönmühle, außerdem der Weichselstein. Neumarkt war ursprünglich eine Neben, eine Taufkirche, die der Martinskirche in Pölling unterstellt war. Die neue Siedlung um die Taufkirche hat die Bedeutung sowohl des Altenhofes wie der Mutterkirche in Pölling überflügelt und sich selbständig gemacht. Was bei der Stadterhebung 1125 (nach Löwenthal) eingetreten war, wurde bei der Kirchenweihe durch Bischof Otto von Eichstätt (1182 ‑ 1195) deutlich ausgesprochen, die Trennung vom Altenhof und von der Pfarrkirche in Pölling. Das Kind hatte sich über seine Eltern erhoben, Neumarkt trat ins Licht der Geschichte. Die Stauferzeit überstrahlte die Karolinger‑ und Merowingerzeit.

Freilich stehen die urkundlichen Beweise für den Altenhof aus. Geschriebene Urkunden werden ganz ausfallen müssen. aber dafür steht die Möglichkeit jederzeit offen, daß auf Gräber aus der Frankenzeit gestoßen wird, daß Reihengräber aufgefunden werden, die Aufschluß geben, wie bei den Königshöfen Altdorf und Lauterhofen.

Quellen:

Buchner: Das Bistum Eichstätt, Bd II.
Kurz: Die Stadt Neumarkt (Opf).
Wittmann: Fränkische Altstraßen im "Frankenand" 1950.
Raschke: Ein altbaierischer Grabfund der Merowingerzeit aus Altdorf bei Nürnberg.
Weigl: Locus Furthi.
Bacherler: Die deutsche Besiedlung der Diözese Eichstätt auf Grund der Ortsnamen.
Die Kunstdenkmäler Bayerns: Neumarkt.

Die Oberpfalz, 1955